Tschechien: Ein halbblinder Fleck auf meiner inneren Landkarte. Außer Prag und Karel Gott und einigen Schnipseln aus dem Geschichtsunterricht klingelte da nicht allzu viel. Budweis, natürlich. Als Brauerstochter war mir diese Stadt allerdings bereits vorher geläufig.
Schwiegermutter feierte 80. Geburtstag und wir schenkten eine Reise in den Böhmerwald, wo ihre Wiege stand (Entschuldigung, der musste sein). Mit Kindern, Enkeln und angeheirateten Kegeln an Bord machten wir also 11 Personen hoch einen Wochenendausflug nach Tschechien mit Basislager Budweis. Wir tranken feinste Hopfenprodukte und badeten in guláš. Wir jonglierten mit Knödeln und gurgelten mit Knoblauchsuppe. Ein kulinarisches Elysium, das zum Glück nur für ein Wochenende galt, kneifende Hosen und ein Hauch schlechten Gewissens inklusive zu verführerischen Preisen. Nicht nur das mitfahrende Jungvolk hatte seine wahre Freude an der Fressalienkollektion.
Zum Ausgleich besuchten wir Český Krumlov, Welterbe-Stadt im zuckersüßen 3 Nüsse für Aschenbrödel-Look. Verwunschene Gassen, ein pittoreskes Café neben dem anderen und architektonische Augenschmäuse, wohin der Apfel auch blickt.
Wir bestiegen den Schlossturm und blickten auf die reichlich trockene Moldau,
eine weitere Ausrede für Gulasch und Bier. Wir teilten uns die Stadt mit Touristen aus aller Welten Ecken und Winkel und ich fragte mich schon bald, was Menschen dazu bewegt, auf einer 30 cm Brüstung der Mantelbrücke 50 m über dem Abgrund zu posieren. Kein Fame der Welt kann einen aufgeplatzten Thorax aufwiegen, Baby!
Abschließend sprachen wir dem Becherovka zu, einem Getränk, das, wie es typisch ist für manche Spezialität, ausschließlich am Ursprungsort genießbar ist. Jenseits jeglicher Ausflugsbesoffenheit und nüchtern aus der Heimat betrachtet, schmeckt Becherovka für mich persönlich nach in Spiritus und Kräutern gewälztem Autoreifen. Aber bei Bier, Gulasch und knoblauchschwangeren Speisen spielt die Tschechei in der ersten Lukullusliga.
5 Sterne, gerne wieder!
moggadodde