Mein meist unerschütterlicher Langmut wurde heute früh schon wieder auf eine harte Probe gestellt:
Der MamS ist in gesundem Zustand ja eigentlich ein recht umgänglicher Zeitgenosse. Bei kleinster Einschränkung seines körperlichen Wohlbefindens jedoch nimmt sein Wesen hypochondrische Züge an und Dixie würde es wohl so formulieren, „Da kann ich ja gar nicht drauf“. Seit einigen Tagen plagt ihn ein Schnupfen. Jawohl, eine schnöde, popelige, zugegebenermaßen lästige Rhinitis, die er sinnvollerweise mit gängiger Medikation zu lindern sucht. Abschwellendes Spray und viel Schlaf. Der trockene Husten, der sich inzwischen hinzugesellte, wird von Ambrohexal nur leidlich bekämpft.
Heute früh nun schleppt sich der Ärmste aus den Federn, ächzend und um mein Mitleid heischend, frei nach dem Motto: „Jetzt werd’ endlich wach und bedaure mich!“
„Ich hab’ mir überlegt, ob ich nachher zu Dr. M. gehe“, sagt er. Ich sage „Hm“ und drehe mich um. Geräuschvoll zieht er den Inhalt seiner Nase nach oben und sucht seine Socken. „Mir geht’s gar nicht gut, aber ich will nicht schon wieder daheim bleiben“ stellt er fest und wartet auf meinen Widerspruch und ich bestätige im Dämmerschlaf halbherzig, dass das in den letzten 9 Wochen schon der dritte Montag wäre. Weil ich aber nicht an seinem verfrühten Ableben schuld sein möchte, schiebe ich noch ein: „Wenn’s so schlimm ist, musst du wohl zum Arzt“ hinterher. „Ich glaube, das wird eine Lungenentzündung“ unkt der MamS und jetzt werde ich zwar wacher aber nicht freundlicher: „Himmel, das ist ein Schnupfen mit Beteiligung der oberen Luftwege und wenn es dumm kommt vielleicht noch ein leichter Katarrh. Du hast schon ewig keinen Infekt mehr gehabt und ganz sicher keine Lungenentzündung!“.
Ich konnte den MamS zwar von seiner Arbeitsfähigkeit überzeugen und schließlich machte er sich auf den Weg, aber das nächste Problem lag nur ein Zimmer weiter und ist, wie ich aus Erfahrung weiß, in gewissen Gemütszuständen vernünftigen Argumenten nicht zugänglich.
„Steh’ auf! Es ist viertel 8!“ rufe ich Hank zu, der sich in luftigen Höhen noch in seine Decke eingekuschelt hat. „Noch 5 Minuten“, gibt er zurück. Das liegt noch im zeitlichen Limit und nach 5 Minuten wiederhole ich meinen Weckruf. „Ich hab’ Kopfweh“ jammert Hank und ich rieche den Braten und weiß, dass das jetzt wieder ein Stück Arbeit wird, diesen sturen Bock aus luftiger Höhe zu bekommen. Ich steige zu ihm hinauf, erkundige mich, ob denn in der Schule heute irgendwelche Besonderheiten anstünden und er verneint und lamentiert: „Ich will aber nicht“. Wenn ich einen Kamm hätte, würde der so allmählich ziemlich groß sein und als nächste Maßnahme ziehe ich ihm die Decke weg. Er nimmt Embryonalhaltung ein und stellt trotzig fest: „Immer zwingst du mich zu irgendwas. Du kannst mich nicht zwingen, in die Schule zu gehen.“ „Und ob ich dich zwingen kann, Freundchen“ sage ich lächelnd und ruhig. „Du wirst nicht glauben, dass ich dich entschuldige und wenn du bis 9.00 Uhr nicht in der Schule aufgetaucht bist, kommt das Rollkommando der Polizei und holt dich hier ab“ phantasiere ich. „Mir doch wurscht!“ kommt’s von oben und ich zeige aus dem Fenster, wo die anderen Kinder lustig hüpfend und laut vergnügt auf dem Schulweg sind. „Mir doch wurscht!“ ertönt es erneut von oben und jetzt brauche ich erstmal einen Espresso und ein wenig Bedenkzeit. Ich kenne das ja schon und weiß, wenn er heute Mittag aus der Schule kommt, will er nichts mehr davon hören, dass er sich am Morgen benommen hat wie ein kleiner, ausgetrockneter Schrumpfkopf eine zickige Diva.
