Mit vielen Frauen, mehr als das gemeinhin grassierende Klischee ahnen lässt, habe ich eines gemeinsam: Ich hasse Klamottenkauf. Hier mal ein Shirt, da mal eine Bluse, eine Hose, wenn es sein muss und Schuhe erst, wenn die Alternative barfußlaufen heißt. Als letztens ein vor Äonen gekauftes Lieblings-Shirt ein Altersschwäche-Löchlein zeitigte, Resultat häufigen Waschens und noch häufigeren Tragens, zog ich einfach ein farblich passendes Unterziehshirt an, fabrizierte noch ein weiteres Loch und sang trotzig ein Loblied auf den Shabby-Style. Wegwerfen ist für Weicheier. Der MamS schüttelte den Kopf; sowas käme ihm ja nie in den Sinn. Aber er hat es ja bekanntlich sowieso gerade nicht leicht mit mir. Man kann mir viel nachsagen, übertriebener Kleidungsverbrauch gehört nicht dazu.
Trotzdem weiß ich, wenn die Zeit gekommen ist und heute wartete der Endgegner in puncto Garderobe: Ein neuer Büha, denn einem aus dem Vorrat hat die Waschmaschine den Rest gegeben: Breaking Bra, sozusagen.
Mit unerwartet positiver Laune betrat ich das Geschäft. Freitagvormittag ist ein guter Zeitpunkt, um heikle Bekleidung zu shoppen: Keine Kinder und auch ansonsten nicht viel Kundschaft. Eine Weile tigerte ich durch die Wäscheabteilung und sammelte Stück um Stück. Aus Erfahrung weiß ich, dass der Weg zum neuen BH kein leichter sein wird. Als unerlässliche Stütze nicht nur im Alltag ist ein passendes Geschirr immens wichtig, begleitet es frau doch ununterbrochen von Aufstehen bis Ausziehen, sorgt für gerade Haltung, stützt das Bindegeweblablabla.
Die Miederwarenfachfrau informierte ich vor dem Umkleiden über den everesthohen Haufen BHs über meinem Arm: Die zulässigen 5 Teile übertraf ich nämlich um ein Vielfaches und für 5 läppische Büstenhalter ziehe ich mich ja gar nicht erst aus.
In der Kabine fing die Arbeit dann aber erst an. Stück für Stück probierte ich mich durchs Dessousuniversum aller Herren Hersteller. Ich war breit aufgestellt: Un- und gepolsterte Körbchen, Spitze, Baumwolle, Kunstfaser. Minimizer, Push-up, Balconette, mit und ohne Bügel, breite Träger, dünne Träger, Spacer, Schale, Bandeau. Verschiedene Größen, Formen, Farben. Die eineinhalb Liter Wasser in meiner Tasche sollten genügen. Langerie statt Lingerie.
Zwei Haufen wurden gebildet: Links der Geht-gar-nicht-Stapel mit den Teilen, die trotz gleicher Unterbrustlängenangabe entweder einschneiden oder zu weit sind und bei denen die Körbchenberechnung wohl ein Haufen bekiffter Schimpansen erledigt hat. Quetscht hier, kneift da. Hiermit sieht die Brust aus wie die Spitze eines Schrapnells, damit wie eine getretene Qualle. Es ist zugegebenermaßen kompliziert. Die weibliche Oberweite ist schwer zu vermessen und von einheitlichen Cupgrößen will ich gar nicht erst anfangen. Heerscharen von Mathematikern haben sich an weiblichen Brüsten die Zähne ausgebissen und eher passt das Runde ins Eckige, als dass die Büste auf Anhieb einen passenden Halter findet. Aber könnten nicht wenigstens die Unterbrustlängen herstellerübergreifend einheitlich sein? Können 85 cm eines Franzosen bitte nicht so viel mehr weniger als die 85 cm eines Deutschen sein? Was ist das? Sizing for compliments? Einigt Euch doch endlich mal, Himmel, Arsch und Brustbeinbruch!
Der rechte Stapel bestand aus „Naja, mal sehen“ und nach Abarbeiten aller Stücke wurde dieser nochmals anprobiert und sortiert. Jetzt ging es an die Feinheiten. Der passt, aber Träger mit Spitze. Weg. Der passt, formt aber eine Maurerdekolletee-Busenritze. Weg. Der passt, fasst sich aber polykünstlich an. Weg. Ãœbrig blieb ein einziges Stück.
Nach einer geschlagenen Dreiviertelstunde verließ ich die Kabine mit einem Produkt der Firma Triumph. Nomen est omen, würde ich sagen. Ich werde ihn achten und ehren, bis dass die Materialermüdung uns scheidet oder ein anderer in die Tonne wandert. Und weil ich noch Wasser übrig hatte und trotz des Probiermarathons sogar etwas Laune übrig war, shoppte ich Schuhe. So einen Lauf muss man einfach ausnutzen!
Einen passenden Abend wünscht
moggadodde