An meine Schulzeit erinnere ich mich eigentlich eher nebulös. Bis auf einige Highlights meiner didaktischen Karriere, die sich, entre nous, fast ausschließlich auf ausgewählte subjects mit sprachlichem Schwerpunkt beschränkten, ist mir nur mein gigantisches Versagen bei allem, was sich in weitestem Sinn mit Zahlen beschäftigt, im Gedächtnis geblieben. Natürlich machten sich vor jeder Mathearbeit in meinem Magen hysterische Schmetterlinge breit, von denen sicherlich jeder einzelne besser gerechnet hätte als ich. Gestrichen das Palomino-Jeanshöschen voll allerdings hatte ich vor den Geschichtsstunden. Bei diesem Lehrer mit dem Namen Winter war der Name Programm: Er war eiskalt, erbarmungslos und seine Stunden zogen sich wie tiefschwarze, sibirische Nächte. Wir standen stramm, wenn er den Raum betrat und wünschten im Chor lügend einen guten Morgen. Es war klar, dass der Morgen nur gut werden würde, wenn sich sofort die Erde auftäte und diesen Despoten in Gestalt eines Lehrkörpers verschlänge, aber darauf warteten wir natürlich stets vergeblich. Jeder zitterte vor einer Abfrage und nur die besten und fleißigsten Auswendiglerner ließ der Unbarmherzige mit einer erträglichen Note davonkommen. Bibbernd hangelte ich mich von Stunde zu Stunde und habe trotz des harten Winters allerhöchstens die bedeutsamsten der dort behandelten, geschichtlichen Geschehnisse behalten.
Wenn allerdings Geschichtswissen so unterhaltsam nahe gebracht wird wie im neuesten Stück der Fabulous Four vom Schützenhof-Sommertheater, bleibt einiges mehr haften. Die diesjährige Produktion, deren Generalprobe wir Blogger- und Twitterstammtischler am Mittwoch sehen durften, erzählt in äußerst humorvoller Weise die so tatsächlich nicht passierte Geschichte um den „Glöckner vom Käppele“.
Geführt von der zwangsresoluten Regisseurin Heidi Friedrich spätbarocken und -rollen die Darsteller die Bühne und erzählen, wie es beim Bau des bekannten, Würzburger Postkartenmotivs sicher nicht zugegangen sein könnte. Florian Hoffmann gibt herrlich neurotisch den Baumeister Balthasar Neumann, der sich die Errichtung einer monströsen Kathedrale in den Kopf gesetzt hat und dabei von seiner amourösen Vergangenheit eingeholt wird, als nämlich Zigeunerin Esmeralda aufkreuzt, der er unvorsichtigerweise die Ehe versprach.
Esmeralda, von Birgit Süß mit Dauerkoketterie und köstlichem, spanischem Zungenschlag gespielt, beißt beim GröBaZ zwar weniger auf Cojones denn auf Granit, verdreht aber dafür nicht nur dem von Georg Koeniger dargebotenen, recht resoluten und doch fleischlich zunehmend schwach werdenden Pater Sarrazin Frollo den Kopf, sondern auch dem Glöckner, mit dessen Darstellung die unerschrockene Heike Mix Mut zum Buckel beweist und dabei eine fast unerschütterliche, physiognomische Körperbeherrschung an den Tag legt.
Uns Stammtischbrüder und -schwestern hat der herrlich aberwitzige Ausflug in die Historie der Stadt übrigens prächtig unterhalten. Weniger episch als ich hat das Würzblog hier den Abend zusammengefasst. Mit meiner leider ebenfalls spätbarocken Knipse wollen keine ordentlichen Fotos gelingen, die Obigen hat mir der Rööö zur Verfügung gestellt.
Geschichtsstunde ist bis 15. August dienstags bis samstags ab 20.30 Uhr, Unterrichtsanmeldung kann wie gewohnt im Falkenhaus Würzburg oder an der Abendkasse am Schützenhof erfolgen. Lokalkoloriertes Grundwissen ist nicht erforderlich, wäre jedoch von Vorteil. Aber auch Auswärtige Anfänger können dem rasanten, stadtbaugeschichtlichen Unterricht mit integrierter Sozialkundelektion und Musikstunde ohne Vorkenntnisse mühelos folgen.
Und weil schon die Premiere gestern ins Wasser fiel, schicke ich doch ein kleines lautes Flehen gen Himmel, dass das Theater am Schützenhof fortan bis Mitte August statt von Regen von Zuschauern geflutet und von widrigen Wettern verschont werden möge: Oh, Maria hilf!
Einen himmlischen Abend wünscht
moggadodde
Schreib du mal einen epischen Text mit der Zahnbürste im Mund, 5 Minuten bevor die Straßenbahn abfährt … 🙂
Lieber nicht. Könnte eine feuchte Angelegenheit werden. Komm, lass uns zusammen eine fränkische Sprachsoftware entwickeln! Dann hat das lästige Getippe endlich ein Ende und wir könnten stimmlich schreiben – was beim Zähneputzen natürlich auch nicht so recht funktionieren würde. Okay. Tippen.
Ihr seid beide großartig!:)))))
Soviel Mühe! Mit Zahnbürste oder episch!!!!:)))
Da musse iche euche villllllle kussen!
Au ja. Kussen is mucho bueno! Euch viel Erfolg und weiterhin bestes Wetter am Nikolausberg!
@ Birgit
wie heißen die Dinger aus denen kastagnetten gemacht werden….
Liebe Susi! Ich glaube nicht, dass Birgit demnächst hier vorbei schaut … Auftrittsstress! Die echten Kastagnetten sind hieraus gefertigt. Um zu erfahren, welche Kastagnetten Birgit in dem Stück vom Theater am Schützenhof verwenden möchte, solltest Du bitte hier „Cojones“ googeln … 😉