Ich eröffne ihm, dass das jetzt die letzte Gelegenheit wäre, sich aufs Pferd zu bewegen, sonst käme er zu spät und das sei ihm ja wieder peinlich. „Mir doch wurscht!“ scheint das einzige zu sein, was er gerade im Angebot hat. Als ich in der Küche prophylaktisch den zweiten Espresso nehme, höre ich ihn aus seinem Bett klettern. Für die Körperhygiene ist leider keine Zeit mehr, deshalb halte ich ihm noch freundlich die Jacke, helfe ihm mit der Büchertasche, rufe ein liebreizendes „Tschüss“ hinterher und placiere mich unauffällig am Fenster, wo ich allerdings vergeblich auf sein Vorbeigehen warte und vermute, dass er durch den Hinterausgang aus dem Haus verschwunden ist, um auch ganz bestimmt meinen Blicken zu entgehen.
Um sicherzugehen, dass er auch am Bestimmungsort gelandet ist, rufe ich kurz vor 8 in der Schule an, wo mir bestätigt wird, dass Hank bei bester Gesundheit auf dem Pausenhof herumturnt.
Das
Nosomanie
bezeichnet übrigens die wahnhafte Einbildung, an einer Krankheit zu leiden.
Abschließend stelle ich fest, dass ich eine gute Motivateuse abgäbe, ein Berufsbild, das es allerdings so noch gar nicht gibt, eine Mixtur aus Motivatorin und Dompteuse. Ich sollte mich bei der IHK mal nach Zuschüssen erkundigen. Existenzneugründungen werden dort bestimmt gefördert, wenn es sich um einen so total neuen Geschäftszweig handelt. Auf euren berechtigten Einwand, dass das ja schon ein alter Zopf ist und dieses Feld schon lange von der „Supernanny“ beackert wird, gebe ich euch nur auf den ersten Blick recht, denn meine Methode funktioniert bei sämtlichen Familienmitgliedern. Und weil ich mich, wie jeder erfindungsreiche Initiator einer guten Idee von der breiten Masse abgrenzen muss, hole ich schon mal die Zorro-Peitsche vom Fasching aus dem Keller …
Euch einen motivierten Tag wünscht
KiGaMomo
(Kinder- und Gattenmotivateuse moggadodde)
wenn wir männer was haben… ist echt schlimm. dann sind wir die reinsten mimosen! muss ich leider eingestehen…
Ich bewundere deinen Listenreichtum und würde dir zur eigenständigen Praxis raten. Wer MamS, Dixie, Hank so gut im Griff hat, der sollte aus seinen Fähigkeiten unbedingt Kapital schlagen. Ich sag ja immer, wir Frauen werden einfach unterschätzt!
@ markus: Es beruhigt mich, dass du als Mann das ähnlich siehst!Ich habe schon gedacht, ich bin ein böses, böses Weibchen, das immerfort auf seinen Angehörigen herumhackt. Scheint also wirklich was dran zu sein …
@ morgiane: Möglicherweise funktionieren diese Kunstkniffe nur bei Familienmitgliedern und ich kenne viele Tricks, meine Meschpoche gangbar zu machen. In fremden Gefilden bräuchte nur ich etwas Einarbeitungszeit … Und ich bräuchte einen Motivator, der mich zum Schränkeausräumen bringt. In meinen Schränken sieht es schlimm aus, DAS ist MEIN Schwachpunkt …
UPDATE: Hank, zu den Ereignissen des Morgens befragt, antwortet erleichtert ob meiner guten Laune, dass ihm eine „riesige Laus über die Leber gelaufen“ sei. Der MamS isst bereits Lachsbrötchen auf der Geburtstagsfeier eines Kollegen und die Lungenentzündung ist offenbar auskuriert …
geht das jeden Montag so bei euch ab? 😉
Ich bin ja gespannt, ob der MamS nach der Geburtstagsfeier wieder einen Rückfall bekommt.
