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Eingelullt von Bass und Bariton der uns umgebenden Männer auf der luftigen Empore war ich gestern Nacht schon etwas schläfrig, aber nachdem Schatzi ein echtes, ungetauftes Heidenkind ist und das Innere einer Kirche nicht zu seinen präferierten Aufenthaltsorten zählt, hatte er eine Vielzahl an Fragen. Ich tat mein Bestes, aber wegen meiner eingeschränkten Kenntnis hinsichtlich der katholischen Liturgie blieb der Großteil offen. Die Stimmung in der Osternacht in einer kleinen Dorfkirche, die anfangs nur vom Licht einiger brennender Holzscheite in einer Schale illuminiert wird, das Knistern des Feuers, die raschelnden Gewänder – etwas geheimnisvoll, konspirativ, wie ein verborgenes Treffen einer verbotenen Gruppierung, nach und nach wird es heller durch die langsam zahlreicher werdenden Kerzen und dann plötzlich setzt die Orgel mit einer ohrenbetäubenden Kraft ein … das hat schon etwas Besonderes und für das bisschen Kirchensteuer bekommt man in der Osternacht so richtig was geboten, finde ich.

Traditionell wird einer der Ostertage bei Su. verbracht und wir fraßen schmausten und soffen genossen die Köstlichkeiten der fränkischen Kellermeister. An diesem wunderbaren Tag

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suchten wir jeden warmen Strahl und als die Sonne hinter dem Haus verschwunden war, nahmen Su. und ich unsere bauchigen Gläser und zogen um auf die warmen Mäuerchen, die die benachbarte, höher gelegene Kirche umgeben und führten wie immer höchst anregende Gespräche, während die Männer vor dem Fernseher saßen und die Jugend wahlweise knutschte oder zockte. Wir gaben sicher ein sehr idyllisches Bild ab: Zwei trinkende, ausgelassene und etwas rothaarige Frauen auf den Kirchenmauern – früher wurde man für so etwas mit ein bisschen bösem Leumund und etwas Pech schon verbrannt.

Aus Zeitgründen wurde in den hiesigen Hallen noch nicht einmal die Eiersuche vollzogen. Deshalb findet morgen Vormittag leicht verspätet die Fahndung nach mit feinen Eiern gefüllten Nestern statt, obwohl beide Kinder noch nicht ein einziges Mal die Abwicklung der österlichen Eiersuche angemahnt haben. Auch wenn sich mir der tiefere Sinn nicht ganz erschließt, habe ich für Dixie einen batteriebetriebenen Epilierer mit Vibrationsmechanismus

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besorgt und wenn sie hinkünftig statt einer gleich zwei Stunden im Bad verbringt, könnte ich dafür eine Kaufempfehlung aussprechen. Frau darf gespannt sein …

Das

Fremdwort des Tages,
Oologie

finde ich wegen der beiden Vokale am Beginn des Wortes höchst faszinierend und es bezeichnet übrigens einen Zweig der Ornithologie, nämlich die „Eierkunde“.

Ich hoffe aufrichtig, dass auch ihr ein schönes Osterfest hattet und alle versteckten Eier ermitteln konntet – die vergessenen Exemplare werdet ihr spätestens nach drei Monaten ganz leicht aufspüren können – immer der Nase nach heißt dann die Devise!

Euch eine besinnliche Nacht wünscht
moggadodde

Das Geschwätz von gestern

Leichtsinnigerweise und in einem unbedachten Moment habe ich Dixie versprochen, sie zu begleiten, wenn sie jetzt in der Osternacht als Ministrantin fungiert. Nichts täte ich jetzt lieber, als mein Wort zu brechen und mich in die Waagerechte zu begeben, denn ich bin so verdammt müde …
Das ist vielleicht ein Kreuz mit dieser vermaledeiten Vorbildfunktion … deshalb trinke ich jetzt noch einen Espresso und suche mir ein lauschiges Plätzchen auf der Empore, wo, mit ein wenig Glück, niemand mitbekommt, wenn ich in der Finsternis des unbeleuchteten Gotteshauses der Liturgie nur in der Lethargie folgen kann.

