Wir hatten eine wirklich famose Nacht! Futter bis zum Abwinken, Kaltgetränke aller Couleur und das Schärfste war, dass bei aufziehender Feuchtigkeit am frühen Morgen der großartige, herzlich-charmante Nachbar H. jeder anwesenden Dame einen angewärmten Sack in den Schoß legte, mit Dinkel gefüllt, was habt ihr denn gedacht?
Allerdings habe ich ja gleich gewusst, dass ich dieses
von Ruhrpottheini nicht ausstehen kann. Distinguiert und leicht überheblich unter normalen, nüchternen Umständen, ist der 42jährige Mann einer 26jährigen, hübschen Frau in alkoholisiertem Zustand eine Pest. Letztere zog sich bereits kurz nach Mitternacht zurück, wahrscheinlich weiß sie, in welchen Abschaum sich ihr Angetrauter in betrunkenem Zustand verwandelt. Er ähnelt frappant dem schmierigen Darsteller in dem Film „Das Experiment“, dem blonden, fiesgesichtigen Aufseher Berus, gespielt von Justus von Dohnányi, schon immer heißt der Ruhrpottheini deshalb für mich nur „Justus“. Mir ist klar, dass sich unterschiedliche Charaktere unter Alkoholeinfluss auch unterschiedlich entwickeln und der Ruhrpottheini gehört zu der Sorte von Menschen, die besoffen dumme („Ich steh auf fette Beine“), bescheuerte („Du bist jetzt 56 und hast dich gut gehalten. Wie schaffst du es, immer so hässlich auszusehen?“) oder anzügliche Sprüche („Darf ich deine Brüste massieren?“) absondern. Billig, ordinär und peinlich – das ist Justus. Ãœber vieles kann ich hinwegsehen, wirklich, ich bin da nur ein kleines bisschen nachtragend, weil diese Äußerungen immerhin mit einem gewissen Pegel getätigt wurden. Aber wenn sich diese Sau aus dem Ruhrpott zum Pinkeln zweimal auf die Terrasse der Nachbarin stellt, werde ich wild. Ich hasse diese Wildpisser, besoffen oder nicht, die mirnichtsdirnichts Umwelt, Öffentlichkeit oder Eigentum ignorierend, ihren gottverdammten, verkeimten Schwengel auspacken und jegliche Kinderstube vergessend in die Flur oder, in diesem Fall, auf den Waschbeton urinieren. Ich hassehassehasse das, zumal 10 m weiter eine Wohnung sowie mindestens eine Toilette zu finden sind! Ich trinke auch gern einen, auch über den Durst hinaus, dann werde ich spritzig, quietschfidel und noch lockerer, aber ich verliere nie, nie, nie die Kontrolle über mich und mein Gehirn. Dasselbe beim MamS (zu Bett gegangen gegen 3.30 Uhr): Nach schätzungsweise 10 Cuba Libre und vielen wirklich charmanten und erheiternden Beiträgen steht er auf und geht schlafen. Ohne jemandem blöd zu kommen oder auf den Tisch zu vomieren. Er geht und gut.
Der Ruhrpottheini Justus saß bis eben, als die Vögeli zu zwitschern anfingen, halb pennend und sturzbetrunken beim harten Kern von durchhaltefähigen drei Frauen. Wir konnten ihn einfach nicht loswerden! Beim letzten Versuch, auf die Terrasse der Nachbarin zu pinkeln, ging ich, Gutmensch, der ich bin, ihm hinterher und versuchte, ihn Richtung Heimat zu bugsieren. Man weiß ja nie! Vielleicht knallt der Vollpfosten, besoffen wie er ist, noch auf eine Beeteinfassung und verblutet! Zunächst ging er auch mit, um mir kurz vor seiner Tür das Angebot einer ausgiebigen Massage zu unterbreiten, was ich dankend und mit aufkeimendem Würgereiz ablehnte, ihn aber zur erneuten Rückkehr an den noch immer gefüllten Tisch bewegte, wo er anfing, höchst intime Details abzufragen („Seid ihr glücklich? Besorgen’s euch eure Männer noch richtig?“), was uns drei Mädels zu einem allerletzten Absacker veranlasste, bevor die Vermieterin übers Feld gen Heimat, die Nachbarin ins Bett und ich hier an den Computer gingen.
Wir hatten heute einige Leute, die ebenfalls mächtig gebechert hatten, von Ramazzotti über Cuba Libre (Rum aus Vermieters letztem Urlaub + passende Musikuntermalung) bis hin zu Campari Orange und Sekt aber niemand, niemand wurde ausfällig („Halt doch die Klappe“), anmaßend („Die Schürzenjäger sind eine Schwulentruppe“ zu einem eingefleischten Fan) oder anzüglich („Ihr seid so geile Weiber! Ich will mal eure Muschi kraulen“) wie dieses riesengroße Hypermegasuperarschloch.
Froh bin ich, dass ich mich meine Menschenkenntnis auch diesmal nicht im Stich gelassen hat. Nüchtern ein kleines und betrunken ein ziemlich großes Arschloch – das ist Justus, dem ich wünsche, dass es ihm nachher und den ganzen Tag so dreckig geht, dass er denkt, er müsse sterben und fortan nie mehr einen Tropfen anrührt.
Morgen Nachher um 13.00 Uhr ist das sogenannte „Bröggelesfest“ angesetzt, bei dem die Reste des gestrigen Abends vertilgt werden. Während wir locker flockig die restlichen Steaks auf den Grill werfen, darf Justus mit der grünen Gießkanne auf der Terrasse der Nachbarin seinen Urinspuren beseitigen. Ich bete, dass es ihm richtig, richtig mies geht …
Ich habe eben beschlossen, mich nicht mehr hinzulegen, ist ja eh schon so spät früh gelaufen. Ich mache mir jetzt einen schönen Kaffee und hole meinen Lieben nachher vielleicht frische Brötli vom Bäcker.
Euch einen aufgeweckten Tag wünscht
moggadodde