Einerseits finde ich es ja beruhigend, dass sogar verurteilte Kindermörder vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Gehör finden. Andererseits ist es aber für mich persönlich noch viel beruhigender, dass dort nicht jeder Kapriole eines selbstgefälligen Megalomanen und eines geltungssüchtigen Winkeladvokaten gefolgt wird.
Folter? Die Androhung von Gewalttätigkeit im Verhör bei Nichtpreisgabe des Verstecks des entführten Kindes bei bereits erdrückender Beweislage ist Folter? Für mich war das schon damals nur schwer zu begreifen und, ganz ehrlich, ich fühlte mit Kommissar Daschner, für dessen Tun unter Zeit- und Öffentlichkeitsdruck ich zwar im tiefsten Herzen keine Billigung aber dennoch großes Verständnis hatte. In einem Rechtsstaat ist Folter nicht tragbar aber in diesem Fall würde ich es nicht Folter sondern „Ermittlungstaktik“ nennen, denn ich glaube nicht, dass die Ermittler die Stromkabel ausgepackt hätten. Und alle, die aufschreien und den Niedergang des Rechtsstaates befürchten, weil einem Entführer und Mörder ein paar Backenschellen und eine Prise „Wahrheitsserum“ angedroht wurden, sollten einmal die Augen schließen und sich vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn das Kind, der Mann, der Bruder, die Frau oder die Schwester von einem psychotischen Mitbürger gekidnapped und vielleicht schon ermordet wurden.
Wolfgang Daschner ist für seine Art der Ermittlung abgestraft worden und Magnus Gäfgen ist für den langen Rest seines Lebens hinter Gittern und erfährt durch das Urteil des EGMR nicht noch weitere Genugtuung dafür, dass er „unfair“ behandelt wurde.
Das Leben ist leider selten fair und Gäfgen war es erst recht nicht. Also sollte er lieber ganz ruhig sein und dem Herrgott oder wem auch immer täglich auf Knien danken, dass er nicht in einem der zahlreichen Länder lebt, in dem die Androhung von Folter keine leere Versprechung ist.
Euch eine zufriedene Nacht wünscht
moggadodde
Du hast in allem recht. Man muss sich ja fragen, wer denn den Prozess vor dem EU-Gericht angestrengt hat?
Der Mörder weiß, dass er Mörder ist und nicht unter 15 Jahren (bzw. 2/3-Strafe also unter 10 Jahren) freigelassen wird. Dass ausgerechnet der Mörder in Europa klagt, das glaube ich ja nun mal gar nicht.
ABER seine Rechtsanwälte werden es tun. Und erst recht, wenn er mitmacht, dann versprechen sie ihm vielleicht einen Job in ihrer Praxis irgendwann (er war ja Jura-Student). Und werden deswegen auch noch berühmt. Das ist doch der Sinn vieler publikumswirksamer Klagen. Reklame auch hinterher: Unser Rechtsanwalt war der verurteilte soundso…
Noch sind wir kein Amerika. Und das zeigte das EU-Urteil. Und die EU ist stabil und gut. Vor wenigen Jahren gäbe es noch unterschiedliche Urteile in einzelnen EU-Ländern. In Irland wären Frauen, die fremdgehen, in staatlicher Autorität noch zu mittelalterlichen Strafen verurteilt worden.
Der Fall Gäfken ist auch ein EU-Fortschritt.
Es gibt Grund zur Hoffnung! Sage ich deutschlandfeindliche aber europafreundliche Sau :-))
PS: Ich verstehe deine Kommentarfunktion nicht mehr :-((
@ Georg: Och, ich denke, Herr Gäfgen weiß genau, was er tut und sein auch nicht publikumsscheuer Vertreter musste ihn sicher nicht zur Unterschrift auf die Vollmacht prügeln. Aber ich finde es auch wirklich beruhigend, dass es so gekommen ist.
Das mit der Kommentarfunktion sollte optimalerweise so funktionieren, dass du bei Klicken auf Text oder Name Veränderungen vornehmen kannst, wenn du mal meinst, Stuß geschrieben zu haben. Was geht denn nicht?
was ist ein Megalomanen ??
Apropos
Gibt es da nicht ein Gesetz, das es zuläßt eine Straftat zu begehen wenn dadurch größeres Übel vermieden wird??
Zum Beispiel kann man von einem Auto die Scheibe einschlagen wenn man sieht das inside ein Kind in der Sonne verschmort
Oder
Die Genmaisgegner verwüsten einen vom Gesetzgeber genehmigten Genmaisacker weil sie argumentieren dadurch wird größeres Unheil von der Menschheit ferngehalten usw
ich gebe dir in allem oben geschriebenen recht, schatzi!
@ biffo: ein megalomane ist ein grö0enwahnsinniger schwachmat. jüngstes beispiel neben gäfgen ist dieser mugabe aus simbabwe. stimmts, heidi?
größenwahnsinniger, natürlich.
Na, wenn ich das jetzt so im Nachhinein sehe, hat ja kommentartechnisch alles funktioniert, doch irgendwie konnte ich meinen gerade geschriebenen Kommentar nicht mehr sehen und hatte ihn zweimal verfasst. Hm, vielleicht liegt’s auch an meinem Browser…
Was Gäfgen betrifft: Neinnein, da hast du natürlich recht, vors EU-Gericht hat man ihn sicher nicht prügeln müssen. Was ich meine, die Idee dazu, die, glaube ich, stammt von seinen Anwälten und nicht von ihm.
@ biffo: Da wird bestimmt unterschieden zu unmittelbarer und offensichtlicher Gefahr für Leib und Leben, die mit einer einfachen Sachbeschädigung abgewendet werden kann.
Heuer hat man von derartigen Vorfällen ja gottseidank noch gar nichts gehört, im letzten Jahr war das doch dauernd in den Schlagzeilen …
Bei den Genmaisgegnern sieht das allerdings anders aus, glaube ich. Sie haben zumindest Sachbeschädigung begangen, weil der Anbau gesetzlich gedeckt war, auch wenn sie statt dessen unbehandelten Mais einsetzen wollten. Lt. Greenpeace ist in D nur 0,2 % der Maisanbaufläche mit Genmais bepflanzt, was aber immer noch 0,2 % zuviel sind. In F, A, P, H, CH und sogar in GR darf er gar nicht angebaut werden. Dort ist man offenbar schlauer als hierzulande.
@ markus: Mugabe ist zwar eine andere Baustelle, auch weil ich glaube, dass bei ihm die Machtbesessenheit im Vordergrund steht. Bei Gäfgen ging es doch nur um Geld, an das ihm zu kommen jedes Mittel recht war.
@ Georg: Deine Kommentare habe ich auch nur einmal, also ich glaube, an mir liegt’s nicht.
Egal, wer auf die Idee kam: Reue sieht für mich irgendwie anders aus.