Schon immer und in allen Zweigen des Berufslebens hat die hohe Kunst des Selfmarketing eine große Rolle gespielt und sich und seine Arbeitskraft in einem Vorstellungsgespräch feil zu bieten, ist auch nur eine andere Art sich zu prostituieren, „Analogprostitution“ sozusagen. In diesem Zusammenhang gewinnt die Floskel „er/sie weiß sich gut zu verkaufen“ eine doppelbeckenbödige Bedeutung.
Das ahnte ich schon, als ich selbst einmal in einem meiner Vorstellungsgespräche einem Personalleiter mit geöffnetem Hosenstall gegenüber saß und ich mich in der Zwickmühle befand, ob ich ihn wohl auf die weitere offene Stelle in seinem Unternehmen hinweisen sollte. An den nur mühsam unterdrückten Zwang, dem Mann, der dem aktuellen Christian Anders wie aus dem Gesicht geschnitten war, dauernd auf den Schritt zu schielen, kann ich mich aber noch gut entsinnen. Möglicherweise war das damals auch nur eine Art geschickter Test, wie die Bewerberinnen mit verhärteten Arbeitsbedingungen umgehen können, vielleicht hat er’s aber auch einfach nur vergessen, obschon ich hoffte, er hätte sich nach dem letzten Besuch auf der Keramik nur wenigstens die Hände gewaschen.
Dixie hat eben ohne solch peinliche Zwischenfälle das erste Bewerbungsgespräch ihres Lebens hinter sich gebracht, „voll gechillt“ sei es gewesen mit dem Resultat immerhin keiner sofortigen Absage, sondern dem Wunsch, auch uns kennen zu lernen – ein schwebendes Verfahren also.
Nun ist es ja durchaus nicht so, dass im Dunstkreis der Juristerei mit güldenen Löffeln geschmissen würde, zumindest nicht beim Personal. Dafür, dass man im keiner Tarifordnung unterworfenen Anwaltsbüro in der Regel mit Arbeit bis zur Halskrause zugeschissen wird und als Dank dafür an der Armutsgrenze knabbert, kann dieser richtig schöne Beruf allerdings nix, zugegeben.
Der unter Juristen geflügelte Leitsatz in der Überschrift bedeutet eigentlich, dass man es tunlichst vermeiden sollte, ohne Vorschuss tätig zu werden. Ich münze den Satz aber aus Erfahrung eher dahin um, dass man schon einen ziemlichen Schuss Ideologieüberschuss haben muss, um in dieser Branche auf der Fußvolkebene sein berufliches Glück zu suchen. Aber nachdem die fetten Jahre überall vorbei sind, spielt das jetzt auch keine Rolle mehr. Die Erbse in der Hand ist schließlich immer noch besser als das Hendl auf dem Dach; außerdem hat sie ja noch ein paar andere Dinger am Laufen.
Die oben erwähnte, offene Stelle habe ich seinerzeit übrigens so oder so nicht besetzt. Mit dem Christian Anders-Double und der offenen Hose wäre mein Zug sowieso nach nirgendwo gegangen – bad vibes halt. Naja, Schwamm drüber.
Euch einen chilligen Abend wünscht
moggadodde
[…] Das Motto der letzten Wochen lautet deshalb: Ein neuer Job muss her. Aus eigener, langjähriger Erfahrung weiß ich, dass viele Arbeitgeber im allgemeinen und hier Anwälte als Arbeitgeber im Besonderen […]