Euch eine lange Nacht wünscht
moggadodde

Fulltime Family-Friday

In die heiße Phase seiner Karriere als Katholik ist Hank heute eingetreten. Auf den Kreuzweg sollten wir ihn heute begleiten, wo die 6. von den 14 Stationen unter seiner Ägide stand. Dort wird beschrieben, wie Veronika mit einem Tuch dem auf der Via Dolorosa befindlichen Jesus Blut und Schweiß von der Stirn wischt und ich fand den Umstand, dass gerade Hank diese 6. Station übertragen bekam ein wenig paradox, weil unser Sohn in Hygienefragen etwas, hm, sagen wir verschroben schrullig bescheuert exzentrisch ist. Er isst z.B. keinen Joghurt, der auch nur einen Tag über dem MHD liegt, wenn er von meinem Eisbecher versuchen will, so benutzt er einen eigenen Löffel und nimmt nur von einer Stelle, die ich mit meinem offenbar kontaminierten Eislöffel noch nicht berührt habe. Er trinkt niemals aus einer Flasche, wenn sie schon geöffnet ist, weil er befürchtet, ein anderer könnte schon seine Lippen daran benetzt haben (von einem Glas, aus dem wir schon getrunken haben könnten ganz zu schweigen) und er benutzt beim Frühstück gerne separate Messer jeweils für Butter, Nutella und Leberwurst, weil eine Serviette zum Beseitigen von Resten nicht ausreicht. Selbst trockene Küsse der Familienmitglieder auf Körper oder Gesicht werden schon immer mit einem unauffälligen Wischer mit dem Handrücken von der Hautoberfläche getilgt und wenn ich Hank richtig fies piesacken will, kralle ich ihn mir und überziehe ihn mit einem Trommelfeuer an nassfeuchten Knutschern. Deshalb halte ich es für nahezu ausgeschlossen, dass Hank jemals irgendjemandem irgendwelche Körperflüssigkeiten, geschweige denn Schweiß oder Blut vom Gesicht tupfen würde, selbst wenn es sich dabei um einen blutüberströmten Luke Skywalker, seinem derzeitigen Hauptidol persönlich handeln würde.

Wohlweislich spielten wir unsere Minigolfpartie mit dem Ostergast Schatzi heute schon gegen Mittag und waren tatsächlich bis auf einige, vermeintliche Profis alleine mit allen 18 Löchern und ich bleibe dabei: Im Verein organisierte Minigolfspieler sind komische Käuze. Meist flitzen sie solo im Zick-Zack mit einem Holzköfferchen, das um die 50, für alle Beläge und Schikanen geeignete Bälle beherbergt, über den Platz und an jeder Bahn wiederholt sich das gleiche Schauspiel: Köfferchen abstellen, mit einer einzigen Handbewegung öffnen, in Sekundenschnelle den geeigneten Ball wählen, abschlagen, zack, einlochen, zack, Ball in die Schaumgummibehausung drücken und ab zum nächsten Loch, wobei die richtige Körperhaltung eine große Rolle zu spielen scheint. Vereinsspieler stehen beim Abschlag stets in einer Art Abfahrtshocke und ihre Haltung erinnert mich an mich selbst vor 30 Jahren, auf einer Raststättentoilette in Italien, als ich mir verzweifelt einzureden versuchte, dass es sich bei dem im Boden eingelassenen Loch wirklich um eine Toilette handelt. Sie tragen meist großflächig bedruckte Nike- oder Crane- Trainingsoutfits, blicken auch nach einem fantastisch eingelochten Ass nicht auf und genießen die Bewunderung des umstehenden Publikums, sondern hetzen sofort weiter zur nächsten Herausforderung, was entweder daran liegt, dass sie sich mit unwürdigem Geschmeiß wie Hobbyminigolfern nicht abgeben wollen oder aber daran, dass sie sich selbst etwas genieren, weil sie eine lapidar-kindische Freizeitbeschäftigung wie „Minigolf“ ernsthaft als Sportart deklarieren.

Im Rokokogarten Veitshöchheim beschlossen wir den Nachmittag, spazierten mit dem ersten Waffeleis durch die angenehm warme Sonne, flanierten auf staubigen Pfaden, auf denen schon so mancher Fürstbischof mit seinen Gespielinnen lustwandelte und hinterlistige Intrigen ersonn und hatten eine überaus heitere Zeit.

