Am Beginn eines neuen Schuljahres steht der unvermeidliche, erste Elternabend. In den sog. „weiterführenden Schulen“ spielt der Elternabend eine eher untergeordnete Rolle; die meisten Eltern kennen sich untereinander nicht und es gibt keine nennenswerten Reibungspunkte, lediglich Informationen zum Verbot von Mobiltelefonen auf dem Schulgelände oder dem Bestreben nach einer rauchfreien Bildungsanstalt (mein Motto hierzu: „Hier qualmen die Köpfe, nicht die Kippen“), auch der Lernstoff für das kommende Jahr wird kurz umrissen.
In unserer dörflichen, zu Bayern gehörenden Grundschule allerdings, steht jedes Jahr die immergleiche Tragödie an: Wahl des Klassenelternsprechers. Um die Erlangung dieses ehrenwerten Amtes zum Bindeglied zwischen Elternschaft und Lehrkörper entbrennt jährlich ein heißer Kampf: Wie drücke ich mich am besten? Gestern war es wieder soweit. 19 Frauen und 1 Mann sollten Wahlvorschläge unterbreiten. Das läuft dann so: Karin sagt: „Ach komm Helga, das kannst du doch machen“. Helga sagt: „Nö, ich hab drei Kinder und der Mann arbeitet Schicht. Aber Birgit, das wär doch was für dich?“ Birgit sagt: „Nein, mein Kleiner ist ständig krank, da kann ich das nicht machen. Peter, wie wär es denn mit dir?“ Peter sagt: „Ich bin ja in die Hausaufgaben praktisch gar nicht involviert, macht ja alles die Babsi. Da geht das nicht, ich finde, Sandy könnte das gut“. Die 2. Klassenelternsprecherin vom letzten Jahr, eine äußerst unsympathische Dame aus den neuen Ländern, die nörgelig und mit hängenden Mundwinkeln durchs Leben zieht, erklärte sich, diesen Posten wieder zu übernehmen, den 1. KES mache sie aber nicht … usw. Nach einer halben Stunde hin und her-Gequatsche entlud sich mein aufgestauter Zorn lautstark. Ich erklärte, in diesem Jahr noch mal nach Hause zu wollen und was dieses Affentheater hier denn solle. Damit der Mist hier endlich ein Ende findet und ich konstruktive Informationen seitens des Lehrers zum kommenden Schuljahr erhalte, deswegen sei ich schließlich hier, werde ich, himmelarschundzwirn, den Posten übernehmen. (wir sind hier, wie gesagt, auf dem Land und alle kennen sich. Da darf ich so reden …) Obwohl derart angequatscht, waren alle selig, dass endlich jemandem der Kragen geplatzt ist und erklärten die Wahl sofort für beendet. Nun habe ich also dieses Amt am Hals, das in erster Linie die Anwesenheit und Arbeitsleistung bei schulischen Veranstaltungen bedeutet (Kuchenbacken, Waffeln produzieren, Limo verhökern, Sinnesparcours präparieren und bei Sponsoren um die Finanzierung von Pausenspielen betteln) und bereue mal wieder mein impulsives Vorpreschen.
Dem Klischee bezüglich „Frauen und Auto“ habe ich gestern unfreiwillig Vorschub geleistet. Meine Hausbank liegt nicht an meiner Fahrtroute zu den Katakomben und ich war blank. So gab ich dem MamS, der in der Nähe einer Filiale arbeitet, am Morgen meine EC-Karte plus PIN, damit er für mich ein paar Moneten abhebt. Schon am Vortag und nochmals auf dem Weg in die Katakomben piepste der Tankassi nochmals eindringlich aber ich Kuh hatte nur 2 Euro in der Tasche. Obwohl ich mein Auto nun schon über 6 Jahre fahre, bin ich nicht imstande abzuschätzen, wie viel Benzin da nun noch im Tank ist und ob das auch genügt, um wieder in die Heimat zu kommen. So erklärte ich also der Kollegin Sirenen-Rosi die Sachlage und pumpte sie um 10 Euro an, die mir die liebe Seele auch ohne Geschwätz übergab. Ich also nach Feierabend zur nächsten Tanke, ohne Kassierer oder Tankwart, dafür mit schicken Automaten, die genau soviel Benzin abgeben, wie vorher Scheine eingelegt wurden, nur wollte dieser Apparat Rosis 10er nicht behalten und spuckte ihn, egal wie ich ihn einlegte, immer wieder aus. Natürlich war außer mir mal wieder niemand da, den ich um Tausch hätte bitten können und machte mich auf den Weg zur nächsten Tankstelle. An der nächsten Ampel sah ich im Außenspiegel, dass die Tankklappe noch offen war, hüpfte hinaus und stellte fest, dass ich leider den Innenverschluss an der Zapfsäule liegen gelassen hatte. Der LKW-Fahrer hinter mir grinste und bemerkte, dass das ganz schön gefährlich sei mit offenem Deckel und auf meine lakonische Bemerkung, dass der Tank leer wäre und ich ihn nur lüften wolle, zog er die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. Jetzt musste ich die ganz große Schleife fahren, um wieder an die erste Tanke zu gelangen wo ich den Deckel einsam auf der Säule liegend fand, bevor ich mich wieder auf den Rückweg machte und an der nächstbesten Tankstelle Rosis Zehner gegen knapp 7 l Super tauschte.
Außerdem bin ich seit heute keine Jungfrau mehr, also ich meine im Rasieren. Dank eines wunderbaren genetischen Glücksfalls bei ansonsten ordnungsgemäßer Ausstattung bleiben mir haarige Auswüchse in den Achselhöhlen erspart. Dennoch haben sich an den Beinen im Laufe von gut 40 Lebensjahren einige Härchen in die Länge von etwa 0,5 cm emporgearbeitet, denen ich heute erstmals den Garaus machte. Unter meinen unkundigen Händen zerfiel der Nassrasierer des MamS in seine Einzelteile und unglücklicherweise rutschte die schmale Klinge in den Abfluss wo sie sich verkantete und ich sie nur mit einer Nagelfeile wieder ans Tageslicht brachte. Das Zusammenpfriemeln des Rasierers gestaltete sich schwierig, weil ich mit der Technik nicht vertraut war und bevor ich loslegte, ging locker eine halbe Stunde ins Land. Jetzt aber glänzen meine Schienbeine in der goldenen Septembersonne wie zwei polierte Stahlträger und wenn ich bedenke, dass ich das nur alle 40 Jahre machen muss, ist das doch ein guter Schnitt.
Diesem jungen Mann und seinem Achselfasching
wollte ich mich jedenfalls nicht freiwillig nähern.
In diesem Sinne ein glänzendes Wochenende wünscht
moggadodde