Bunt statt grau!

Der meist gehasste Satz des Tages lautet für mich ohne Zweifel „Ab Donnerstag spürbar kälter“. Wie bitte? „Spürbar kälter“? Ich meine, seit Wochen hoffe ich darauf, dass sich die Sonne ihren rechtmäßigen Platz an einem unbewölkten Himmel erobert, meine geschundene Winterseele mit ihren wärmenden Strahlen aufpäppelt und mich endlich dazu bringt, die Heizung abzudrehen! Ich gehe immer noch mit zwei dampfenden Dinkelkissen ins Bett und bereue, am ersten, einigermaßen schönen Tag vor zwei Wochen (!) leichtsinnigerweise die Federdecken eingemottet zu haben. Dieser Winter geht mir auf die Nerven wie selten ein Winter in meinem langen Leben zuvor und die dauernd dräuenden Regenwolken legen sich schwer auf mein Gemüt wie pappiger Honig auf eine Seidenbluse.

Wenn ich aus dem Fenster schaue, ist alles trostlos trist und der einsame goldgelbe Krokus, der sich vorgestern aus der dunklen Erde gewagt hat, ist auch schon abgefressen oder, wahrscheinlicher, abgefault und ein einziges Bild des Jammers.

Farben, ich will Farben! Und damit meine ich definitiv nicht Grau oder Braun sondern sowas:

Farbe! Ich will Farbe!

Los, Petrus, alter Sandalenheini, gib Gas! Spätestens nächste Woche will ich hier Sonne und Bunt sehen, sonst … sonst … ach, nix sonst. Schade, dass man so einem unfähigen Wetterheiligen nicht kündigen kann. Ich persönlich würde ihn ja eher heute als morgen in die Wüste schicken und statt dessen Bob Marley als Nachfolger einsetzen. Bob Marley hätte jedenfalls nie zugelassen, dass dieser Winter sich so lange hinzieht …

Euch einen bunten Tag wünscht
moggadodde

Systemfehler?

Bei Pelzig in der Sendung war gestern Reiner Calmund zu Gast. Der umfangreiche Leverkusen-Pate gab sich gewohnt souverän. Trotz seiner nicht gerade gazelligen 137 kg Lebendgewicht beabsichtigt er, demnächst an einem Halbmarathon teilzunehmen und in der Schwertransporterklasse irgendwann zwischen zweieinhalb und vier Stunden im Ziel anzukommen um zu beweisen, dass auch ein fülliger Mensch in der Lage ist, sportliche Höchst Leistungen abzurufen, wenn der beleibte Besitzer es so will.
Calli Calmund ist ja eigentlich ein ganz Netter. Zielstrebig aber windelweich. Knallhart aber gütig. Wie ein spärlich behaarter Teddy thront er im recht eng bemessenen Studiosessel, faltet Finger, die aussehen wie kleine Weißwürste über seiner massiven (O-Ton Calli) Wampe und gibt wirklich sympathische Weisheiten von sich. Ich mag Herrn Calmund wegen seines gemütlich anmutenden Umfangs und seiner Lebenslust und wegen der Diskrepanz seiner äußerlichen Erscheinung, die beträchtliches Phlegma suggeriert und seiner trotzdem latent erkennbaren, kribbeligen Unruhe, die den Inbegriff von grenzenlosem Tatendrang darstellt.
Nun hat Herr Calli im Laufe des interessanten Gesprächs verlauten lassen, dass er trotz seiner fünf bereits geborenen Ableger gerne eine kleine NiCa-Batterie mit seiner wasweißichwievielten Frau am Start sehen möchte und diesbezüglich bereits tüchtig im Training steht. Die Zuschauer waren hingerissen ob so viel Tatkraft und Reproduktionswillen und auch über die Qualität der calliesken Spermien wurde seitens des Trägers referiert, aber in dieser Passage musste ich leider aufs Klo.
Jedenfalls dachte ich auf der Keramik sitzend darüber nach, dass in die Jahre gekommene Frauen mit eben demselben Begehr behandelt werden wie übergeschnappte Freaks mit Gebärfetisch, während Männer, die mit 60 Lenzen auf dem breiten Buckel die Frucht ihrer Lenden auf den Familienflokati spucken sehen möchten, als tolle Hechte mit Alte-Herren-Vervielfältigungsbonus angesehen werden. Ich hätte gerne das Publikum sehen wollen, wenn auf dem Sessel eine 60jährige Schauspielerin, Bankangestellte oder einfach nur Hausfrau gesessen wäre, die ihren Wunsch nach einem späten Baby kundgetan hätte. Ein befremdetes Raunen und pikierte Blicke wären durch die Zuschauermenge gegangen, nach dem Motto „Was will die in ihrem Alter denn noch mit einem Baby?“, da bin ich mir sicher.

