Das wird hier ein höchst komplizierter Beitrag, den ich fast ohne Zuhilfenahme bewusstseinserweiternder Substanzen auf den Monitor bringe. Jedem Leser, der bar jeden logischen Verständnisses durchs Leben wandelt, empfehle ich dringendst, sofort die Finger in die Hand zu nehmen und zu flüchten!
Für alle, die vielleicht bald (resp. hoffentlich nicht bald) in unserer Lage zum Liegen kommen und insbesondere die Herren und Damen Rentenspackonauten aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Aufgemerkt!
Heute früh war ich nämlich mit meiner Mutter auf dem Amt, um den Antrag auf Witwenrente zu stellen. Natürlich wird die finanzielle Decke ziemlich kurz ausfallen. In dieser Generation waren die Begriffe „private Altersvorsorge“ oder gar „Riester-Rente“ noch nicht erfunden und es war ja oft üblich, dass sich die Frauen zur Heirat ihre bis dahin erreichten Rentenansprüche auszahlen ließen, was meine Mutter nach meiner Geburt auch tat, weshalb ihr jetzt noch 12 zu den erforderlichen 60 Beitragsmonaten fehlen. Um nun auf winzige 75,00 € eigene Rente zu kommen, muss sie fast 1000,00 € an freiwilligen Beiträgen nachzahlen, ein Aufwand, der sich zwar nach einem guten Jahr Rentenbezug schon wieder amortisiert hat, trotzdem gerade jetzt ziemlich schmerzt. Das ist aber der Tatsache anzulasten, dass sie außer ein bisschen geringfügiger Tätigkeit nie weiter berufstätig war und deshalb absolut einsehbar. Darauf wollte ich ja auch gar nicht hinaus.
Als Witwe hat meine Mutter aber Anspruch auf 60 % der letzten Rente meines Vaters, das nennt sich dann „Große Witwenrente“, ich nenne es einen „Grandiosen Bullshit“.
Es ist nämlich vollkommen schnurz, ob mein Vater noch 30 Jahre Rente bezogen hätte oder, wie vorliegend, nur 2 Jahre Ruhestand erleiden musste genießen durfte, die 60 % sind fix.
Für mein Gefühl ist es aber ein großer Unterschied, ob jemand die ohnehin bescheidenen Früchte seiner Rentenversicherungsabgaben für einige Jahrzehnte einstreicht (was ich jedem Menschen unbedingt gönne, überhaupt keine Frage!) oder, wie mein Vater, schon nach zwei Jahren mit seinem sozialverträglichen Frühableben (zu Recht Unwort des Jahres 1998!) die Rentenkasse vor dem viel beschworenen, finalen Kollaps bewahrt.
Für die stockblinden Fluffis der Legislative hätte ich deshalb mal einen grandiosen Verbesserungsvorschlag am Start: Die „umgekehrte Staffelrente“! Je nachdem, wie lange der Rentner die Zahlungen vor seiner Fahrt ins Nirvana bezogen hat, staffelt sich die Höhe der Witwenrente. Hat der Arme schon nach 0 bis 10 Jahren ins Gras gebissen, erhält die Witwe noch 90 % der regulären Altersrente bis zum zehnten Jahr des Witwenrentenbezugs, danach sukzessive weniger bis zum Sockel von 60 % ab dem 20. Jahr des Witwenrentenbezugs. Wie? Ihr versteht das nicht? Das habe ich mir gedacht und schon mal eine etwas laienhafte Skizze vorbereitet, die den Sachverhalt vielleicht erhellt:
Ich finde es nämlich, gelinde gesagt, äußerst ungerecht, dass die Ehefrau, die eine jahrzehntelange Einzahlung (bei meinem Vater waren es 49 Jahre!) in die Rentenkasse mit ihrer treusorgenden, aufopfernden Tätigkeit als Chefmotivateuse, Gourmetköchin, Hauswirtschafterin und freudenspendender Fortpflanzungspartnerin überhaupt erst ermöglicht hat, sofort, mit allen laufenden, finanziellen Verpflichtungen derart ausgebremst wird. Das Wort „rentabel“ in diesem Zusammenhang kommt jedenfalls nicht von „Rente“, soviel ist sicher.
Ich überlege ernsthaft, ob ich dem Herrn Müntefering meine Überlegungen mal zur Kenntnis bringen sollte, obwohl ich bezweifle, dass er sich mit dieser Thematik auch nur ansatzweise auseinandersetzen will. Schon klar, Münte, die Mogga-Rente würde zwar nur fair sein gegenüber den vielen Frauen, die ihre berufliche Existenz für den Dienst am Mann aufgegeben haben, rechnet sich aber nicht für dich.
Als heute die Rentenversicherungsfachangestellte zum Kopieren den Raum verlassen hatte, und meine Mutter ein bisschen konsterniert auf die Berechnung blickte, versuchte ich sie zu trösten mit dem Hinweis, dass sie noch zufrieden sein könnte, mit ihren 60 %. Wäre sie nämlich eine indische Witwe wäre sie vielleicht schon auf dem Sati-Scheiterhaufen verbrannt worden und der raffgierige Fiskus würde sich zufrieden die Hände reiben, weil er für die lästige, vermeintlich lustige Witwe gar nichts mehr berappen müsste. Da mussten wir beide sogar ein bisschen lachen …
Euch eine rentable Nacht wünscht
moggadodde