Friesisch-derb

Als interessierter Tourist erkundige ich mich über nicht nur über Sehenswürdigkeiten im Zielgebiet, sondern informiere mich auch über Sitten, Gebräuche und Eigenarten der Einwohner, denn bekanntlich wird man z.B. in Thailand ja ruckzuck verknackt, wenn man auch nur einen lumpigen Kaugummi auf die Straße spuckt.

Besonders über leibliche Genüsse muss ich selbstverständlich im Bilde sein und da haben mich die Recherchen über die nordfriesischen Essensgewohnheiten ein wenig beunruhigt, was beim Frühstück schon anfängt. Ein Rundstück würde ich eher in einem Werkzeugkasten neben dem Flansch vermuten denn in einer Bäckerei und die Steigerung, ein „Rundstück warm“ ist hierzulande ein Bradenbrödle, was es offiziell eigentlich gar nicht gibt. Schnitzelbrödle oder Leberkäsweck ja, aber hier tut keiner eine Scheibe Braten in ein Brötchen und gießt Soße drüber! Das muss ja ein Gemampfe sein! Anders herum kommen sich das Nordlicht als solches aber bestimmt auch total dämlich vor, wenn es südlich des Weißwurschtäquators „Kipfli“ bestellen muss, weil die Servicekraft beim Backkettendiscounter nur pikiert blinzelt, wenn jemand ein „Rundstück“ von ihr verlangt. Glücklicherweise habe ich Garni gebucht und komme so um diese Verlegenheit herum.

Insgesamt scheinen die Nordfriesen, sicher aufgrund der Nähe zur unberechenbaren See ein eher hartgesottenes Volk zu sein, das Dinge verzehrt, die z.B. „Moppelkotze“ heißen, wobei die Bezeichnung „Eintopf mit nicht genau bestimmter Rezeptur“ ja streng genommen bedeutet, dass da auch Teppichflicken, Lackreste oder der Inhalt des Katzenklos verarbeitet wurden, weshalb ich den Teufel tun und das probieren werde. Phonetisch nicht viel besser ist die Aussicht auf „Jan im Sack“, wobei man vielleicht noch froh darüber sein sollte, dass es nicht „Jans Sack“ ist, der einem da vorgesetzt wird. Aber fix is nix, wie man hier sagt.

Ich finde bisher ja immer noch, wer so etwas wie Labskaus mag, ein Gericht das so aussieht, als hätte es den Stoffwechsel bereits einmal durchlaufen und ist durch eine Art Wiedergeburt wegen seines schlechten Karmas nochmal auf dem Essteller gelandet, der frisst auch kleine Kinder.
Wahrscheinlich halte ich dann doch lieber an irgendeinem Fisch fest und labe mich nach einem ausgiebigen Strandspaziergang noch an einer Toten Tante, was sich zwar auch unappetitlich anhört, aber wenn neben dem Kakao noch ein Schuss Formalin drin sein sollte, riecht man das ja.

Nachdem ich allerdings jetzt drei Tage hintereinander an meinem thailändischen Essen von Samstag rumnuckeln musste, weil ich beim Kochen verdrängt übersehen habe, dass der MamS als bekannter Vielfraß wegen Abwesenheit ausfällt, freue ich mich auf Abwechslung an der Viktualienfront. Vielleicht wage ich mich ja sogar an den Jan in seinem Sack heran, wenn ich ihn finde.

Euch eine mutige Nacht wünscht
moggadodde

Und dann war da noch …

… der elegant gekleidete, fremde Herr im Mittelalter am Buffet, der irgendwo zwischen Schokobrunnen und Sushi mit seinen angeblichen 20 Fremdsprachen protzte. Weil er Latein könnte, fiele ihm das Erlernen sämtlicher romanischer Sprachen spielend leicht, daneben beherrscht er neben einigen nordafrikanischen Sprachen auch Bantu und Suaheli. Auf Nachfrage konnte er jetzt zwar gerade leider keinen Satz auf Rumänisch, da müsste er sich erst wieder reinhören, aber zum Beweis seiner bemerkenswerten, sprachlichen Virtuosität zeigte er mir sein Uralt-Handy, das Spanisch eingestellt war. Nicht schlecht, Herr Specht! Soll das etwa Eindruck machen? Sowas kriegt ja Hank sogar hin! Aber nicht wissen, dass „Vitello“ Kalb und „Tonnato“ thunfischisiert heißt! So einer kommt mir ja gerade recht! Kein Arsch in der Hose aber La Paloma pfeifen, gell?
Ich weiß ja nicht, wo der das Anbaggern gelernt hat, aber ich schätze mal, er war in der Münchhausen-Schule. Und ich befürchte, ich bin unglaublich runtergekommen, wenn mich am Buffet schon solche Säcke anmachen wollen.
Sorry der Herr, aber um mich zu bescheißen, müssen Sie etwas früher aufstehen! Und auf Aufschneider kann ich ja generell gar nicht! Setzen! Sechs!

