Dinner for one

Wegen einer verkacktkrebsigen Krankheit ist der MamS gerade für einige Wochen zur Anschlussheilbehandlung. Nach einem Jahr in aus verschiedenen Gründen schwierigen Verfassung ist nun seit Anfang Dezember kompletter Ausnahmezustand in Casa Moggadodde. Die Art des Krebses ist wohl so etwas wie das must have der Generation Ü50 und die Operation hat, so wie es aussieht, das meiste der fucking Krebszellen entfernt, eine kleine Metastase hat die Histologie noch ausgemacht aber irgendeine Therapie wird auch die noch finden und abknallen. Auch darum liegt eine anstrengende Zeit vor uns.

Nun bin ich also seit einigen Wochen auf mich gestellt und werde wohl alsbald elendig an Mangelernährung zugrunde gehen. Kochen für eine Person ist, pardon my french, voll fürn Arsch.
Nach einem Arbeitstag besteht ohnehin keinerlei Motivation. Mittags in der Kantine ein Brötchen und ein Joghurt, abends einige Gläser Wein, zu viele Zigaretten und niemanden, der mich zügelt.
Wieso kochen, wenn niemand da ist, dem es schmeckt, der lobt, der Nachschlag fordert und Aufräumarbeiten bleiben auch an einem alleine hängen. Da ist es doch einfacher, schnell einen armseligen Backcamembert ins Rohr zu schieben oder ein Brot zu schmieren.
Die Spülmaschine ist derzeit gefüllt mit Espressotassen, wenigen Tellern, die traurige Nahrung beherbergten und Weingläsern, die auch noch nachpoliert werden müssen, weil sie niemand mit Hand spült, wie es der MamS zu tun pflegt.

Andererseits kann ich hier schalten und walten, wie es mir beliebt. Ich kann die Räume mit den vom MamS so verhassten Hyazinthen vollpflastern, dass die Bude duftet wie der Botanische Garten in der Brunft. Ich kann die Bäder grundreinigen mit Essigessenz und Natron, ein Geruch, der den MamS an den Rand der Vomitation bringt. Und wenn ich die berüchtigten „Deppensendungen“ schaue, das meiste also, was das sogenannte Privatfernsehen über den Äther zu schicken pflegt, ist da niemand, der mich wegen anhaltendem Gemecker augenrollend zum Umschalten bringt, weil jeder x-beliebige Schärenkrimi gehaltvoller ist, als die Realitykacke im Schmuddelsender.

Ich habe kein Problem mit dem Alleinsein. Ich genieße, komplette Freiheit über meine Freizeit zu haben, ohne jede Einschränkung. Aber ich habe ein Problem mit dem alleine Essen.
Klar, dieses Mein Körper ist mein Tempel-Dings klingt in der Theorie recht erhaben. Aber nach einem harten Tag in den Katakomben geht es nur darum, ein paar den Bauch füllende Kalorien reinzuschaufeln und den Rest des Abends in halbwegs würdevoller Weise horizontal zu verbringen. Und wenn ich in Gesellschaft des MamS ein schmackhaftes Abendessen zustande brächte, an dem wir beide uns erfreuen, um danach vergnügt und vollgefressen zur Spülmaschine zu rollen, so fehlt dieser Anspruch in erzwungener Eremitage komplett. Handy vor der Nase und mit Kokosmilch gepimpte Bratnudeln von ADLI: War nicht so prickelnd, aber immerhin bin ich satt.

Am nächsten Freitag gegen 8 Uhr (morgens!) hole ich den MamS wieder ab. Wir planen ein großartiges Abendessen mit allem Pipapo. Und dann werde ich zweitmals (erstmals war zum Dixiegeburtstag beim Asiaten) seit Weihnachten mit Genuss und Freude und in Gesellschaft einer geliebten Person Nahrung zu mir nehmen. Studien betonen, Essen überwinde kulturelle und soziale Barrieren, fördere das Gemeinschaftsgefühl und setze auch stimmungsaufhellende Neurotransmitter wie Oxytocin, Serotonin und Endorphine frei, die Vertrauen, Bindung und Schmerzlinderung fördern. Und ja, ich pfeife auf Deppenfernsehen und Hyazinthenodeur, Hauptsache es ist wieder jemand hier, der mit mir den Gipfel des Wohlbehagens, den Orgasmus der oralen Satisfaktion, jemanden, der einfach gutes Essen mit mir teilt.

Zugegeben, ich habe ein wenig Manschetten vor dem, was vor uns und besonders dem MamS liegt. Aber ich bin überzeugt. Wenn wir uns haben, gutes Essen und ganz viel Geduld, dann werden wir noch eine ganz lange ganz gute Zeit vor uns haben.

Euch einen gesunden Abend wünscht
moggadodde

Dieser Eintrag wurde in Daily Soap veröffentlicht.

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