Ich bewundere Deine Talente, aber sag mal, die Damen mit den Zorro-Peitschen nennt man doch irgendwie anders, oder?
@ barbara: Tatsächlich ist der Montag immer ein wenig der Knackpunkt in der Wochenhistorie … und: kein Rückfall zu verzeichnen. Also: bei drohender Lungenentzündung ist die reichliche Einnahme von gesponsorten Lachsbrötchen anzuraten 🙂
@ babs: Tztztz … Mit „Domina“ wird in fränkischen Gefilden eine neue Rebsorte bezeichnet, eine Kreuzung zwischen Portugieser und Spätburgunder. „Im Geschmack dicht und körperreich mit einer in jungen Jahren bisweilen frischen Säure“ sagt das Weinbrevier. Irgendwie ist dieser Begriff hierzulande also zu positiv besetzt … 🙂
Es lag mir fern, diesen Begriff negativ besetzen zu wollen 😉
Oder meinst Du, KiGaMomo wäre das härtere Wort? Dann natürlich…
Du solltest inserieren. Wer sich dann allerdings meldet und wozu… Lukrativ sollte es allerdings werden 😉
Ich finde ja, liebe babs, Kigamomo hört sich an wie eine jahrtausendealte Kampfsportart aus dem Reich der Mitte. Elegant, geschmeidig und liebreizend, gleichzeitig aber knallhart und bei Bedarf auch gern erbarmungslos. „Die Lösung aller Probleme, bevor Sie überhaupt wussten, dass es sie jemals gab!“ Na, ist das ein Slogan?
Heutzutage nennt sich ja jede halbwegs begabte Erzieherin „Domina“ – ziemlich abgegriffen, also das Wort. Ich sollte mir das „Kigamomo“ schützen lassen … Urheberrecht, eingetragenes Warenzeichen etc. 🙂
Klingt großartig.
Hach, ich sehe ein gutes Dutzend liebreizender Damen im bunten Seidenkimono unter Deiner Anleitung die Peitsche schwingen… Kigamomo-Schulungszentrum… Kigamomo-Wochenendseminar… nur mit Kigamomo-Originalausrüstung…
Wahnsinn…
Wir müssen uns auch rechtzeitig über das Merchandising Gedanken machen. „Barbie“ ist out. Die Welt schreit nach „Kigamomo-san“ mit beweglichen Armen und Beinen, Beate Uhse widmet der neuen Kigamomo-Technik zwei Sonderseiten und wir kommen auf den Titel von „Das Kapital“, weil unsere Firma 2018 an die Börse geht. Sex sells doch immer …
Ich denke an ein Franchise-Verfahren, mit dem die Republik flächendeckend mit Kigamomo-Camps versorgt wird …
Ein Kigamomo-Einführungskurs auf Video, eine Zeichentrickserie für Kinder und Verhandlungen über einen Spielfilm mit der Kill-Bill-Crew…
Der Kigamomo-Kampfschrei als Klingelton…
Klingelton ist eine sehr geniale Idee. Lukrativ und werbewirksam. Den Kampfschrei kann ich gut. Bin in dauerndem Training 🙂
Zum Thema Polizei und fantasieren:
http://www.taz.de/pt/2007/03/27/a0235.archiv/exportHtml
In Berlin geht das 🙂 (der Link geht wohl nur heute, ab morgen benötigt man ein Passwort … hmmm!)
Oh, ich sollte Hank das mal lesen lassen … vielleicht werde ich es aber auch ausdrucken und über sein Bett hängen!
Oh Langmut der Mütter lass nie nach.