Euch eine ehrliche Nacht wünscht
moggadodde

Alles Neu!

Zugegeben, Bauchschmerzen hat mir die Gästeliste für die anstehende Geburtstagsfeier schon bereitet: Weil zwei Paare und dort insbesondere die Männer, vormals allerbeste Busenfreunde, sich vor einiger Zeit heillos zerstritten haben, stand ich vor der unangenehmen Frage, wie ich einladungstechnisch vorgehen soll.
Sollte ich beide Paare einladen und abwarten, wer kneift oder, wenn keiner kneift riskieren, dass die Streithähne im laufe des Abends zu Stimmungskillern werden oder in angeschickertem Zustand gar schlagkräftige Argumente austauschen? Sollte ich so tun, als wäre nichts und zusehen, wie die Leute mit zusammengekniffenen Lippen rumsitzen, weil jeder fürchtet, was Falsches zu sagen? Sollte ich von den Parteien gar niemanden einladen? Sollte ich zweimal feiern, wie es andere Bekannte zu ihren Geburtstagen handhaben, aufgrund der im dortigen Bekanntenkreis rasant gestiegenen Scheidungsquote?

Das Problem hat sich glücklicherweise von selbst erledigt, denn ich habe im Vorfeld bereits verkündet, heuer leiderleiderleider überhaupt nicht feiern zu können, weil direkt an meinem die SchwieMu zu ihrem 70. Geburtstag zum Brunch in ein feines Hotel lädt. Sorry Leute, aber ich wäre ja dumm, wenn ich mir sowas entgehen ließe! Nächstes Jahr wieder, gell?! Und ein Geschenk habt ihr euch ja so auch gespart, hahaha!

Eigentlich bin ich auch ganz froh, dass ich zum ersten mal seit vielen Jahren am Geburtstag nicht wie ein Chick on Speed durch die Gegend flitzen muss, sondern mich ganz entspannt und vornehm verpflegen lassen kann, ohne Einkaufen, Kochen, Bedienen, Bezahlen oder Abspülen zu müssen. Außerdem ist der MamS nicht da und selbst wenn er nicht die größte Stimmungskanone vor dem Herrn sein sollte, feiern macht ohne ihn auch nur halb soviel Spaß, ganz zu schweigen davon, dass er im After-Party-Saubermachen viel besser ist als ich.

Préludern Reinfeiern ist allein ziemlich öde, dachte ich und wollte mit David Sedaris einem netten Buch eigentlich zeitig ins Bett, habe aber die Rechnung ohne meine lieben Kinder gemacht, die sich die Gelegenheit für ein Gläschen um Mitternacht natürlich nicht entgehen lassen wollen. Mit Herrn Fox haben wir ein bisschen gesungen und ich bin bass erstaunt, dass beide die Texte drauf haben wie andere das Vaterunser, während ich mich mit beträchtlichen Lücken durch „Alles neu“ stammle, was ich jetzt mal nicht aufs Alter schiebe. Auf was ich es sonst schieben sollte, fällt mir aber gerade auch nicht ein. Scheiß Alzheimer!

Nun, da die Buddel aber schon offen ist, trinke ich einen großen Schluck auf euch und den MamS in der Fremde, auf Dixie und Hank, auf sämtliche Faschings-Alkoholleichen und die es noch werden wollen sowie alle, in dieser Nacht unabsichtlich gezeugten Kinder und ganz besonders auf den netten Staubsaugerfuzzi, der mir gestern einen neuen Schlauch vollkommen für lau überlassen hat, wofür möglicherweise mein unwiderstehlicher Charme plus eine ordentliche Portion Frauenbonus verantwortlich ist. Ach ja, und auf mich natürlich.
Vielleicht bleibt ja sogar noch ein Schluck fürs Sektfrühstück übrig … vielleicht!

