Von den rund 320 Übertragungsstunden von der Olympiade aus Vancouver habe ich nicht nur wegen der Zeitverschiebung nur einen Bruchteil gesehen: Ski-Cross hat was von James Bond, beim Biathlon kommen meine Augen ausnahmsweise mit und wenn beim Curling an überdimensionale Bettpfannen mahnende Steine über Eis geschoben werden, schalte ich halt einfach um.
Als ziemlich unsportliche Person habe ich große Achtung vor den Leistungen der Athleten und solange noch niemand Blutbeutel in Papierkörben gefunden hat, glaube ich auch daran, dass keine unerlaubten Mittelchen beim Erzielen großer Leistungen im Spiel waren. Nennt mich blauäugig, aber ich nun einmal eher der philantrope Typ, der so lange an das Gute glaubt, bis er vom Gegenteil überzeugt wird und auf der Enttäuschungsstrichliste wieder bei Null anfangen kann.
Ich bin beeindruckt davon, was z.B. so ein zierlicher Neuner-Körper zu leisten vermag. Ist es nicht auch beachtlich, dass sich schon verspottete Skispringer selbst aus den Tiefen des Abgeschriebenseins holen können, obwohl sie so hungerhakig anzusehen sind, als hätten sie ihre letzte feste Mahlzeit im letzten Jahr gehabt?
Respekt haben sie alle verdient, die sie sich überhaupt für dieses Weltsportereignis qualifizieren konnten und mit der festen Hoffnung auf einen Medaillengewinn angetreten sind. Alle haben sich viel vorgenommen und wenn sich das Training, der Verzicht, die Knochenmühle rentierten und mit einer Medaille belohnt wurden, ist das sicher das Höchste für einen Sportler.
Mit eben jenem Respekt nun nehmen es einige Reporterhyänen wohl nicht so genau. Einer Magdalena Neuner, die für ihre Leistung schon mit drei Medaillen geehrt wurde, wahlweise Egoismus und Unkameradschaftlichkeit vorzuwerfen oder einfach ein Burn-Out-Syndrom zu unterstellen, weil sie bei der Biathlon-Staffel nicht mehr antreten möchte, ist nur ein Beispiel von vielen, wie sehr sich um der Provokanz der Fragen willen Sportreporter im Ton vergreifen. Es ist Frau Neuners Sache, wenn sie nicht mehr in der Staffel antritt und sie wird ihre Gründe haben, die sie mit den Kolleginnen und dem Trainer abgesprochen hat. Punkt. Und dann stellt sich ein René Kindermann nach dem Lauf spürbar enttäuscht vor die Kamera und fragt den sichtlich irritierten Gesprächspartner, ob er denn glaube, dass es mit Frau Neuner in der Staffel nicht „Gold“ geworden wäre. Das, wohlgemerkt, obwohl die deutsche Staffel es auf einen Bronzeplatz geschafft hat und während des Laufs von einem anderen Reporter dieses Thema schon sehr ausführlich und merklich differenzierter behandelt wurde. Wenn es interaktives Fernsehen gäbe, hätte ich Herrn Kindermann für diesen Auftritt gestern ein paar saftige Pfund Watschen verpasst. Aber er ist ja beileibe nicht der einzige verbale Fehlschuss.
Auch in der Presse finden sich diese Aasgeier, die wohl meinen, dass die Athleten deutsches Volkseigentum sind, die gefälligst zu funktionieren haben und die zu allem Überfluss bemängeln, dass Deutschland im Medaillenspiegel hinter die USA zurück gefallen sind! Hallo? Schon mal nachgedacht? In den USA leben 3,6 x mehr Menschen als in Deutschland und selbst mit meinen beschränkten Rechenkenntnissen ist mir klar, dass die pro-Kopf-Ausbeute an Medaillen besser ausfällt, selbst wenn man die Hälfte der verfetteten Ami-Bevölkerung ausklammert!
Also, Ihr gewissen Sportreporterhyänen: Die deutschen Athleten haben bisher schon richtig viel erreicht und es ist einfach, von der bequemen Schreiberlingenwarte aus den olympischen Gedanken „Dabei sein ist alles“ nur auf Eure Spesen und Reisekosten zu beziehen und alle deutschen Sportler mit Schmackes in den Hintern zu treten. Ich würde euch ja gern zum Schämen in den Keller schicken: Vielleicht lernt ihr dort, vor Leistungen anderer Menschen Respekt zu haben, zumindest aber muss ich dieses dumme Geschwafel dann nicht mehr ertragen.
Einen respektvollen Abend wünscht
moggadodde