Diejenigen unter den geschätzten Lesern, die mich und mein mehr oder weniger bewegendes Leben seit längerer Zeit verfolgen, erinnern sich vielleicht an eine Begebenheit im letzten Februar. Um den neueren Lesern hektisches Geklicke in meine alte Heimat zu ersparen, hier nochmals mein Eintrag vom 26.02.2006 unter dem Titel „Soabernicht“:
„Meine Lieben! Ich halte es inzwischen für eine Mär, dass nur die Jugend von heute des Anstands verlustig gegangen ist und dem sittlichen Verfall Tür und Tor geöffnet sind. Gestern wurde ich selbst Zeuge eines Vorfalls, der mich eines besseren belehrt. Wers nicht glaubt, soll einfach Freitagabend ins Sportheim, wenn die Alten auf ihrem wöchentlichen Freigang sind und denken, sie können alle weiblichen Wesen so herablassend, chauvinistisch und unmöglich behandeln wie ihre vor goldenen Zeiten angetrauten Eheanhängelsinnen. Ha, nicht mit mir, liebe Leser! Dass man unser mit viel Mühe gekochtes Mahl gestern verschmähte (die Jugend ließ uns für reizendere Gesellschaften sitzen, die Alten bekamen wahrscheinlich vorher von ihren Sklavinnen noch Knöchle mit Kraut kredenzt), da steh ich drüber, is mir egal, gibts halt Chili bis zum Ende der nächsten Dekade. Ich war freiwillig im Service und hatte die Sütterlins eh schon auf dem Kieker, weil sie mit ihrem freitäglichen Wannenbad neben dem Altmännerschweiß wohl auch ihre Freundlichkeit verloren hatten. Der eine Komposti war der Chef am Tisch, hatte wohl Geburtstag gehabt und schmiss eine Bacchusrunde nach der anderen, aber das ist prima weil money makes the world go around as you know. Er hatte mich schon darauf hingeweisen, dass er ja schließlich Stammgast sei (ha, bald schaut er sich die Stämme von unten an) und somit Anspruch darauf habe, sein Glas bis zur Oberkante gefüllt zu kriegen, na gut, da mach ich doch noch mit. Als ich aber einen Pfiff höre, der gekoppelt mit Blickkontakt in meine Richtung wohl signalisieren sollte, dass Nachschub erwünscht ist, reichts. Ich also gleich sooooon Hals geschoben und hingetigert zum Tisch, selbstverständlich ohne Bacchusbottle im Gepäck und erstmal gefragt, ob mich die Herrschaften denn heute schon bellen gehört hätten, weil dann, ja nur dann, würde ich auch auf Pfiff reagieren und sofort darauf umgedreht und Abgang simuliert. Die Herren ruckzuck übelst devot und am Schleimen und freundliches Bitten war ab dann gar kein Thema mehr, na also, geht doch! Damit hier keine Zweifel aufkommen, ich habe im Grunde erstmal Respekt vor jedem, aber wenn mir einer blöd kommt, kann ich auch anders! …“
Dass diese Begebenheit nicht nur mir in bleibender Erinnerung verweilt, durfte ich bei meinem gestrigen Bremser-Einsatz feststellen. Einer der Protagonisten vom Februar stand brav in der Schlange und lächelte mich freundlich an. Als ich sein Glas mit der Plörre befüllte, hob er an und erklärte mir nochmals (nach 8 Monaten!) sein Bedauern über den Verlauf des damaligen Abends und dass das Verhalten der weinseligen Runde selbstverständlich nicht in Ordnung gewesen sei. Ich erwiderte nur, wenn meine Reaktion die Herren derart beeinflusst hätte, dass mir nachfolgendem Bedienpersonal mehr respektvolles Entgegenkommen gezollt würde, hätte ich mein Ziel ja erreicht und entließ ihn ebenfalls freundlich lächelnd. Es muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, dass ich seinen Humpen bis weit über den Eichstrich befüllte …
Einen erfolgreichen Tag wünscht
moggadodde