Von meiner anrüchigen Katakombenkollegin hatte ich ja schon berichtet. Nun hatte ich gestern nicht direkt mit ihr das zweifelhafte Vergnügen, sondern wir standen getrennt durch eine zwei Meter hohe Kistenwand Rücken an Rücken. Schon am späten Vormittag bahnte sich ein höchst unangenehmer Geruch zu mir herüber und jedes Mal, wenn ich mich umdrehen musste, um eine Kiste herunterzunehmen, sah ich auch die Quelle der Geruchsemission, die Frau , die sich wie ein weiblicher Sumoringer bewegt und aussieht wie ein Blauwal beim Wiedereintauchen in die kalte See, wenn sie sich bückt. Früh am Morgen bot mir die Walfrau selbst gemachte, gebrannte Mandeln an, die ich mir für später aufhob, sie dann aber nicht mehr hinunterbrachte. Ich flüchtete zur lieben Kollegin M., und klagte, dass ich mir da hinten gleich mein Frühstück wieder ansehen könnte. M. wusste sogleich, wovon ich sprach: „Gell, die S. stinkt heute wieder?“ fragte sie und ich nickte wortlos. Mit niemandem hatte ich bisher über die stinkende S. gesprochen und nun berichtete M., eine liebe Frau in den 50ern, dass es in der Vergangenheit bereits einige Beschwerden über S. gegeben habe, eben wegen des pestilenzgleichen Körpergeruchs. Sie erzählte, dass schon einmal eine Kollegin zur Personalindianerin gegangen und ihr die Misere berichtet habe. Kurzzeitig habe sich das Problem gebessert, dauerhaft aber leider nicht. Trotz des Umstandes, dass sie oft stinkt wie ein zu lange gelagerter, bald selbständig werdender Harzer Roller, finde ich, dass das Problem zunächst direkt angesprochen werden sollte. Nun ist es also wirklich an mir, das Gespräch zu suchen, ich will niemanden vorschieben, der das für mich erledigt. Ich MUSS die richtigen Worte finden, um ihr zu sagen, dass sie einen Körpergeruch an den Tag legt, der mich von der Arbeit ablenkt, vollkommen ekelhaft ist und mich überdies beinahe zum Kotzen bringt. Im Inneren ihrer vernachlässigten Hülle ist die Walfrau aber ein armer Mensch, was die Angelegenheit ziemlich erschwert. Zu allem Überfluss war sie gestern redselig, und berichtete, dass ihre Mutter, um sie zu überlisten, den zu ihrer Zeit wahrscheinlich obligaten Lebertran aufs Brot träufelte und darauf Marmelade schmierte, in der Absicht, das widerspenstige Kind zu überlisten. Ich meine, das sind Kindheitstraumata, die sich vielleicht auch in den Körperzellen manifestiert haben und jetzt komme ich und sage: „Du stinkst!“?
Ansonsten war in den Katakomben das Gesprächsthema: „Weihnachten und wie ich das Haus schmücke, um möglichst alle Nachbarn neidisch zu machen“. Da bekannte ich doch ganz ehrlich und unumwunden: „Weihnachten ist mir heuer irgendwie total schnuppe. Draußen ist es warm wie im Frühling und zum Geschenkekaufen habe ich in diesem Jahr noch weniger Lust als sonst!“, was die Superdupermegahausfrauen ja gar nicht verstehen konnten …
Euch einen duften Tag wünscht
moggadodde