Tag X minus 7

Auf massiven Druck sowohl Angehöriger und Ärzte als auch des Knotens auf meinen Luftversorgungsschacht wird es mir in einer Woche endlich an den Kragen gehen. Schmetterlinge im Bauch sind in der Prosa geflügelte Begleiter. Die schmetterlingsförmige Drüse im Hals dagegen taugt, ganz besonders vergrößert, nicht zur leichten Unterhaltung.

Zur OP-Vorbereitung fand ich mich deshalb heute beim Dottore zu einigen Tests ein. Dass aufgrund meiner offenbar recht reichhaltigen Bodylotion die EKG-Stöpsel nicht auf der Haut haften wollten, fand ich noch witzig, ebenso die übliche, verzweifelte Suche der MTA nach einer ergiebigen Vene. Weil sich bei meinem Leibarzt die Toilette am einen und das Labor am anderen Ende der Praxis befindet, musste ich meinen Pinkelprobenbecher quer durch die engen Reihen anderer Patienten lavieren, peinlich darauf bedacht, nicht über ein ausgestrecktes Bein zu segeln. Gleichzeitig umklammerte ich den Becher mit beiden Händen: Ich finde, die Farbe meiner Körperflüssigkeiten geht niemanden etwas an.

Bei der anschließenden Stimmbandprüfung schob mir der Untersucher eine Stange in den Schlund, während er sich mit eisernem Griff wie ein Ertrinkender so lange an meine ohnehin nicht mit Länge gesegnete Zunge klammerte, bis ich endlich ein „iiiii“ herausknörte, das den miesepetrigen Dottore zufriedenzustellen schien. Ein wenig mehr Gestocher noch und mein Würgereiz hätte sich auf des Doktors Kittel Bahn gebrochen, soviel ist sicher.

Am Freitag stehen Aufklärungsgespräche mit Anästhesist und Chirurgen an, in deren Verlauf ich mit Risiken und Nebenwirkungen vertraut gemacht werde. Es gibt eigentlich nichts, das ich in Bezug auf diesen Eingriff noch nicht weiß.
Eine Unterschrift unter die Auflistung möglicher Komplikationen setzen zu müssen kommt mir allerdings so vor, als unterschriebe ich einen Kaufvertrag und verzichte dabei auf jegliches Reklamationsrecht, auch wenn die Ware nur unbrauchbarer Schrott ist: „Hier! Sie haben unterschrieben und wussten von dem Risiko, dass Sie den Rest Ihres Lebens krächzend wie der Rabe Abraxas bestreiten könnten!“ oder „Dass der Operateur vorher frisches Brot gegessen, deshalb einen Schluckauf bekommen und mit einem Schnitt ihre Stimmlippen zum Schweigen gebracht hat, konnte niemand voraussehen, aber Ihre Kinder werden dankbar sein, glauben Sie mir!“

Bis es also soweit ist, lenke ich mich ab mit nützlichen Gedanken wie der Überlegung, ob ich mir das Geld für einen Friseurbesuch vor der OP sparen sollte, dass ich aber, falls mich meine Leute bei nicht überlebtem Eingriff aufbahren lassen wollen, so wenigstens eine hübsche Leiche abgebe.
Galgenhumor ist für mich schon immer die beste Art Stressbewältigung gewesen.

Euch einen makabren Tag wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

13 commenti su “Tag X minus 7

  1. Creech sagt:

    Sollte es Dich bei der Operation danieder raffen, schreibst Du dann hier, wann und wo die Beerdigung gefeiert wird? Will ja auf dem laufenden bleiben… und vielleicht ne Karte schicken. Und ja, beim Aufklappen laufen dann de Höhner aus nem blechernen Lautsprecher.

    • moggadodde sagt:

      Sicher wirst du informiert, die Aussicht auf Freibier wird die Zahl der Trauergäste in ungeahnte Höhen treiben und es ist schade, dass ich bei der Hofbrüh keine Prozente mehr bekomme. Das kommt meine Leute ziemlich teuer.
      Wenn ich nur einen Höhner-Viecher-Ton im weitesten Rahmen um meine Beerdigung höre, komme ich persönlich aus der Hölle und haue dir Boxen, Karte, Blumen, whatever, um die Ohren. Ich will weiße Lilien, George Michael und ordentlich Geheule.

  2. Georg sagt:

    Also, erst mal: Sterben wirst du nicht! Punkt.
    Schlimm wird es aber sicher alles sein, gar keine Frage.

    Ich träume von dir (nicht jugendfrei) – bedenke bitte immer, du bist nie allein!

    • moggadodde sagt:

      Zu wissen, sich in jemand anderes Traum zu befinden, ist seltsam beruhigend und beunruhigend zugleich.
      Bestimmt wird es schlimm, auch wenn jeder versichert: sooooo schlimm ist es gar nicht. Ich gehe mal lieber vom worst case aus und bin dann positiv überrascht.
      Ach, nochmal zu den Träumen: Bitte keine Spiele mit Plastiktüten oder so, gell? Da könnte mir ganz schnell übel werden!

  3. Mephisto sagt:

    So schlimm kann es gar nicht werden. Im schlechtesten Fall wachst du zwar nicht mehr auf, da du das dann aber nicht mitbekommst, wird du damit auch gut leben können – bzw. gerade nicht.

    Eine leicht geänderte Stimme bietet vielleicht Potential für die Bühne und die Vorstellung, mit einer röhrigen Stimme tausende halbnackte Männer in deinem bevorzugten Alter direkt vor der Bühne mit Transparenten, auf denen sie ihre Handynummer geschrieben haben, stehen zu sehen, ist doch so schlecht auch nicht.

    Wahrscheinlich wachst du aber einfach nur mit einem Zwicken auf, dass nach ein paar Tagen auch wieder verschwunden ist…

    • moggadodde sagt:

      Öhhhh, mit einer ähnlichen „Sing“stimme fiele mir nur Gianna Nannini ein und, äh, ohweia. Die Vorstellung mit den transparentbewehrten Groupies (wie ist der Singular eines männlichen Groupies, Groupo?) ist aber in der Tat so schlecht nicht. Solange da nicht schriftlich irgendwelche Kinderwünsche angemeldet werden, sollte mir das Recht sein.
      Besser aber ich schulte auf Pantomimin mit Spezialisierung auf Körpersprache um, stellte mich in die Fußgängerzone und würde berühmter als Samy Molcho.
      O.k. – die Gianna-Vorstellung ist besser.

  4. barbara sagt:

    ich kraechye seit 2 Jahren und traue mich nicht yur Untersuchung und bin gespannt, was du berichtest.

    Ich drueck dich und werde an dich denken.

    meine Tastatur spinnt!

    • moggadodde sagt:

      Sei versichert, dass ich genau berichten werde, Frau Kollegin. Herzlichen Dank!
      Solange nur deine Tastatur spinnt … und es hat ganz schön gedauert, bis ich wusste, was „kraechye“ bedeuten soll ;-D

  5. barbara sagt:

    dann warst du ja etwas abgelenkt 😉

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