Endlich Urlaub! Wir treffen in unserem Hotel ein, die Fahrt scheint unspektakulär gewesen zu sein, jedenfalls erinnere ich mich nicht daran. Neben dem etwa 6stöckigen, schlichten Gebäude liegt der schmucklose, blau gekachelte Pool, der etwa 25 auf 10 m misst. Der Eigentümer weiß wohl um die eintönige Tristesse des in die Jahre gekommenen Ensembles und hat zur Auflockerung zwei weiße Schwäne ins Wasser gepflanzt, die träge immer gemeinsam in einer Ecke herumdümpeln. Sind sicher Geschwister. Oder ein Liebesschwanenpaar. Jedenfalls echt. Und dekorativ immer einander zugewandt, wie auf einer Kitschpostkarte.
Bereits am zweiten Tag hat der kleine Hank nichts besseres zu tun, als mit einer selbst gebastelten Steinschleuder einen der weißen Zierschwäne zu erlegen. Volltreffer. Kieloben und mausetot treibt das Tier im üppig gechlorten Nass.
Natürlich setzt es eine Standpauke für den Schützen Hank, der recht bedröppelt erscheint. Er irrte in der Annahme, es handele sich um Plastikschwäne, so unbeweglich, wie sie da im Pool gesessen seien. Und alles Zetern macht das Tier leider nicht mehr lebendig.
Der Hotelbesitzer ist untröstlich, hat Hank doch seine Poolattraktion zerstört. Dass er um der Attraktivität der Anlage willen mal lieber ein paar Wasserrutschen installiert hätte, verkneife ich mir. Und natürlich geht es nicht, das der kleine Hank mit einer Selbstbau-Zwille graziöse, weiße Schwäne metzelt.
Am Abend, im Speisesaal, spüre ich die bohrenden Blicke der anderen Urlauber. Das ist also die Familie mit dem Schwanenkiller-Kind. Manche stehen auf und verlassen den Raum, mit vernichtenden Blicken, aus denen unverhohlener Hass sprüht. Der Wein schmeckt sauer, keinen Bissen bekomme ich runter.
Die anderen Urlauber wollen wissen, was wir nun zu tun gedächten. Natürlich will ich dem Besitzer den Schaden ersetzen, aber leider werden auch an der Adria doch nicht an jeder Ecke Schwäne verkauft!
An einen besonders engagierten Mann an einem schimpfenden Sechsertisch wende ich mich nun und sage kleinlaut, dass ich daran gedacht hätte, Laufenten zu besorgen. Davon hätte der Hotelbesitzer schließlich noch was, die würden ihm bei Regen nämlich wenigstens die Schnecken vom Rasen fressen. Nicht so dekorativ, aber praktisch. Ob ich an der Adria allerdings Laufenten leichter würde beschaffen können als weiße Schwäne? Ich weiß es nicht.
Die Leute an dem großen Tisch reden wild durcheinander, ich verstehe Wortfetzen wie „Unverschämtheit“, „Tierquäler“ und „dusselige Deutsche“. Sie stehen auf, gestikulierend, schreiend und kommen immer näher. Sicher wollen sie den Schwan jetzt rächen. Ich sehe geballte Fäuste und weiche immer weiter zurück.
In allerletzter Sekunde, kurz vor dem unausweichlichen Handgemenge, weckt mich nun endlich der MamS und bringt mir meine Tablette ans Bett, die, die ich sonst immer vergesse. Wir unterhalten uns über das Abendessen. Auf Geflügel jedenfalls habe ich heute gar keine Lust.
Einen traumhaften Abend wünscht
moggadodde