Scheiße. So ein wunderbar, wohlriechender Körper. Ich würde sagen, drei Tage ungeduscht. Lecker. Ich stehe auf verschwitzte Haut, mit einem leichten Film alten, wieder getrockneten Schweißes, Milchsäurebakterien machen sich breit und … ach, ich könnte schon wieder …
Gerade kommt meine Tochter Suzi fast unhörbar angeschwirrt: „Hey Muddi, was geht ab heute?“ Ganz kurzatmig vor lauter Verlangen antworte ich: „Der Alte hat sich eben hingelegt. Da hast du erstmal keine Chance auf einen Stich, Baby. Schau doch mal ein Zimmer weiter! Da liegt noch so ein süßer Typ …“. Suzi kichert und macht sich sofort auf den Weg in den Nebenraum. „Viel Glück, Kleine!“, rufe ich ihr noch leise hinterher, aber sie ist schon um die Ecke. Seit Harry, mein Mann, im letzten Monat einem Attentat zum Opfer fiel, kümmere ich mich allein um Suzi und bringe ihr alles bei, was ein richtig durchtriebener Vamp wissen muss. Das klammheimliche Eindringen in fremde Schlafzimmer hat sie richtig gut drauf! „Zwiebeln!“ tönt es plötzlich neben mir, „der muss Unmengen Zwiebeln gefressen haben. Da kann ich ja gar nicht drauf …“ nölt Suzi neben mir. „Lass’ uns doch den hier nehmen, biddeee …“ bettelt sie. Ruhig atmet das ungeduschte Sahneschnittchen jetzt im Bett. Die Augen sind geschlossen und unter der dünnen Haut unterhalb des kantigen Kinns sehe ich die pulsierende Halsschlagader im Mondlicht, das malerisch auf den muskulösen Körper fällt. Er scheint förmlich darauf zu warten, dass Suzi und ich ihm in den bunten Bassetti-Bezügen Gesellschaft leisten. „O.k., Kleine. Du hast Recht. Pass auf: Du nimmst ihn an den Füßen und ich geh’ ihm gleich an die Kehle. Aber sei vorsichtig! Der Bursche hier ist ein ganz Wilder …“ Suzi grinst: „Hehe, das wird ein Spaß, Alte. Zusammen haben wir’s ja schon lange nicht mehr gemacht!“ und schwirrt ab in den Süden, während ich mich langsam dem drallen Hals nähere. Als ich auf ihm sitze und es dem Süßen gleich richtig geben werde, denke ich noch kurz darüber nach, dass das Leben viel zu kurz ist, um nicht alle Gelegenheiten auf ein bisschen Amusement zu nutzen. Als ich aus den vielen Winkeln meiner Facettenaugen den Schatten der massigen Hand sehe, die sich plötzlich ganz langsam erhebt und gleich mit Schmackes und tödlich auf mich niedersausen wird, steche ich dem Mistkerl mit meinem dicken Saugrüssel noch ein letztes Mal richtig tief in den stinkenden, ungewaschenen Hals. Niemand soll sagen können, dass ich mein Leben als Moskito nicht bis zuletzt in Ausübung meiner Pflichten gelebt habe …
Euch einen insektenfreien Tag wünscht
moggadodde