Wegen des gestrigen Nachmittags befand sich mein Gehirn offenbar in einem kurzzeitigen Ausnahmezustand. Anders ist es nicht zu erklären, dass ich die gute, nachtblaue Hattric-Jeans des MamS nach dem Waschen zusammen mit all dem anderen, gewaschenen Plunder geradewegs in den Trockner beförderte. Schon 3 % Elasthananteil genügen, das darf ich hier vermerken, um eine ansonsten baumwollene Hose ein klein wenig schrumpfen zu lassen. Seltsamerweise schoß mir dieser Fauxpas gestern kurz vor dem Einschlafen noch durch den Kopf, aber da war das Kind schon in den Brunnen gefallen und als ich mir die Jeans heute früh dann ansah, kam sie mir schon ein ganzes Stück, hm, kleiner vor. Ich kann nun natürlich leugnen, dass ich die Urheberin des Malheurs bin und behaupten, es liege ein böser Fabrikationsfehler vor („So ein schlechtes Material, du solltest dich beschweren. Das darf doch nicht passieren!“), bzw. süffisant bemerken, der MamS habe selbst Schuld, dass er nicht mehr in die Hose passe; er müsse sich nächstens halt einfach überlegen, ob das dritte Schnitzel unbedingt noch sein muss. Vielleicht greife ich mir auch einen unserer fülligeren Nachbarn als Hosendouble, das gegen ein gewisses Bakshish bereit ist, das Beinkleid für ein oder zwei Tage zu tragen, um es wieder in die Ursprungsbreite zu versetzen.
Wenn auch mein Verstand manches mal aussetzt, konnte ich gestern doch Dixie noch ein bisschen behilflich sein. Dass heute Deutsch-Schulaufgabe ansteht, war ihr offenbar auch erst seit Montag so richtig bewusst und sich in vier Tagen Schillers „Räuber“ reinzutun, wäre selbst für mich ein Ding an der Grenze zur Unmöglichkeit. „Textbeschreibung“ heißt die Aufgabenstellung heute und gestern Abend fing sie an, sich tiefer für die rhetorischen Stilelemente zu interessieren, die heute sitzen müssen.
Jetzt war wieder mein Erfindungsreichtum bezüglich erstklassiger Eselsbrücken gefragt, denn die Fachausdrücke hierfür wollten bei Dixie partout nicht hängen bleiben und so gab ich ihr folgendes mit ins Bett:
Die „Alliteration“ könne sie ganz leicht erkennen, weil, wie in „All“, zwei oder mehr gleiche Buchstaben aufeinanderfolgen, um z.B. einen Slogan einprägsamer zu gestalten und weil sie gerne Süßes isst und der Mars im All liegt, solle sie sich „Mars macht mobil“ als Beispiel für eine Alliteration merken.
Bei der „Metapher“, dem bildlichen Ausdruck, solle sie versuchen, an die „Tafel“ zu denken, an die auch gerne ein Bild gemalt würde und für die „Anapher“ empfahl ich die Erinnerung an die Freundin Anna, die ihre eigenen Ausführungen gerne wiederholt.
Die „Ellipse“ gab mir erst etwas zu denken. So fragte ich Dixie, was sich ihrer Meinung nach ein bisschen auf „Ellipse“ reimen könnte und sie entschied sich für „Schnipsel“. „Ha“, sagte ich, „wenn du das „L“ weglässt, reimt es sich auch auf Ellipse und das ist eben das Kennzeichen: Weglassen, um etwas zu vereinfachen oder hervorzuheben“. Jetzt lachte sie schon, aber ich konnte noch einen draufsetzen und dafür sorgen, dass sie sich zumindest die „Klimax“ einprägt: Ich eröffnete ihr, dass „Klimax“ im Fachjargon gleichbedeutend mit „Orgasmus“, also „Höhepunkt“ ist und das eine stufenweise Steigerung im Ausdruck bezeichnet und sie sich hier einfach den Spruch aus dem „Herrn der Ringe“ merken solle: „Mein Bruder – mein Hauptmann – mein König!“, also klein anfangen und immer stärker werden!
Jetzt bog sie sich schon vor Lachen und meinte, dass sie in der Schule aber nicht erzählen werde, wie ihre Mutter ihr die Klimax nähergebracht hat, aber als ich sie heute früh noch einer Kurzabfrage unterzog, waren bis auf die „Hyperbel“, die wir gestern schlicht vergessen hatten, alle Eselsbrücken noch intakt.
Ich finde, ich sollte mir meinen effektvollen Eselsbrücken-Erfindungsreichtum honorieren lassen und Dixie wird dafür mit einmal Abspülen bezahlen, was, wie ich finde, kein zu hoher Preis ist.
Euch einen schönen Brückentag wünscht
moggadodde