Gut, die Natur hat es so arrangiert, dass für Frauen schon ab Anfang 60 der Fruchtbarkeitszug an der Endstation angekommen ist, während Methusalem-Männer noch mit Ende 70 inmitten ihrer Fertilitätsblüte stehen können. Charlie Chaplin war 73, als er zum letzten mal Vater wurde und Les Colley, der älteste bekannte Papi on earth war gerade süße 93 bei der Geburt seines Sohnes Osvald bevor seine vormals aktiven Samenstränge wegen akuten Ablebens im Alter von 100 Jahren die Produktion zwangsweise einstellen mussten.

Nun wird Kindern später Väter nach neuesten Studien eine etwas verminderte Intelligenz attestiert, während ältere Mütter schlaueren Nachwuchs produzieren sollen und nun frage ich Mutti Natur natürlich, warum sie Frauen ab 60 unfruchtbar werden lässt, wo diese doch clevere Kinder gebären könnten, während sich Männer noch im hohen Alter fortpflanzen können mit dem Risiko, weniger begabte Babys zu zeugen!
Hat die Schöpfung da nicht irgendwie geschlampt?

Ich vermute, zum Ausgleich dieses Lapsus wurde es so eingerichtet, dass ältere und beileibe nicht nur prominente Herren sich instinktiv gerne der Gesellschaft jüngerer und gebärfähiger Damen versichern, damit das eventuelle Begabtheitsdefizit der Leibesfrucht durch das genetische Ober- im mütterlichen Fruchtwasser wieder ausgeglichen wird. Trotzdem fände ich es andersherum gerechter: Frauen kriegen keine Wechseljahre, sondern schlaue Kinder bis ins fortgeschrittene Alter (sofern sie das wollen), während Männer halt ab einem bestimmten Alter einfach mit Platzpatronen operieren.

Nunja, ich hatte ja bei der Genesis bekanntlich leider nicht großartig mitzureden, trotzdem hätte ich so manches bestimmt anders gemacht. Dem Herrn Calmund wünsche ich aber natürlich trotzdem viel Erfolg bei seinem Babyplan. Haunei, Calli!

Euch einen fruchtbaren Tag wünscht
moggadodde

Mein Seh-Nerv ist im Urlaub

Zu den größten Annehmlichkeiten meines vorübergehenden Strohwitwenstatus‘ gehört zweifelsfrei die Alleinherrschaft über die Fernbedienung. Nicht, dass wir über der Auswahl des Abendprogramms regelmäßig in Streit verfielen, das nicht. Kommt irgendwas mit Fußball, gucken wir Fußball. Ich habe damit kein Problem, weil ich tolerant und ja auch selbst dann und wann ein bisschen am Gebolze interessiert bin.
Andersherum ist es um die Toleranz allerdings nicht ganz so gut bestellt. Zugegeben, fernsehunterhaltungstechnisch bin ich manchmal eher einfach gestrickt. Zwischendurch sehe ich gerne mal einer fülligen Blondine beim Umkrempeln von fremden Häusern zu oder bin Zeugin, wenn zwei Frauen Haus, Herd und Mann tauschen und sich beim Abschlusstreffen auf neutralem Boden gegenseitig an die Gurgel gehen.
Bei solchen Gelegenheiten sinkt beim MamS die Schmollschwelle schneller als mein Kontostand. Pikiert wohnt er vielleicht noch den ersten 10 Sendeminuten bei, dann grummelt er in seinen nicht vorhandenen Bart etwas, das sich wie „So ein Scheiß“ oder „Blödsinnssendung für Bildungsblinde“ anhört, verzieht sich demonstrativ ins Bett oder packt den Lappen und geht in die Garage, um beleidigt ein bisschen am Auto herumzuwischen.
Tja und ich dumme Nuss, ich sitze allein mit der fülligen Blondine oder den getauschten Frauen und fühle mich plötzlich schlecht, weil ich den MamS vertrieben habe und, schlimmer noch, anscheinend ein degenerierter Unterschichtenenfernsehkonsument bin. Weil ich allerdings nicht ausschließlich Trash-TV-Victim bin sondern auch Will, Weltspiegel und arte sehe, bin ich nicht sehr beunruhigt über meine visuellen Ausrutscher und dass ich diesen Mario Barth nur mit desaströs erhöhtem Promillespiegel lustig finde, spricht ja auch für mich. Schließlich meckere ich auch nicht, wenn der MamS das Paarungsverhalten von Wapitis oder die Fütterungrituale bei Weißschwanzgnus in diversen Zoo-Soaps goutiert, die er wiederum gerne mag. Sowas ist ja auch nicht gerade der Zeitvertreib der geistigen Elite Deutschlands, aber ich halte meine Klappe und lasse ihn einnicken, während ein Tierpfleger einer Elefantenkuh mit Hormonüberschuss mit einem sensenähnlichen Messer die hornigen Füße pedikürt.

