Exitus

Gut, dass wir am Freitag daran gedacht haben, ein neues Fernsehprogramm zu kaufen.
Schlecht, dass eben die verdammte Glotze ihren Geist ausgehaucht hat. Einfach so. Zack.
Schlecht, dass das verfluchte Finanzamt noch immer nicht mit dem Bescheid rübergerückt ist.
Schlecht, dass nach unseren beherzten Investitionen die Konten aus Zwiebelleder zu sein scheinen.
Gut, dass noch genug Wein im Regal steht und das Wetter immer noch warm ist.
Prost.

Euch einen blickdichten Abend wünscht
moggadodde

O Happy Day

War das ein verdammt großartiger Tag! Manni hat die Fliegenfenster montiert und jetzt sind alle Fenster und Terrassentüren fliegen- und viecherverdichtet, so das ich mir u.a. den unfassbaren Luxus erlauben und des Nächtens im Bett lesen kann (sofern der MamS mich nicht wieder in die Seite tritt), ohne dass ich die halbe Nacht auf blutrünstige Stechmückenjagd gehen muss.

Mit Dixie kann schon wieder gelacht werden. Der MamS fing heute mit der leidigen Thematik des angeblich so dringlichen Einkaufs neuer Reifenabdeckungen für meinen Nissan an. Dass ich solchen Kokolores wegen einer kleinen, herausgebrochenen Stelle als reichlich überflüssig erachte, hatte ich verschiedentlich berichtet. Ich sollte mich also über die Preise informieren. „Nach was sollst du gucken?“ fragte Dixie und ich murmelte ihr ein generves „Radzierblenden“ zu.
„Was, Ratioblenden? Was soll das denn sein?“ fragte sie. Ich antwortete: „Mei, hört halt hin – Radzierblenden soll ich kaufen.“ Scheinbar verstand sie mich noch immer nicht richtig: „Hää? Razziablenden?“ Hab ich noch nie gehört“. Sie meinte es ernst und das zeigt mit letzter Sicherheit, dass sie entweder a.) ein Problem mit dem Gehör hat oder b.) genauso denkt wie ich und so etwas zu den vernachlässigenswerten Anschaffungen zählt.

Das Grillfest bei SchwäSu und SchwaMa war wie immer eine wunderbare Gelegenheit, herzhaft zu lachen, die aufkeimenden, grauen Gedanken zu vertreiben wie Zirruswolken die sich langsam auflösen, als hätte es sie nie gegeben.
Man sagt, seine Freunde kann man sich aussuchen, seine Verwandten nicht. Wenn die Verwandten auch noch Freunde sind, ist das ein unwahrscheinlich seltener Glücksfall, finde ich.

Euch eine fantastische Nacht wünscht
moggadodde

Bühne frei!

