„Boah, die sind ja alle ganz schön alt hier!“, war die Reaktion von SchwäSu. am Freitag, als wir das Colos-Saal im Herzen von Aschaffenburg enterten, um Paul Carrack ein bisschen bei der Arbeit zuzuschauen. Aber sie hatte schon Recht: Die anderen Besucher waren alle in unserem Alter.
Bevor der Meister selbst die Bühne enterte, würde Mr. Kieran Goss das Aufwärmprogramm bieten. Kieran wer? Nie gehört! Zugegeben, für die irische Songwriterszene hatte ich mich bislang auch eher weniger interessiert. Ein Mann, nur mit einer Gitarre im Anschlag, der in seiner Heimat Irland wohl musikalisch eine ziemlich große Nummer ist, hierzulande aber bestenfalls als Geheimtipp gilt, betrat die Bühne. Zwischen eingängigen Balladen, die er mit samtener Stimme vortrug, plauderte er munter drauflos (dank zweier Jahre als Straßenmusikant in Köln in sehr gutem Deutsch), erzählte zwischen den Stücken sehr sympathisch kleine Anekdoten und von seiner Kindheit inmitten von 14 Geschwistern.
Normalerweise bin ich ja eher Fan von deftigeren Klängen. An einem verregnetkalten Sonntagnachmittag, wenn ich es mir einem Kaffeetscherl und einer Packung Prinzenrolle ein paar Keksen auf dem Sofa bequem mache, darf es aber auch gerne mal was ganz Ruhiges sein und da dürfte Kieran Goss mit seiner angenehm sanften Stimme ein passender, musikalischer Couchgenosse sein. Sehr sympathisch, der Mann!
Ach, Paul Carrack kam dann ja auch noch. Routiniert und perfekt assistiert von seinen sieben Begleitern spulte er seinen Auftritt ab. Mr. Carrack scheint kein Freund großer Worte zu sein: Seine Begrüßung fiel relativ sparsam aus: Deutschland habe ja sein Spiel verloren, die Engländer seien aber auch nicht besser, haha, schön wieder hier zu sein. Die Darbietung war tadellos und fehlerfrei, professionell und konzentriert. Natürlich versteht es ein alter Hase wie Paul Carrack, das Publikum in Wallung zu bringen, natürlich sangen wir auch mit und natürlich war der Auftritt auch alles andere als schlecht. Vielleicht lag es aber noch erschwerend an der ununterbrochen getragenen Sonnenbrille und dem dadurch fehlenden Blickkontakt, dass zumindest bei mir der Funke nicht restlos überspringen wollte (Herr Carrack trug die Brille, nicht ich!).
Es zog mir zwar letztlich nicht die Wurst vom Brot, aber ich hatte schon unerquicklichere Abende. An gutem Musikhandwerk hat es jedenfalls nicht gemangelt, wenn auch die nächsten, musikalischen Liveeindrücke wieder ein bisschen mehr krawallige Tendenzen haben dürfen müssen.
Euch einen virtuosen Abend
moggadodde