Advent, Advent, der Kittel brennt!

„The most wunderful time of the year“ ist die Weihnachtszeit, singt der Schlager, aber für viele ist es die stressigste Zeit des Jahres, angefangen beim Einzelhandelspersonal über Paketdienstsklaven bis zu Menschen, die wertvollen Jahresurlaub opfern, um der gefräßigen Verwandtschaft beim Adventskaffee möglichst viele verschiedene Plätzchensorten zu präsentieren, damit diese sich am Anfang des nächsten Jahres über kneifende Hosen und geschwollene Rettungsreifen beklagen kann. Immerhin letztere tun sich das allerdings freiwillig an.

Der Geschenketsunami zu Weihnachten scheint den Konsumkurblern nicht mehr auszureichen; sie haben einen weiteren Kaufkriegsschauplatz eröffnet:
Den Adventskalendermarkt.
24 kleine Schokoladenplättchen hinter perforierten Papptürchen für den schmalen Euro reichten einst aus, um die kindliche Spannung auf Weihnachten und das größte Stück Schokolade hinter der letzten Tür zu befeuern. Diese Zeiten sind vorbei.
Es gibt keinen einzigen Süßwarenproduzenten, der inzwischen nicht ein eigenes Exemplar ins Rennen schickt, groß, bunt, schrill, die Spielwarenhersteller stehen nicht nach, von 15 bis 30 Euro reicht hier die Preisspanne. Ziemlich viel für eine Rabenmutter wie mich, die ihre Ableger stets mit der, wie sich kürzlich herausstellte, verseuchten Einsfuffzich-Billigschokoversion abspeiste. Mineralöl auf mein Haupt.

Heute ist der Adventskalender kein Privileg für Kinder mehr. Erwachsene Menschen frönen der Vorfestfreude mit teils sitzwürfelgroßen Monsterkalendern, die wirklich jede Vorliebe abdecken. Die Palette reicht von Nagellackadventskalendern, Bundesligaadventskalendern, Beautyproduktadventskalendern wirklich jeden Herstellers über Adventskalender für Hunde und Katzen, solche mit Müsli aller Couleur, Essig und Öl, Sextoys für sie und ihn, Fliegenfischerzubehör und Chilisamen bis hin zu Scherzartikeln und DDR-lesenen Spezialitäten aus ebenda. Wer freut sich auch nicht über eine Spreewaldgurke zu Nikolaus? Für das Luxusweibchen erwirbt man Parfümkalender für 300 Euro, den Hipsterbart pflegen whiskeyhaltige Lotions um etwa 130 Euro.

Wer schon im Advent das Geld für unnützes Zeug aus dem Beutel bläst, schenkt Weihnachten keine Schlüpper. Ultimativer Geschenktipp aus dem Hause Moggadodde, Dekadenz seit 1965, ist etwas ganz besonderes: Wer die 38 Sorten Plätzchen zum Sonntagskaffee für zu läppisch hält, kauft Zuckerwürfel mit 24 kt-Goldbeschichtung, geschmacksneutral und ungiftig immerhin. Drei für 85,00, neun Stück für 235,00 Euro.

Goldener Zucker auf der Kaffeetafel. Da können die Tanten mit ihren 38 Plätzchensorten aber einpacken.

Alle bekloppt
moggadodde