Vorhin hat sich in den Straßen der Großstadt Dramatisches ereignet: Dixie zeigte ganz großes Theater, ein Schauspiel, wie es selbst in den Straßen des einst verrufensten Viertels nicht so häufig aufgeführt werden dürfte. Arbeitstitel: „Abmachungen und wie ich sie am besten breche“.
Schatzi weilt übers Wochenende wieder bei seinem Kumpel T. in der Stadt und schon ein- oder zweimal durfte auch Dixie bei diesem Freund mit übernachten. Mit T’s Mutter habe ich besprochen, dass es nicht zur Regel werden darf, dass immer, wenn Schatzi in der Stadt ist, auch Dixie dort nächtigt. Bei der letzten Gelegenheit hat sie nicht dort geschlafen und ich rechnete damit, dass sie heute, bevor sie sich mit den beiden traf, das Thema anschneidet. Tat sie aber nicht, vielmehr besprach der MamS mit ihr, dass wir sie am Abend abholen würden und ich rief ihr noch hinterher, sie solle ihr Telefon mitnehmen und angeschaltet lassen, damit wir uns verabreden könnten. Alles schien klar, sie war einverstanden und ich wähnte alles in Butter.
Am Abend waren wir bei W’s zum Grillfest eingeladen und als es Zeit wurde, rief ich Dixie an, natürlich war sie nicht erreichbar. Gegen halb 11 ruft sie an und fragt, ob sie bei T. schlafen könne. T’s Mutter hätte auch gar nichts dagegen. Warum sie nicht an ihr Handy gehe, frage ich. Sie antwortet, sie habe es bei T. vergessen. Nach einigem Hin und Her wird der Ton sehr schnell sehr laut und sie verkündet, dass sie aber ganz sicher da schlafen wird und weil sie mir lautstärke- und tontechnisch reichlich dumm kommt, teile ich ihr mit, dass ich sie jetzt auf der Stelle abholen werde. Ich weiß genau, dass es pure Berechnung war: Sie rechnete damit, dass ich, wie schon zweimal, nachgeben würde, wenn sie nur spät genug anriefe und unsere Zustimmung wollte. Dass sie ihr Telefon absichtlich bei T. gelassen hatte, während sie durch die Stadt streiften, erscheint mir sicher. Auch als sicher und inzwischen von ihr bestätigt ist der Umstand, dass sie schon heute Mittag, bei der Abhol-Absprache genau ins Kalkül gezogen hatte, dass ihre Alten nachgeben, wenn sie wieder auf die kurzfristige Ãœbernachtungsidee kommt.
Ich wusste ja, wo sie sich aufhalten und blitzgeschwind fuhr ich dort hin. Dixie meinte zunächst lapidar, dass sie nicht einsteigen werde, ich könne gerne wieder heimfahren. Sie lief langsam von mir weg, während Schatzi und T. sich abwartend auf dem Bürgersteig niedergelassen hatten. Ich ging ihr hinterher, redete zunächst ruhig. Die letzte Absprache wäre die von heute Mittag gewesen und die werde sie nun auch einhalten, was sie zunächst lächelnd abtat. So hatte ich sie noch nie gesehen. So entschlossen und eisig. Während ich ihr Konsequenzen androhte, stellte sie sich mitten auf die Frankfurter Straße und fing an zu geifern, mit ihrer lauten, schrillen Stimme. Sie werde ganz bestimmt nicht mitfahren. Sie werde bei T. schlafen, ich hätte es ihr versprochen. Richtig ist, dass ich ihr zusagte, sie könne dort bei jedem zweiten Besuch von Schatzi schlafen und das wäre jetzt auch gewesen. Hätte sie vor Abfahrt heute Mittag darüber mit uns gesprochen, wäre das auch in Ordnung gegangen. Hat sie aber nicht, die letzte Absprache lautete eben anders. Ich packte sie am Arm und zog sie von der Straße, während sie immer lauter brüllte und ich ihr hilflos androhte, dass ich ihr gleich eine scheuern würde.
Jetzt kam Schatzi und vollkommen hysterisch klammerte sie sich an seinen Hals. Sie flüsterten und er sprach beruhigend auf sie ein. Ich sagte, er solle dafür sorgen, dass sie jetzt zum Auto komme, ich würde dort warten. Nach einigen Minuten, in denen diverse Vorhänge bewegt und zahlreiche Hälse gereckt wurden, kamen die beiden an. Nun kam mir Schatzi ein bisschen blöd und meinte, dass er ja für alles Verständnis habe aber allein die Androhung von Gewalt verursache im Unbehagen und er fände Schläge ja wohl das Allerletzte. Ich antwortete ihm, dass ich das auch finde, aber er erwarte wohl jetzt nicht ernsthaft, dass ich das mit ihm hier ausdiskutieren würde. Er solle selbst erstmal ein paar Kinder in die Welt setzen und dann könnten wir ja nochmal über das Thema reden.
Dixie hatte sich schon im Auto verkrochen als ich einstieg und grußlos ging Schatzi ab.
Auf der Heimfahrt war der Hormonspiegel schnell auf Normalnull und sie war schon nach einigen Minuten wieder normal ansprechbar. Sie gab zu, genau diesen Gedankengang gehabt zu haben: Wenn ich mein Handy nicht mitnehme, kann sie mich nicht anrufen. Wenn ich spät genug anrufe, bekomme ich sie wieder rum. Ich gestehe, sie hätte mich wieder weichgekocht, aber als sie anfing, in ihr Telefon zu brüllen, fiel bei mir der Verständnis-Vorhang.
Ich habe vorhin eine unglaubliche Geduld bewiesen und danke dem Herrn, so es ihn gibt, ggf. auch auf Knien dafür, dass der MamS nicht dabei war. Der hätte Dixie nicht nur um einiges heftiger von der Kreuzung gezerrt, sondern ihr wahrscheinlich wirklich eine verpasst und dem Schatzi nach seiner neunmalklugen Ansprache gleich noch eine.
Natürlich bin ich gegen Gewalt. Aber ein vierzehnjähriges Gör, dem die Pubertätshormone das Gehirn lahmlegen, macht es einem wirklich schwer, nicht mitten auf der Frankfurter Straße ein legendäres Blutbad anzurichten.

