Ich mag es nicht, Menschen, die für mein Wohlergehen oder meine Zufriedenheit als Kundin zuständig sind, als „Servicepersonal“ zu bezeichnen. Denke ich an dieses Wort, sehe ich ein halbdunkles, nur von Kerzen beschienenes Zimmer, in dem Frauen mit Häubchen und Männer mit Fliege und gestrengem Blick wortlos Essen auf einen Tisch, so groß wie das Saarland bringen, während blasiert dreinguckende Großgrundbesitzer gelangweilt in Zeitungen blättern.
Vielmehr verstehe ich solche Menschen als Berater, Helfer oder Geschäftspartner, auch wenn sie Angestellte sind. Höfliche Behandlung des Gegenübers ist selbstverständlich und ich spüre sehr genau, ob mir aufgesetzte und von oben verordnete Freundlichkeit entgegen schlägt. Oder eben auch nicht.
Heute war ich beim Möbelschweden. Ein Bett ist nach nicht einmal dreijähriger Nutzung kaputt (nahe *hüstel* liegende Kommentare an dieser Stelle sind verständlich aber nicht die Ursache treffend). Am Fußende ist eine Strebe gebrochen, traurig ragen Dübel und Schraube aus dem Machwerk aus gepresstem Span. Ich erwarte kein Bett für die Ewigkeit, aber drei Jahre sind doch ein wenig, ähm, sperrlich.
Am Reklamationstresen standen zwei Herren nebeneinander, der jüngere betrachtete einen Computerbildschirm, dem älteren erklärte ich die Gemengelage unter Fotobeweis. Er zeigte Verständnis und bot an, ich möge die kaputten Teile bringen, man würde das durch Anbringen eines Winkels sicher irgendwie beheben können. „2 Jahre Gewährleistung! Abgelaufen!“, bellte sein Kollege, ohne herzusehen. „Hm, naja, also … „, hob der Ältere an. „2 Jahre. Abgelaufen!“, wurde er unterbrochen und das Unbehagen des Älteren war fast mit Händen greifbar. Widerspruch schien zwecklos, denn er lag ja richtig. Aber irgendein Entgegenkommen, einen Nachlass auf Neukauf oder mindestens eine Äußerung des Bedauerns für derlei Qualität hätte ich doch begrüßt. Mit der Empfehlung, mich in der „Fundgrube“ (eine Art firmeneigene Resterampe, wo auch noch die letzte Schraube verhökert wird) umzusehen, verließ ich die Szene. Erwartungsgemäß fand ich dort nichts außer die Ansicht, dass das Beschwerdemanagement des Möbelschwedenflegels zur Diskussion gestellt werden sollte. Wirklich freundlich war ich gewesen und hatte innerlich schon längst mit irgendeinem Entgegenkommen abgeschlossen, trotzdem hoffte ich, der Typ möge mir schräg kommen, damit ich kurz eskalieren und meine Meinung kundtun könnte. Ich näherte mich wieder dem Tresen des Grauens.
In diesen Situationen nennt mich der MamS gerne scherzhaft „Donna Krawallo“ und tatsächlich hatte ich gerade tüchtig Wut im Bauch. Der unfreundliche Computergucker war immer noch am Start, blickte finster und mir sank das Herz ins Höschen. Erneut sprach ich den Älteren an, dem jetzt sichtbar der Schweiß auf der Oberlippe perlte. Die Fundgrube habe nichts hergegeben und ob wir das nun so machen könnten mit dem Winkel, aber er schien mittlerweile gebrieft vom Kollegen. Sein „Tut mir leid, aber die 2 Jahre Gewährleistung sind abgelaufen!“ war so unumstößlich wie die 10 Gebote, die dem Papst mit dem Inbusschlüssel auf die Stirn tätowiert sind. Ihm, der mindestens Verständnis vorgeschützt hatte, wollte ich nicht ans Leder, aber der andere stierte jetzt wortlos auf den Monitor und bot so leider ums Verrecken keine weitere Angriffsfläche.
Ich kapitulierte, ging grußlos und hatte den Rest des Tages verdammt schlechte Laune. Nur ein wenig Bedauern, ein paar Worte mehr, etwas Verständnis! Ist das etwa zuviel verlangt? Ich glaube ja zu wissen, dass der olle Ingvar die Filiale rundschleift, wenn die Zahlen nicht passen. Aber ordentlich verpackt ist eine Abfuhr immer noch leichter verdaulich als diese „Shut the fuck up and make the fly!“-Nummer.
Es gibt einfach Leute, die wären in einem Vakuum auf der Talsohle eines Bergwerks besser aufgehoben, als beruflichen Umgang mit anderen Menschen pflegen zu müssen. Und dieser fleischgewordene Surströmming gehört ganz oben auf die Liste!
Eine verständnisvolle Nacht wünscht
moggadodde