Der Plan klang gut: Mit der Besatzung meine Mutter abholen, zu Tante Liza und Onkel Bruce in deren Trattoria, vortrefflich speisen und dann zeitig wieder in die Waagerechte auf die heimische Couch.
Aber Brüderchen stattete uns im Lokal noch einen kurzen Spontanbesuch ab, um vor der Weinparade mit zwei Silvanern vorzuglühen und hätte seine alte Schwester tatsächlich gerne dorthin mitgenommen. Später wäre dann noch Laby angesagt gewesen und notfalls Übernachtung auf des Brüderchens großer, roter Couch. Dem MamS brauchte ich mit der Idee gar nicht kommen, schließlich hatten wir auch Hank und Dixie im Schlepp sowie die Omma und so sehr es mich juckte, ich besann mich, stellte mein persönliches Amusement hinter die familiären Pflichten und blieb.
Die Tante genoss unsere Anwesenheit nämlich sichtlich. Ständig schleppte sie hochprozentige Preziosen aus dem Stiefelland an den Tisch und ehrlich gesagt, hatte ich schnell den Überblick verloren, wie viele Avernas und Fernets und Ramazottis heute den Weg in meinen Bauch gefunden haben, von den exzellenten Bardolinos ganz zu schweigen.
Dixie verabschiedete sich zeitig, um mit ihren „Leutz“ auf der gegenüberliegenden Mainseite noch eine Shisha zu feuern, der MamS fuhr zwischendurch meine erschöpfte Muddi nach Hause. Hank erhielt eine Barista-Ausbildung aus erster Hand vom sardischen Onkel Bruce, verdiente sich so ein Taschengeld mit Tischabräumen und Bierzapfen und war den ganzen Abend vollauf beschäftigt, während ich mit der Tante plaudern konnte, weil wegen der oben genannten Weinparade in der an der Peripherie gelegenen Örtlichkeit gästetechnisch nämlich mal wieder beinahe tote Hose herrschte.
Wir waren, mit Verlaub, bereits vollgefressen bis zum Anschlag, als die Tante gegen halb 12 ungefragt noch mit einem ausgezeichneten Zabaione-Dessert aufschlug, das zurückzugeben die Ehre der italienischen Köche beleidigt hätte, also stopften wir auch dieses noch in unsere mittlerweile zum Platzen gefüllten Innereien. Ich hörte rechtzeitig auf. Ein Löffel noch und ich hätte mir den Abend nochmals durch den Kopf gehen lassen müssen.
Mittlerweile waren Liza und Bruce ziemlich blau bereits nicht mehr wirklich fahrtauglich im straßenverkehrsordnungstechnischen Sinn und zum Dank für die ausgezeichnete Bewirtung und die herzliche Gesellschaft boten wir uns selbstverständlich für den Heimtransport an, das heißt natürlich, der MamS bot sich an obwohl ich selbstverständlich noch hätte fahren können aber nicht dürfen. So ketteten wir Gäste als Freundschaftsdienst noch rasch die Außenbestuhlung an und wankten zusammen zum nahen Parkplatz. Auf dem Weg dorthin ließ der mittlerweile matte Hank sein Giveaway-Tiramisu noch zweimal fallen, so dass es jetzt endgültig nur noch Matsch war, aber wir hatten trotzdem eine wirklich witzige Heimfahrt.
Im Nachhinein betrachtet bin ich froh darüber, mich nicht auf Brüderchens Weinparaden- und Laby-Tour eingelassen zu haben. Es war nämlich ein wirklich unterhaltsamer, kulinarisch hochwertiger und getränketechnisch abwechslungsreicher Abend, den ich zwar bereits jetzt um kurz nach 2.00 Uhr mit aufkeimendem Sodbrennen bezahle, dafür aber die restliche Nacht auf der eigenen Matratze verbringen kann. Nichts gegen des Brüderchens riesige, rote Couch, aber eigenes Bett ist Goldes wert, oder wie das heißt.
Euch eine kommode Nacht wünscht
moggadodde
Verwandtschaft mit Lokal ist doch was Feines! 🙂
@ Dead Pants: Vollkommen richtig!