Meinen eigenen Horrorfilm, leider in der Realität und mit meinem Vater als Hauptdarsteller, musste ich heute durchstehen.
Am Nachmittag war ich bei meinen Eltern und der MamS fuhr mit meiner Mutter zum Einkaufen, damit sie außer ihren vier Wänden mal etwas anderes sehen kann und es oblag mir, solange auf meinen Vater zu achten. Er ist schon im Dämmerschlaf und nimmt niemanden mehr wahr, von Zeit zu Zeit hustet er zähen Schleim ab, der in hohem Bogen durch die Halskanüle schießt. Ich nahm ihm beim ersten Anfall also den Schraubverschluss ab, tupfte den Schleim weg und hoffte, dass er jetzt besser atmen könnte, was in den ersten Minuten auch so war. Trotzdem tigerte ich auf und ab und achtete auf jede Regung. Dann fiel ihm das Schnaufen schon wieder schwerer und bei jedem Atemzug rasselte es im Hals. Ich zwang mich, ruhig zu bleiben, rief meinen Bruder im Büro an, um mit jemandem zu sprechen und er versprach, gleich zu kommen. Zwischenzeitlich hörte ich, dass mein Vater wieder langsamer atmete und viel leiser als vorher. Plötzlich wurde mir bewusst, dass das zu wenig Luft war, die er da atmete, ganz flach und wie ein Fisch. Immer kürzer und schnappend ventilierte er jetzt und skurrilerweise bewegte er den weit geöffneten Mund dabei kein bisschen, weil er ja durch den Hals atmet. Jetzt bekam ich die totale Panik dass er stirbt, hier und jetzt und meine Mutter ist beim Einkaufen und mein Bruder nicht da und schrie ihn lautstark an: „Atme, los fang an zu schnaufen, fester, los, ATME ENDLICH!“ Ich war völlig aufgelöst und schraubte heulend den Deckel der Kanüle wieder ab in der Hoffnung, dass er besser Luft bekommen würde, fuhr das Kopfteil des Bettes wieder ganz nach unten und wieder nach oben, weil ich nicht wusste, wie es für ihn besser wäre. Ich hoffte, hoffte, dass endlich mein Bruder oder meine Mutter käme, bis er wieder tiefer und relativ regelmäßig atmete. Dann kam meine Mutter wieder und ich erzählte ihr von den Atemproblemen, die sie schon kannte und sie saugte ihm mit diesem schrecklichen Geräusch den Schmodder aus der Lunge. Inzwischen war auch mein Bruder gekommen und zusammen weinten wir und sprachen über die Beerdigung, weil der Arzt ihm nur noch drei oder vier Tage gibt.
Ich war nur etwas mehr als eine Stunde mit meinem Vater allein und hatte endlose, pure Angst. Meine Mutter erträgt das seit fast zwei Wochen, Tag und Nacht, und ich zolle ihr meinen tiefsten Respekt dafür, wie sie mit dieser bestürzenden Situation umgeht. Es ist unfassbar, zu welchen Höchstleistungen ein aufrichtig liebender Mensch in der Lage sein kann. Unfassbar.
Euch einen liebevollen Abend wünscht
moggadodde