Buchtipp: Go the F**k to Sleep!

Man hört oft von ihnen, den perfekten Eltern, deren überirdisch begabte Sprösslinge ein Ausbund an Folgsamkeit und Disziplin sind. Von Vätern, die ihrer zweieinhalbjährigen Cheyenne-Louise anhand praktischer Beispiele beim Monopolyspiel das Prinzip der kapitalistischen Marktwirtschaft nahe bringen. Von Müttern, die sich von Erziehungsratgeber zu Erziehungsratgeber hangeln und im schlimmsten Fall beim leider sehr ernst gemeinten Dressurleitfaden von Amy Chua landen, die ihre Kinder mit der großen Peitsche und dem kleinen Zuckerbrot erzieht. Erst vorhin, beim Kaffeeklatsch bei Tanja sprachen wir von Einrichtungen, in denen die Kleinen im fremdsprachlichen Kindergarten bereits die Grundzüge betriebswirtschaftlichen Denkens erlernen, indem sie zwischen verschiedenen Geschenkpapieren jenes auswählen, das vom Produktionsaufwand her die Betriebskosten am wenigsten belasten würde. Natürlich. Dagegen könnten Dixie und Hank mit ihren selbstgetöpferten Kresseigeln niemals anstinken.
Wir sprachen auch über Mrs. Chuas Methoden, die ihrer Tochter auch schon mal die Annahme einer selbst gebastelten Geburtstagskarte verweigert, weil die Kleine das schließlich besser könne. Immerhin, das 14jährige Menschmaschinchen gibt bereits umjubelte Klavierkonzerte in der Carnegie Hall, durfte aber noch nie eine Pyjamaparty mit ihren Freundinnen feiern. Wenn sie denn überhaupt welche hat, bei all dem Drill, den diese tyrannische Dompteusenmutter ihrem Kind auferlegt.

Es ist sicher fürchterlich anstrengend, Kinder wie Zirkustiere zu dressieren, um ihnen die Basis für ein möglichst erfolgreiches, gewinnbringendes Leben zu ebnen. Aber dieses „Leben“ fängt für jeden von uns ja nicht erst mit 30 Jahren und der ersten Million an, sondern, soweit ich mich erinnere, viel früher. Und es ist bekanntlich auch nicht so, dass das selbstbestimmte Leben der Eltern aufhört, sobald die Knirpse quäkend aus Mutters Schoß krabbeln.

Viel wichtiger als Fremdsprachenkenntnisse im Kleinkindalter oder das Eintrichtern betriebswirtschaftlichen Wissens im Kindergarten war für mich deshalb zunächst ja ein geregeltes Schlafverhalten. Entweder hatte ich riesiges Glück oder intuitiv alles richtig gemacht: Dixie und Hank jedenfalls ratzten schon nach wenigen Wochen durch die ganze Nacht. Ich meine, ich hätte die Rackis auch geliebt, hätten sie die Nacht zum Tag gemacht und 6 Stunden am Stück aus Leibeskräften geschrien. Ich hätte sie genauso geliebt, nur wäre es mir vielleicht zumindest während besagter 6 Stunden nicht ganz so leicht gefallen.

Selbstverständlich gab es auch in den hiesigen Hallen jene Nächte, in denen die beiden keine Lust auf langweiliges Schlafen hatten und viel lieber bespaßt werden wollten. Ich erinnere mich gut an einen Toskana-Urlaub mit der knapp eineinhalbjährigen Dixie. Wir schliefen zu dritt in einem Zimmer. Dixie nächtigte in einem Gitterbettchen und der MamS und ich in einem Doppelbett, das derart laut quietschte, dass an ruhigen Nachtschlaf oder sonstige, eheliche Verrichtungen im Traum nicht zu denken war, ohne dass die kleine Dixie auf ihrer Matratze gestanden und um Unterhaltung gebeten hätte. Bevor der MamS und ich auf die Idee mit dem Olivenöl kamen, sprachen wir unsere Bewegungen ab. Eine Wendung im Quietschebett erfolgte jeweils synchron und mit geflüsterter Vorankündigung: „Drehst Du Dich um?“ – „Ja, warte, ich muss auch gleich!“ – „Okay. Also, Achtung: Jetzt!“

Doch ja, freilich, es gab sie auch, diese Nächte, in denen die Stimme bereits versagte, während Dixie oder Hank fit wie ein Turnschuh ein Pixiebuch nach dem anderen hören wollten. Oder schaukeln. Oder aufs Klo. Oder Hunger. Oder Durst. Oder irgendwas unterm Bett. Oder Bauchweh. Oder jucken. Oder wach. Oder ein verdammtes, irgendwas anderes. Die Möglichkeiten waren so zahlreich wie meine heimlichen Flüche, mir schon wieder eine Nacht um die Ohren geschlagen haben zu müssen.

Kinder, die einen partout nicht schlafen lassen, sind nicht witzig. Sie erzeugen, bei aller Liebe, irgendwann schlechte Laune. Sie verursachen außerdem ein schlechtes Gewissen, denn sie können ja nichts dafür, dass sie so klein und so wach und so unwissend sind hinsichtlich der Schlafbedürfnisse ihrer Erzeuger. Und trotzdem ist man gestresst und sauer und so verdammt müde und will nichts anderes, als dass dieses Kind jetzt endlich pennt, Himmelarschundzwirnverdammtundzugenäht!

Ich weiß nicht, wie Frau Chua mit Kindern umgeht, die nicht schlafen möchten, besser ist sicher auch, ich und die Menschenrechtsorganisationen dieser Welt wissen es nicht. Aber hätte ich damals bereits ein Buch wie dieses gehabt, hätte ich es öfter zur Hand genommen. Der Amerikaner Adam Mansbach hatte nämlich in einer jener wachen Nächte die großartige Idee, kleine, aber sehr ehrliche Reime aufzuschreiben, die den Spagat zwischen Liebe und Verzweiflung, den das elterliche Hirn in solchen Gelegenheiten vollführen muss, recht unterhaltsam widerspiegeln:

(Hier stellen Sie sich bitte eine Hörprobe aus dem wunderbaren Büchlein „Go the F**k to Sleep vor“.)

„Go the F**k to Sleep“ ist genau das richtige Geschenk für jene tränensackbehangenen, augenberingten Mütter oder Väter, die sich schlapp und bleich mit matter Hand an ihren Kaffeebecher klammern. Dieses Büchlein macht solche Nächte nicht leichter. Aber unterhaltsamer.

Eine ungestörte Nacht wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

2 commenti su “Buchtipp: Go the F**k to Sleep!

  1. Tanja sagt:

    Das Video kann man nicht mehr anschauen. Doooof.

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