Der kleine Hank widmet sich mit Hingabe seinem neuen Hobby, der Zucht von Zauneidechsen. Er behandelt sie ziemlich liebevoll, nimmt seine Lieblinge, die er mit einfallsreichen Fantasienamen bedenkt, mit zum Schaukeln, unterzieht sie ausdauernd kreativen Dressurversuchen und berichtete mir voller Züchterstolz vorhin, dass eines der Weibchen „schwanger“ sei. Alle zwei Tage erlöse ich des nächtens die gesammelten Tiere und entlasse sie in die Freiheit. Ich habe Mitleid mit den Viechern, denen auch ein sorgsam möbliertes Terrarium die kuscheligen Ritzen und Nischen unserer Trockenmauer nicht ersetzen kann. Erst ein Exemplar hat stressbedingt seinen Schwanz eingebüßt, ich denke, das wächst aber nach.
Kein Mitleid allerdings habe ich mit anderen Kriechtieren, die Auslöser für Dixies nachmittäglichen Beinah-Nervenzusammenbruch waren. Ich hörte sie bitterlich weinen in ihrem Zimmer und tippte zunächst auf ein Beziehungsproblem. Nach einer gewissen Weile betrat ich ihr Zimmer und versuchte den Grund für diese geballte Verzweiflung zu erfahren, sie schniefte und schluchzte und bat mich, sie allein zu lassen. Etwas anderes hatte ich in diesem Stadium, ehrlich gesagt, nicht erwartet. Mittlerweile bin ich Profi was die Erkennung der verschiedenen Stadien pubertären Seelenkummers angeht. Erst wenn der Adrenalinpegel wieder auf Normalwerte abgesunken ist, besteht die Aussicht auf ein vernünftiges Gespräch.
Als es dann soweit war erfuhr ich, dass drei Nachwuchsdrecksäcke versuchen, Dixie mit Erpressermethoden zu drangsalieren. Zu einem der Kandidaten pflegte sie noch im letzten Sommer eine lose Bekanntschaft, die mir schon damals missfiel; nach Kräften versuchte ich, den Kontakt gering zu halten und schob meist die weite Fahrstrecke in das namenlose Kaff vor. Ich konnte den Typen nicht ausstehen und sagte dies auch, was natürlich den Effekt hatte, dass sie sich erst recht mit ihm treffen wollte. Schnell schlief diese Verbindung trotzdem ein und bis jetzt hörte ich nichts mehr über ihn. Die anderen beiden Spackos sind mir noch nicht bekannt.
Die drei scheinen in Dixies Schule schon für allerlei niederträchtige Aktionen berüchtigt zu sein und jetzt haben sie es wohl mal auf sie abgesehen.
Sie drohen mit der Einstellung eines angeblich vorhandenen Videos auf YouTube, das Dixie und einen anderen, nicht näher bezeichneten jungen Mann in verfänglicher Situation zeigt, wenn sie sich nicht im öffentlichen Chat-Gästebuch eines der Drecksäcke der Blödheit und Bescheuertheit selbst bezichtigt.
Auf Frage, ob es denn so ein Video geben kann, kam die Standard-Antwort „Keine Ahnung!“. Sie wisse gar nicht, was die meinten und vielleicht habe sie ja mal mit jemandem geknutscht und sei dabei gefilmt worden, könnte es sich aber nicht vorstellen. Sie wisse nicht weiter und das telefonisch befragte Schatzi hatte für sofortige Anzeigeerstattung bei der Polizei plädiert.
Ich beruhigte sie und versuchte zu erreichen, die Sache locker zu sehen. Was solle schon passieren? Auch wenn sie sich knutschenderweise auf einem verwackelten Handy-Video in YouTube finden sollte, was ich für unwahrscheinlich halte, who cares? Ich riet ihr, den beschränkten Vollpfosten bei erneuter Drohung mit einem lockeren „Ach, wisst ihr was? Tut, was ihr nicht lassen könnt und fickt euch ins Knie“ zu begegnen, was für eine Aufheiterung in Dixies Befinden sorgte und als wir über diesen Witz herzlich gelacht hatten, riet ich ihr, den letzten Teil des zweiten Satzes sicherheitshalber wegzulassen. Sie solle mir aber sofort Bescheid sagen, wenn auch nur einer dieser furzenden Mistfliegen sich noch einmal mit einer auch nur ansatzweise zweifelhaften Bemerkung zu Wort melden würde denn dann würde ich auf den Plan treten und alle nötigen Schritte einleiten und der allererste wäre ein kräftiger Tritt in die bedauernswerten Ärsche der armseligen Ranzratten die noch bedauern werden, geboren worden zu sein.
Jetzt ist sie ziemlich erleichtert und ich sagte ihr, dass sie sich eine Menge Tränenflüssigkeit hätte sparen können, wenn sie gleich zu mir gekommen wäre.
Wenn ich mit den Jungs fertig bin, wäre das Schicksal, das stressgeplagte Zauneidechsen ereilt noch ein Klacks gegen das, was ich mit den widerwärtigen, verkeimten Gullykröten zu tun gedenke.
Euch einen gewaltlosen Tag wünscht
moggadodde