Und zu Deinen Filmplänen. Ich würde eher die „Die Hard“-Crew als Quentin Tarrantino bevorzugen. Der Tarrantino ist immer so düster.
Bei den anderen herrsch mehr action von.
Oh man, unsereiner kann sich diese allmorgentlichen Kämpfe mit der unwilligen Brut gar nicht vorstellen. Das klingt ja wie der reinste Horror. Was reitet den Neuzeitmenschen nur, immer wieder dieses Vermehrungsritual mit dem ausdrücklichen Wunsch auf Nachwuchs in „echt“ durchzuspielen? Manche bezahlen sogar noch viel Geld dafür, dass die erfolglose Ãœbung doch noch mit einer leibhaftigen Niederkunft belohnt wird… unglaublich!
… und zur männl. Leidensfähigkeit fällt mir nur ein, dass wir es viel schwerer haben als ihr. Ehrlich! Wurde nicht schon mal gemessen, dass wir mehr abkönnen als die Mädels? Es gibt (gab) – glaube ich jedenfalls – irgend so einen Achillessehnenkneiftest der Schmerz messbar machen soll(te). Oder war das Ergebnis damals umgekehrt?
@ uwe: Mit „Hardcrew“ meinst du sicher Herrn Willis und Kollegen, oder? Das wäre auch eine Möglichkeit … Du findest Tarantino düster? Ich finde ihn genial, auch wenn ich leider nicht aussehe wie Uma Thurman, in „Kill Bill“. Auch wenn hier ebenfalls die Ähnlichkeit fehlt, wenn einer den MamS spielen dürfte, dann wäre das George Clooney. Dem würde ich
sehr, sehr gerne zeigen, wo der Frosch die Locken hat der Hammer hängtsogar Tee ans Bett bringen …@ bt: Jeden Morgen ist dieses Drama ja gottlob nicht. Nur anfallsweise, aber das trainiert wiederum meine Reflexe …
Es ist wohl tatsächlich nachgewiesen, dass die reine Schmerzempfindung beim Mann eher auftritt und sie einen Schmerz sogar länger aushalten können (Testosteron hemmt das Schmerzempfinden, Östrogen fördert es). Allerdings neigen sie, wenn sie den Schmerz dann mal fühlen, ebenfalls nachgewiesenermaßen dazu, anders als Frauen das tun, ihre Umwelt an ihrem Leid teilhaben zu lassen. Studien hierzu haben sogar gezeigt, dass durch die Anteilnahme des Partners das Schmerzempfinden verstärkt wird. Angehörigen von Schmerzpatienten wird deshalb sogar angeraten, sich weniger um deren Schmerzen zu kümmern. Rein inuitiv mache ich alles richtig … 🙂
@ bt: ich bin mir sicher, dass wir die schmerzen einer geburt nicht so ohne weiteres ertragen können. dafür bewundere ich die frauen. und nicht nur deswegen.
@ mogga: ich bleib dabei, wenn wir männer solche erkrankungen wie grippale infekte, halsweh mit leicht erhöhter temperatur, kopfschmerzen, zahn- oder ohrenschmerzen haben, sind wir wie kleine kinder: hilflos jammernd und nach trost suchend!
auf der anderen seite können wir fleischwunden selbst nähen, gebrochene gliedmaßen schienen. unsere eigenen natürlich auch. naja, nicht alle männer, aber so einige. wir haben sicher den drang zum theatralisch sterbenden weichei!
@ markus: „… den Drang zum theatralisch sterbenden Weichei“ … diesen Satz aus dem Mund eines Mannes! Ich werde mich an ihn erinnern, wenn der MamS mit hohem Fieber (beginnend ab 37,2 °C Körpertemperatur) darniederliegt …
naja… vielleicht war das ja eben auch die frau in mir *lach mich schlapp*. nee, ist halt so!
37,2° celsius. das passt. oh jeminee, hohes fieber! sag ich doch, wir sind warmduscher, weicheier etc… (und doch so hart!)