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Während der MamS am Mittag als erneuter Sieger aus der Minigolf-Partie hervorging, zeigte Schatzi bei der vorabendlichen Joggingrunde, dass die Jugend auf dem Gebiet des Ausdauersports eindeutig die Nase vorn hat.
Nun sind Dixie und Schatzi im Kino, Hank schläft bei seinem Kumpel und der MamS ist erschöpft in Morpheus‘ Armen gelandet. So werde ich mir jetzt mal wieder ungestört George Clooney in „From dusk till dawn“ zu Gemüte führen können.

Euch eine vampirfreie Nacht wünscht
moggadodde

Bon appetit!

Mein Mittagessen sah heute aus Bequemlichkeitsgründen Zeitgründen so

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aus.
Sehr gerne esse ich Schokolade mit Chili, dunkel muss sie aber sein mit sehr hohem Kakaoanteil (verbessert den Blutfluss, max. aber 75 %, danach wirds verflixt bitter). Eine Spezialität sind ja auch Erdbeeren mit schwarzem Pfeffer, was also liegt näher, als eine mögliche lukullische Liason mit Curry zu versuchen?
Probiert es aus! Ich fand den Geschmack, hm, sagen wir, ungewöhnlich fremdartig unrund gewöhnungsbedürftig. Aber eine interessante Farbkombination ergibt es allemal …

Euch einen würzigen Tag wünscht
moggadodde

Die pure Leidenschaft

Heute mal was ganz anderes: Wenn ihr euch, wie ich, ein bisschen für Fußball interessiert, dann erinnert ihr euch noch an die WM in Italien 1990. Damals war die Lichtgestalt noch Teamchef, Klinsi und Loddar haben noch selbst gespielt und auch Herr Maradona beeindruckte mehr mit sportlicher Leistung als mit detaillierten Berichten zu seinem Drogenkonsum. Die Fußballwelt war in Ordnung, natürlich auch, weil Deutschland Weltmeister wurde.
Es begab sich zu dieser Zeit, dass die bis dato einzeln kämpfenden Tenöre Pavarotti, Carreras und Domingo zu einem frenetisch gefeierten Konzert am 7. Juli 1990, dem Abend vor dem Endspieltag, in den römischen Caracalla Termen zusammenfanden. Über eine Milliarde Menschen rund um den Globus haben dieser Übertragung beigewohnt und der MamS und ich waren zwei von ihnen. Eine Aufzeichnung dieses grandiosen Ereignisses erfolgte noch mittels damals üblicher VHS-Cassette und wir hüten diese Cassette noch immer wie Gollum seinen Schatz.
Jose Carreras ist noch immer mein Favorit, wegen seines bescheidenen Auftretens, aber auch, weil er mit seiner Leukämie-Stiftung im caritativen Bereich recht aktiv ist. Obwohl ich bei der Pavarotti-Version von „Nessun Dorma“ immer noch Gänsehaut bekomme und gerade Herr Domingo in fortgeschrittenem Alter immer besser aussieht, liebe ich Herrn Carreras für diese Darbietung. Obwohl der unscheinbarste der drei Herren, huldigt er, der stolze kleine Spanier, seiner Heimat und vorliegend eben der Stadt Granada, mit einer solchen Inbrunst und Leidenschaft, dass es mir Schauer der Ergriffenheit über den Rücken jagt und ich bin davon überzeugt, dass er vom lieben Gott oder wem auch immer auf die Welt gesandt wurde, um genau dieses Lied des mexikanischen Komponisten Agustin Lara zu intonieren. Soweit ich das verstehe, geht es um feurige Frauen, blutgetränkte Erde (damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich verurteile Stierkämpfe!) und spanische Sonne satt.

Auch wenn manche meinen, die drei hätten schon damals ihren stimmlichen Zenit überschritten und deutliche Ermüdungserscheinungen gezeigt, ich fand und finde dieses Konzert und seine ganz besondere Stimmung immer noch in höchstem Maße ergreifend.

Euch einen erhabenen Abend wünscht
moggadodde