Euch eine spritzige Nacht wünscht
moggadodde

Denn manchmal wissen sie doch, was sie tun

Gerade habe ich die Meldung über eine Italienerin gelesen, die einen 9jährigen erst angefahren hat und dann abgehauen ist. Kurz nach dem Vorfall kam sie zurück, um die Adresse des Buben zu erfahren und erschien später bei den Eltern, um 600 € für den Blechschaden zu kassieren. Natürlich wurde die Frau jetzt angezeigt und das „kleine Opfer“, wie er im Corriere genannt wird, erlitt Schleudertrauma und Prellungen.

Das erinnerte mich an einen Vorfall von dieser Woche: Ich wollte Dixie nach Schulschluss an der Bushalte aufpicken. Weil ich sie auf den ersten Blick nicht sah und nicht die Busbucht blockieren wollte, fuhr ich auf eine kleine Garagenzufahrt direkt hinter der Haltestelle. Ich war sehr, sehr langsam – überall wuselten schreiende Schüler herum und schubsten sich. Alle gingen einen Schritt zur Seite als ich dorthin rollte, alle bis auf zwei Milchbärte, die es vor meiner Motorhaube wohl ziemlich cool fanden und wie angewurzelt dort standen und mich anglotzten. Ich gestikulierte und hörte die anderen „Was will die denn da?“ rufen und unter anderen Nettigkeiten auch das Wort mit „F“ am Anfang und „otze“ am Ende. Natürlich musste ich an mich halten, um nicht auch ein bisschen ausfällig zu werden aber ich wartete einfach, bis den beiden das Spiel zu blöd war und sie mich passieren ließen.
Ich guckte mich um, fand Dixie nicht, drehte und wollte wieder ausfahren. Schon wieder standen zwei Kerle im Weg. Ob es dieselben Bürschchen waren, weiß ich nicht. Die Biester sehen mit ihren schwarzen Kapuzenjacken ja alle gleich aus. Ungerührt und angewurzelt standen sie mit dem Rücken zu mir vor dem Auto, die Hände tief in den Jacken. Feixend und grölend standen die Kumpels an der Seite und ich rollte an die beiden heran. Mein Herz klopfte bis zum Hals und ich musste mich wirklich schwer zusammenreißen um nicht auszusteigen und den Typen den Marsch zu blasen aber viel lieber, das gestehe ich hier, hätte ich meinen rechten Fuß ein bisschen aufs Gas getippt, um den beiden kessen Evolutionsbremsen in die Hacken zu fahren.
Natürlich macht man sowas nicht. Ich hatte einen guten Tag gehabt und Hank plus Schamhaar-Addi im Auto. Außerdem waren die Kerle in der Überzahl. Ein falsches Wort und die hätten mir das Auto verbeult oder ein Messer gezogen oder was man als Gangsta halt so macht, wenn man gefrustet ist und eine Bitch mit vorlauter Klappe vor sich hat. So wartete ich wieder, bis ihnen langweilig wurde und sie unter bewunderndem Johlen ihrer Kumpels in mehr als schneckösem Tempo Platz machten.

Ich will die Italienerin beileibe nicht in Schutz nehmen – aber spontane Pauschalverurteilungen mag ich auch nicht. Vielleicht hatte sie einen wirklich beschissenen Tag an der Supermarktkasse oder am Fließband und dann kommt vielleicht noch so ein rotzfrecher Blödbengel daher, der sie „puttana“ schimpft und bis auf die Knochen provoziert. Manchen Leuten sind schon für weniger die Sicherungen durchgebrannt. Davon ist zwar nichts zu lesen in den Zeitungen und die Eltern dann auch noch wegen Schadensersatz anzugehen ist natürlich ebenfalls ziemlich dreist.
Nichts liegt mir ferner als die Schuld auf das Kind zu schieben und die Frau muss bestraft werden, soviel ist hoffentlich klar. Sogar ich weiß, dass man auch in Rage niemanden anfährt, egal ob Kind oder nicht. Aber wenn der Vorfall so abgelaufen ist, wie ich ihn mir nach meinem Erlebnis von letzter Woche eben auch vorstellen könnte, kann ich die Tat zwar auch nicht entschuldigen aber zumindest ein klitzekleines bisschen nachfühlen. Respekt ist eben keine Einbahnstraße.

Einen verständigen Tag wünscht
moggadodde