Euch eine friedliche Nacht wünscht
moggadodde

Moonwalk

Der Biergarten, in dem ich als Kind schon unter den Tischen herumkugelte, hat sich ziemlich verändert, so dass keinerlei nostalgische Gefühle aufkamen. Gepfefferte Preise verlangt man dort allerdings schon. Für Hanks Weißwöscht mit Brezel, das „Schäufele“ des MamS, meinen „Gerupften“ und zugegebenermaßen mehreren Flüssigkeitseinheiten (2 Halbe Radler, 2 Radler-Maß, 2 Cola, 1 Sprite und einmal extra Schäufele-Soß‘) berappten wir knapp 50 Mücken, was auch für einen über vierstündigen Aufenthalt ein bisschen happig ist. Als der trotz des irrsinnigen Betriebs immer noch freundliche Kellner die Rechnung brachte, musste ich mich schon kurz fragen, ob wir uns in einem schnöden Biergarten oder im Ritz-Carlton von Cannes befänden. Seis drum, dachte ich mir, erstens lebt man nur einmal und zweitens kurz genug und außerdem hat’s geschmeckt und gefallen und es war Feiertag und überhaupt.
Unfreiwillig für Erheiterung eines Teils des anwesenden Publikums sorgte der Umstand, dass ich dort um ein Haar meine Hose verlor. Meine sowieso kaum spürbare, leichte und weite, knielange Leinenhose ging unbemerkt ihres Druckknopfs verlustig und verfügt ohnehin über einen mehr als rachitischen Reißverschluss und als ich so zu zur Toilette schlendere, denke ich noch bei mir, dass mein Beinkleid nicht mehr so recht sitzen will und wie durch Zauberhand plötzlich so seltsam lang ist. Mit der linken Hand will ich sie ein Stück nach oben ziehen als ich spüre, wie ich den Rand meines Slips in der Hand habe und die eigentliche Hose ein ganzes Stück weiter unten, ghettomäßig knapp über dem Beginn der Pfirsichspalte zum Halt gekommen ist. Ein paar Schritte mehr und sie wäre am Boden zum Liegen gekommen, der sich, bei meinem Glück, noch nicht mal geöffnet hätte, um mich schamesrot in sich aufzunehmen. Besonders die texanische Reisegesellschaft, sicher alles alte Ölbarone und -nessen, bekam immer größere Augen; kein Wunder: In Dallas gibt’s bestimmt nicht viele Frauen, die in einem public beergarden am helllichten Tag den fuckin‘ Halbmond zeigen!

Euch eine mondhelle Nacht wünscht
moggadodde

Prozessführung

Bisher geht mein Plan gut auf. Außer Frühstück habe ich heute nämlich noch nichts gemacht. Naja, gut, etwas ärgern musste ich mich schon. Zu Fronleichnam sollten die Kommunionkinder um 8.45 Uhr in der Kirche erscheinen, wo sie sich ihre Kutten nochmals überziehen und die Prozession begleiten sollten. Dass nach fast zwei Wochen Ferien die morgendliche Disziplin des pünktlichen Aufstehprozesses in Trümmern liegt, war mir fast klar und natürlich schälte sich Hank erst nach vielfachen Weckrufen und Androhung roher Gewalt aus dem Bett und ging ungewaschen und ohne seine Cerealien zum Haus des Herrn. Als er gegen halb 12 vom Prozessieren (Himmel, wie nennt man denn die Teilnahme an einer Prozession?) ausgehungert und leidlich gut gelaunt zurückkehrte, drückte er seine Missbilligung mit bisher bei ihm nicht gekannter Süffisanz aus: „Ach, übrigens, schön, dass ihr auch da wart!“. „Hmmm“, sagte ich heiter, „ich fand es auch richtig klasse, nicht dabei zu sein!“. „Alle anderen Eltern waren dabei“, gab er beleidigt zurück und nachdem ich von zumindest einem Erzeugerpaar wusste, das sich um diese Zeit ebenfalls noch in den Kissen geräkelt hatte, fragte ich scheinheilig: „Ach ja. Und die W’s waren auch da, gell?“. „Nee, die waren auch nicht da. Aber ihr und die W’s wart die einzigen. Und es war ganz schön anstrengend!“. Weil ich gut gelaunt war, machte ich ihm ein extra dick beschmiertes Nutellabrot und besänftigte damit den Prozessionsspinner so schnell, wie dieser „Nuss-Nougatcreme“ sagen kann.
Apropos Prozessieren und Spinner: Gestern gab es eine Stellenanzeige, mit der ein „nettes Team“ um einen Rechtsanwalt eine Teilzeitmitarbeiterin sucht. Nachdem der Professore abgesagt hat, werde ich hier mein Glück einmal versuchen und sehen, ob ich demnächst wieder in einen ordentlichen Beruf komme, denn eigentlich habe ich die Arbeit bei einem Prozesshansel immer ganz gern gemocht.

Stichwort Altersprozess: Nachdem der MamS gestern in eine, vermutlich, Brombeerhecke gestürzt ist und seine Schienbeine aussehen als sei er auf dem Kreuzweg unterwegs gewesen und zwar als Jesus, außerdem seine Knie schmerzen (Anscheinsdiagnose Arthrose) und einer seiner Zehen (Anscheinsdiagnose Morbus Hypochondrus), werde ich, nachdem ich heute Nachmittag mit ihm und den W’s in einen urigen Biergarten möchte, mich dem Genesungssprozess des MamS widmen und ihn mit einem leckeren Cortado verwöhnen.

Euch einen gewinnenden Tag wünscht
moggadodde