Da steigt mir doch der Kamm! Im Radio war gestern stündlich, lamentogleich und mit stillem Vorwurf die Nachricht zu vernehmen: „Die Kauflust der Deutschen kommt nicht in Schwung. Trotz steigender Einkommenserwartungen blablabla …“. Fast habe ich mich ja schon ein bisschen schuldig gefühlt und gleich auf meine Gehaltsabrechnung geschaut, aber dort hat sich leider nach vielen Monaten vager Hoffnung noch so gar nichts geändert und von steigenden Einkommenserwartungen kann ich mir nichts kaufen, es sei denn ich täte es auf Pump, was der da oben und mein Finanzberater der MamS bitteschön verhindern mögen.
Schauen die Nachrichtenschaffenden dieses Landes denn nicht einmal aus dem Fenster? Verlassen sie sich blind auf die Auswertungsergebnisse der Marktforschungsinstitute, die diese weiß der Pleitegeier woher nehmen? Sehen sie nicht, dass trotz gebetsmühlenartig wiederholter Aufschwungbeschwörungen, angesichts finnischer Heuschrecken oder zu Lasten der Arbeitnehmer ausgetragener Umstrukturierungen bei Siemens oder massenhafter Entlassungen bei Henkel und BMW trotz satter Gewinne der ach so hasenherzige Verbraucher zu Recht immer noch misstrauisch ist?
Jaja, ich weiß, das ist die Marktwirtschaft, das sind unternehmerische Entscheidungen, die die Konkurrenzfähigkeit erhalten sollen, damit Deutschland wegen seiner gierigen Arbeitnehmer nicht doch ins Mittelfeld der volkswirtschaftlichen Nahrungskette durchrutscht. Wer will den Leuten aber verübeln, dass sie trotzdem ihre Kohle zusammenhalten und sparen statt shoppen oder riestern statt reisen?
Ohnehin will sich Freude am Fahren zumindest bei mir irgendwie gar nicht einstellen, wenn ich wie Millionen anderer Pendler für den lumpigen Liter Supersprit über einen Euro und vierzig verflixte Cent berappen darf. Minimum! Die Vermieterin wird mit ihrer Nebenkostenabrechnung auch nicht mehr lange auf sich warten lassen und hat mit Verweis auf den gestiegenen Ölpreis bereits mit Leichenbittermiene angekündigt, dass es wohl wieder auf eine Nachzahlung hinausgehen wird und auch bei den Strompreisen weiß noch niemand so genau, was auf ihn zukommt. Jeder Arbeitsplatz, so er denn nicht der eines Beamten ist, bedeutet Unsicherheit und sie ist es auch, die die Leute vorsichtig werden lässt und das vollkommen zu Recht.
Falls, und ich betone falls, in hiesigem Haushalt einmal mehr Geld als Monat übrig ist, kommt es in die Renovierungs- bzw. Reparaturkasse oder auf die nicht sehr hohe Kante, z.B. für künftige Kieferorthopädenrechnungen oder ähnliche Späße und wird, Herr Steinbrück möge uns beratungsresistenten Bürgern verzeihen, leider nicht für Plasmafernseher, Urlaubsreisen oder juwelenbesetzte Geschenke verballert!
„Spare in der Zeit, so hast du in der Not“, dieses urdeutsche Sprichwort hat ein Gros der Deutschen auf harten Grundschulbänken gepaukt; der andere Teil hat es vielleicht auf die ebenso harte Tour nach Entlassung oder geplatztem Bauherrentraum gelernt. Das dauernde Herbeireden aber macht die Kasse nicht voller sondern veranlasst den verwunderten Otto Normalverbraucher nur danach zu fragen, ob Anton Aufschwung denn vielleicht auf dem Weg zu ihnen bei den Zumwinkels dieses Landes versumpft ist oder wo er denn sonst wohl stecken mag. Nur eines ist sicher: Bei mir isser nicht!
Der MamS behauptet immer, sobald ich Geld in Händen hätte, wäre es auch schon wieder weg und so gesehen wäre ich schon ein nachhaltiger Förderer der Konjunktur. Wenn ich es nämlich etwas dicker hätte, würde ich dem blöden Aufschwung mal ein anständiges Navigationsgerät kaufen, damit er dort auch ankommt, wo er hin müsste, nämlich zu uns kleinen Lichtern auf dem steinigen Boden der Tatsachen.
Und was das ansich schöne aber doch sehr strapazierte Wörtchen „Kauflust“ angeht, halte ich es wie der Herr Valentin: „Mögen hätt’ ich schon wollen aber dürfen habe ich mich nicht getraut.“
Euch einen reichen Tag wünscht
moggadodde