Alle Jahre wieder gibt es nicht nur den Novemberblues, den völlig überraschenden Wintereinbruch mitten im Winter und den Plätzchenüberdruss schon vor dem 3. Advent: Es dräut auch jährlich die Frage nach dem jeweils passenden Weihnachtsgeschenk.
Der Festwahn wurde in den hiesigen Hallen in den letzten Jahren allmählich heruntergefahren. Tatsächlich bin ich es leid, mich mit dem MamS alle Jahre wieder z.B. über die Verweildauer des Weihnachtsbaums zu streiten. Während er das Schmuckgeäst am liebsten schon am 27. entsorgen würde, braucht es meinerseits ein dickes Fell und Überredungskunst, damit ich das teure Getänn bis Silvester betrachten darf. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, aber es ist gut möglich, dass wir heuer erstmals überhaupt keinen Baum haben werden. Sollten sich aber Mutter und das Brüderchen doch noch am Heiligen Abend einfinden wollen, werde ich schon noch ein paar benadelte Zweige auftreiben können.
Dixie wird wegen des Auszugs und eines Finanzknüppels, den ihr das Advokatengesocks zwischen die Beine zu werfen beliebte, am ehesten auf Bares spekulieren. Auch der kleine Hank ist über das Wunschzettelmalalter inzwischen hinaus. Weil die Begierden eines noch Fünfzehnährigen einem beinahe wöchentlichen Wechsel unterliegen und teilweise recht fremdartig anmuten, wurde er zum Thema befragt. „Ich wünsch‘ mir ne PS3, die gibt’s gebraucht ganz günstig!“, beschied uns der Bub. Diplomatisch kann er ja, Respekt.
Beim MamS blinkten die Fragezeichen in den Augen. „Er meint eine PlayStation!“, klärte ich auf und mit dieser Bezeichnung konnte nun auch der so technophobe MamS was anfangen. „Kommt nicht in die Tüte!“, schnauzte er und dass ihm sowas ja nicht ins Haus komme.
Nun muss man wissen, dass dem MamS jegliches Verständnis für in Elektronik gründende Zerstreuung fehlt. Computerspiele, Handys und moderne Geräte außer der Mikrowelle hält er für üble Zeitverschwendung. Ein Fußballplatz, Freunde und der nahe Wald sind nach seinem Empfinden absolut ausreichend fürs subadulte Amusement. Hanks Einwurf, dass jeder seiner Kumpels eine Xbox oder mindestens eine PlayStation besitze, zog jedenfalls auch diesmal nicht.
Jetzt hoffte der kleine Hank auf mütterliche Schützenhilfe und sah mich bittend an. „Wenn ihn jemand rumkriegt, dann Du!“, flehte sein Blick, aber den Gefallen konnte ich ihm nicht tun. Ich verwies darauf, dass er sich aus den Früchten seines Ferienjobs vor zwei Wochen ein Smartphone der neuesten Generation geleistet habe sowie einen Fernseher. Außerdem hat er einen PC, mit dem er sich jederzeit durch die Weiten der Welt klicken kann plus gängiges Daddelmaterial. „Wenn Du mich fragst, bist du mit deinem derzeitigen E-Equipment ausreichend versorgt“, zerstörte ich seine Hoffnungen und bat ihn, sich doch was anderes zu überlegen. Eine Spielkonsole könne er sich selbst kaufen, wenn er mal wieder bei Kasse sei. Dagegen kann dann ja wirklich niemand was haben.
Ich bin elektronischen Neuanschaffungen gegenüber grundsätzlich recht aufgeschlossen, das weiß der kleine Hank, deshalb sah er meine Argumente irgendwann ein. Die Zeit wird kommen, in der wir ihm mit einem Zuschuss fürs Auspufftuning eine Freude machen können, das wird das Schenken erleichtern. Das hartnäckige Verweigern des MamS mit dem verbalen „Das kommt mir nicht ins Haus!“-Totschläger wird jedenfalls irgendwann neu verhandelt werden müssen.
Es könnte gut sein, dass der MamS aber auch nur um die Vorherrschaft über den Fernseher fürchtet und sich Horden hartnäckig verweilender Halbwüchsiger chipskauend und mit stimmbrüchigem Jauchzen ins Wohnzimmer imaginiert oder gar seinen Sohn abgemagert, langhaarig und auch so riechend in einer Halde ausgetrunkener Energydrink-Dosen mit leeren Zombieblick und chronischer Nintendovaginitis vor dem Bildschirm sieht, bleich den Controller umklammernd wie einst Gollum seinen Schatz. Alles nachvollziehbare Bedenken, die ich überhaupt nicht teile. Trotzdem denke ich: Kommt Zeit, kommt Konsole. Nur nicht am 24. in diesem Dezember.
Einen erfüllten Abend wünscht
moggadodde
„gar seinen Sohn abgemagert“
Total… schau mich mal an
„langhaarig“
Schau mich mal an… vor lauter langen Haaren kann ich schon gar nix mehr sehen
„auch so riechend“
Okay, darüber können wir reden…
„einer Halde ausgetrunkener Energydrink-Dosen“
Ersetze Energydrink-Dosen durch Kaffeetassen
„leeren Zombieblick“
Braaaaaaaaaaaaaaaains….
„chronischer Nintendovaginitis“
Keine Ahnung was das ist, aber ich habe Hornhaut an den Daumen vom spielen.
Ich bin sowas von Klischee… 😉
Ich halte übrigens das dagegen. Ihr Rabeneltern verbaut eurem Kind eine prächtige Zukunft
http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/wissenschaft_nt/article113990652/Videospiel-Konsole-macht-Chirurgen-Haende-geschickter.html
Alles halbwegs harmlos, wie man an Dir als Teilklischee-Beispiel ja sieht. Ich weiß das!
Das mit der prächtigen Zukunft ist natürlich verlockend. Und sicher ist ein umfangreiches Konsolentraining auch dazu geeignet, sich auf 48 Stunden-Wochen, Rufbereitschaft und Regressprozesse vorzubereiten. Ich zuckte ja auch schon kurz, bot mir nun jemand direkt eine PS günstig an. Aber nur kurz.
Hast Du Dich übrigens gerade fett genannt?
Nein, meine Waage… Täglich.