Deshalb genieße ich es über alle Maßen, zwei Stunden die Eisheidi-Show mit Clownsgesicht Peyman und diesem komischen Rolf Dingsbums zu beobachten, wie sie zuckersüß, unbarmherzig und bootcampähnlich die künftigen Topfmodels umkrempeln und genieße gemeinerweise auch, dass die hochmütig-blasierte Tussi Tessa den Effenberg auspackt und konsequenterweise mit ihrem ganzen, übersteigerten Selbstbewusstsein im Gepäck die Heimreise antreten darf, ohne dass jemand neben mir meckert, meutert oder missgelaunt die Biege macht.

Noch eine ganze Woche bin ich hier die Chefin im Ring und ich muss sagen, es reicht dann auch wieder mal mit dem Strohwitwendasein. Die Alleinherrschaft über alles zu haben und niemanden in Reichweite, mit dem man sich auf ähnlichem Niveau ein wenig kippeln, frotzeln, Spaß machen oder sich streiten kann, ist auf Dauer ziemlich langweilig. Ganz nebenbei müsste hier mal wieder richtig durchgeputzt werden, wie nur der MamS das perfekt kann.
Am Samstag werde ich aber nochmals in voller Länge DSDS genießen, stundenlang, ganz in Ruhe und ohne Quengelei, denn ohne den Zweiten sehe ich eindeutig besser.

Euch eine ungetrübte Nacht wünscht
moggadodde

Vielleicht …

… hätte ich gestern nicht bis um viertel eins am Computer sitzen sollen. Vielleicht hätte ich danach nicht lesen sollen, insbesondere nichts Aufwühlendes, das mich um dreiviertel eins ums Verrecken nicht einschlafen und in dann doch endlich unruhig von einem Killerkrankenhaus träumen lässt. Vielleicht hätte ich das klopfende Blödhammel-Karnickel vor dem Schlafzimmer um halb vier einfach vierteilen sollen. Vielleicht blinzelte ich dann jetzt nicht mit müden Schweinsäuglein in die Gegend und vielleicht fühlte mich dann nicht, als hätte mich ein Bus überrollt. Vielleicht hat ja die Kollegin, die Abschied feiert, ein paar wake-upper auf dem Buffett.
Vielleicht gehe ich heute auch einfach mal eher ins Bett.

Euch einen aufgeweckten Tag wünscht
moggadodde

Odyssee am Montag

Früher war alles ganz einfach: Alle Naselang gab es ein Amt mit dem gelben Posthorn, wo man Briefe und Päckchen loswerden konnte. Dort gab es grimmig dreinschauende Beamte, die schneckenpostlangsam in einer heiligen Seelenruhe mit einem Gummiüberzieher auf dem Daumen die rekordverdächtigen Menschenschlangen vor ihren sicherheitsverglasten Schaltern abarbeiteten und so hochnäsig taten, als verrichteten sie eine für die nationale Sicherheit unverzichtbare Tätigkeit.

Heute ist das ganz anders: E-Mail und SMS haben der Post längst den Rang abgelaufen. Das reine Postamt gibt es kaum mehr und jetzt muss die Wurstwarenverkäuferin in der Stadt zwischen Lyoner und Leberkäse auch Briefmarken und Versandkartonagen verkaufen. Es gibt aber doch auch noch ein paar Angelegenheiten, die lassen sich nicht per Mail oder SMS erledigen, Dixies Bewerbungen beispielsweise. Für solche Sachen ist man auf die blöde Post immer noch angewiesen.
Hier auf dem Land ist das aber alles, vor allem an einem stinknormalen Montag, noch einen Zacken schwieriger. Die örtliche, ohnehin nur stundenweise geöffnete Postannahmestelle hat schon vor zwei Jahren dicht gemacht, im Nachbarort gibt es so etwas noch, wo man unheimlich kundenfreundlich dreimal in der Woche zwischen 8 und 9 Uhr morgens seine Post loswerden darf. Kopieren kann man dort aber auch nicht und die Bäckerei, in der man auch kopieren kann, ist montags ab 14.00 Uhr geschlossen. Das Schreibwarengeschäft im übernächsten Ort, in dem ich ein paar Plastikmappen kaufen wollte, ist schon ab 12.00 Uhr für den Rest des Montags verrammelt. Haben die alle am Wochenende so hemmungslos auf die Klötze gehauen, dass sie ihre Läden mittags schon zumachen müssen?

Ich bin jetzt gerade über 25 Kilometer unterwegs gewesen, um mal schnell zwanzig Kopien zu machen, noch ein paar Bewerbungsmappen zu besorgen und eine Post zu finden, in der ich den Krempel auch nach 15.00 Uhr loswerden kann.
Langsam glaube ich, dass es an diesem Montagnachmittag auf dem Land leichter gewesen wäre, eine Wagenladung Marihuana zu kriegen.

Euch einen kundenfreundlichen Abend wünscht
moggadodde