Den heutigen Abend würde ich gern unter das Motto „Was Sie nie zu fragen wagten aber eigentlich auch nie wissen wollten“, stellen. Sehr viele Leute wollten hören, was Frau Roche aus ihrem Buch vorzulesen hat und auch den mir bis dato persönlich unbekannten aber wie erwartet sympathischen Herrn Biffo machte ich in der ersten Reihe aus.
„Feuchtgebiete“ heißt das Buch und eine direkte Benennung von möglicherweise für manche Menschen heiklen Bereichen ist man von Frau Roche gewöhnt, ja setzt man fast voraus. Ich finde es herzerfrischend, wenn komisch und gerne auch deutlich-deftig über sexuell dominierte Themen gesprochen wird und die Autorin betonte in der nachfolgenden Fragerunde ja auch, dass ihr Werk eigentlich ein Sachbuch hätte werden sollen, ein Plädoyer für die Akzeptanz der eigenen Weiblichkeit mit allen Haaren, Gerüchen und Geschmäckern an jedweden, sich findenden Körperstellen. Weil sie aber nicht oberlehrerhaft erscheinen wollte, so ihre Aussage, verpackte sie die Überzeugungsarbeit in die fiktive Geschichte um ein armes Mädel in der proktologischen Abteilung eines Krankenhauses, das aufgrund einer Analfissur und ausgedehnter, blumenkohlförmig nach außen sich stülpender Hämorrhoiden in Behandlung begeben muss. Hört sich komisch an? Isses aber nicht!
Eine Geschichte wird nicht dadurch besser, wenn man auf einer Seite möglichst oft die Worte „triefende Muschi“ verwendet! Wie man als Frau in der Badewanne zielgerichtet mit dem Duschkopf masturbiert weiß nicht nur ich seit frühester Jugend und auch die als Überraschung für eine sich anbahnende Fickbekanntschaft gedachte, im Schritt zerschnittene Unterhose ist keine ganz brandneue Materie. Die Idee, angetrocknetes Sperma unter den Fingernägeln zu bunkern und bei Bedarf als Kaubonbon zu verspeisen, verdeutlicht zwar den Grundgedanken, mit sämtlichen Körpersäften und intravaginalen Drüsensekreten so alltäglich umzugehen wie mit Bionade und Milchreis. Nur zu! Wenn ich aber ein Junge wäre, würde ich mir trotz der schwanzharten Diktion des Buches lieber die BUNTE zum Wichsen auf die Knie legen und für ein als Mädchen mit Hang zum dirty talking ist die Ausdrucksweise einfach zu plump. Mädels lieben nämlich nicht nur ihre Muschi sondern auch eine Ausgewogenheit bzw. wenigstens einen Wechsel zwischen Hardcore und Romanze.
Ohne Zweifel ist Charlotte Roche eine Frau, mit der ich gerne einen Kaffee trinken gehen würde, sie ist reizend, apart im Umgang mit fragenden Zuhörern, bestimmt ein prima Kumpel und jemand, dem frau als Freundin ohne mit der Wimper zu zucken seine Vagina zeigt und fragt: „Du sag mal, gehört das da so?“
Vielleicht waren die Passagen zu kurz, aber wenn die Stücke, die Frau Roche aus ihren Feuchtgebieten zu Gehör brachte, repräsentativ sind für das ganze Werk (und das sind sie nach ihrer Aussage) handelt es sich um einen im Kern absolut lobenswerten aber nach meiner Meinung nicht sehr geglückten Versuch, den weiblichen und zeitgenössischen Oswalt Kolle für weibliche Teenager zu geben mit dem selbstverständlichen Tenor: Liebe deine Muschi wie dich selbst!
Euch eine befriedigende Nacht wünscht
moggadodde