Mutter und das kleine Arschloch

Mutter teilt ihr Zimmer mit einem Arschloch. Das kleine Arschloch sitzt in der Ecke und schüttet Wasser aus. Mutter holt die Schwester und fragt, aber die Schwester sieht das kleine Arschloch in der Ecke nicht. Herausfordernd guckt es Mutter an und kippt weiter Wasser auf den Boden. Jetzt, da sie weiß, dass das kleine Arschloch nicht wirklich da ist, macht es ihr keine Angst.
Manchmal, wenn sich in der Nacht die Figuren vor den heruntergelassenen Jalousien auf und ab bewegen, ängstigt sie sich, auch wenn sie weiß, dass im dritten Stock niemand vor dem Fenster sein kann, außer Spiderman vielleicht und den kennt sie ja nicht persönlich.

Gestern lässt sich das kleine Arschloch etwas neues einfallen. Mutter ruft mich an und berichtet, dass das kleine Arschloch einen Schraubenzieher in der Hand hält und damit in der Steckdose herumbohren im Begriff ist. Ich versuche, sie zu beruhigen. Soll er doch! Dann knallt es endlich und das keine Arschloch ist weg. Sie soll ihn einfach gewähren lassen. Versichere, dass ihr nichts passieren kann, weil das kleine Arschloch nicht real ist und ich gern kommen würde und dem kleinen Arschloch aufs Maul hauen würde, damit er Mutter endlich in Frieden lässt.
Wir lachen. Ab und zu hatte sie immer mal solche Arschlöcher im Zimmer. Aber dann erzählt Mutter von Vorkommnissen, die mindestens 4 Jahre zurück liegen und klingt völlig neben der Spur und nach einem kurzen, falschen Impuls, sie von der Falschheit der Erzählungen zu überzeugen, steige ich ein in die Geschichte und bespreche die Sachlage, als wäre sie real. Das wird sich doch alles wieder richten, sage ich. Ich weiß ja, dass es sich wirklich wieder gerichtet hat und erzähle, wie die Dinge jetzt sind. Für einen Moment kann ich in die Zukunft schauen für sie.

Parallel telefoniere ich mit der Stationsleitung. Ja. Der Zustand sei bekannt. Man kümmere sich und der Arzt sei auch bestellt.

Dann wieder Mutter. Sie ist fest davon überzeugt, dass es gut sei, mit dem Rollstuhl das kleine Arschloch in der Ecke zu besuchen und zu berühren. Vielleicht löst es sich dann auf? Es ist ja nicht da, das weiß sie doch! Aber trotzdem! Sie legt das Telefon zur Seite und rollt los. Ich brülle hinein, sie soll das kleine Arschloch doch in Ruhe lassen! Mama? Mama?!!! Nimm doch das Telefon wieder in die Hand! Sie murmelt unverständliches und es ängstigt mich sehr. Ich lege auf und versuche wieder, die Station zu erreichen, damit man nach ihr sieht. Ich weiß, dass ich keine Hilfe bin, halb panisch, wo solche Patienten doch sicher das tägliche Brot über die Maßen beschäftigter Altenheimmitarbeiter sind.

Inzwischen ruft Mutter bei Dixie an, aufgelöst, weil ich doch keine Antwort mehr gebe und ob ich denn einen Unfall gehabt hätte? Mutter, sage ich. Lass das kleine Arschloch in Ruhe. Leg dich hin! Soll er doch soviel in der Steckdose bohren, wie er lustig ist. Ich weiß, dass nach ihr geschaut wird. Ich weiß, sie ist in sicheren Händen. Trotzdem schlafe ich nicht.

Sie ist ein einem schwachen Zustand, sagt der Pfleger, den ich heute Nachmittag erreiche. Sie erzählt, dass sie zusammengebrochen ist und nicht mehr genau weiß, was dann war. Sie klingt aufgeräumt und orientiert und später kommt noch die Ärztin, sagt sie. Das kleine Arschloch sitzt in der Ecke und schaut sie an. Aber sie weiß, dass es in Wirklichkeit nicht da ist, deshalb hat sie keine Angst vor ihm.

Morgen darf ich Mutter für eine halbe Stunde besuchen, erstmals seit vielen Wochen. Ich kaufte ihr, die sie immer viel Wert auf ihr Äußeres legte, ein himmelblaues T-Shirt und einen Loop-Schal mit Vögeln und auch Schokolade, mit der sie gern die Schwestern bedenkt. Wir werden uns mit Sicherheitsabstand und Masken gegenübersitzen und uns nicht berühren dürfen. Aber sie wird sehen, dass es uns nicht nur über einen Apparat, den man ans Ohr hält, gibt, sondern dass wir wirklich noch da sind und lange Haare bekommen haben und wir werden ihr Geschichten von der Außenwelt erzählen und gemeinsam über Trump lachen und vielleicht hat das kleine Arschloch nach unserem Besuch endlich begriffen, dass es sich mal fein verzupfen kann, das kleine Arschloch!

Hoffnungsvoll
moggadodde

Mask force

„Ehooh, hmfpbel ettmp horsh fpmiel hreaudm awechkekchnd, fliddlend!“
Der Fleischfachverkäufer in 3 Metern Entfernung guckt ratlos über die Theke.
„Hallo, ich hätte gern fünfhundert Gramm Rinderhackfleisch, bitte!“, brülle ich erneut und lerne so sofort
Maskenlektion 1: BITTE LAUT SPRECHEN!

Neu und interessant ist für mich auch, dass ich die Stimmungslage eines anderen Menschen nunmehr nur noch an den Augen ablesen kann. Lächelt mich mein maskiertes Gegenüber freundlich an oder bedeuten die zusammengekniffenen Augen Unmut, weil ich mir das letzte Glas Angebotsnutella geschnappt habe? Was sonst binnen Millisekunden via Mund- und sonstiger Mimik entschieden ist, braucht nun eingehenderen Blickkontakt. Einerlei, denn das Nutellaglas hätte ich sowieso nicht mehr hergegeben und generell bin ich bemüht, Läden so schnell wie möglich zu verlassen. Einkaufen gehörte noch nie zu meinen favorisierten Beschäftigungen: Schon präcoronar delegierte ich derlei gern an den MamS, der seinerseits ganz gern durch die Regale stromert.

Beeindruckend ignorant finde ich allerdings die Meinungen zahlreicher Spezialisten, die sich über die ab nächster Woche geltende Pflicht zum Tragen irgendeiner Konstruktion, um Nase und Mund zu bedecken, echauffieren. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach:

1. Du willst nicht angesteckt werden.
2. Du willst niemanden anstecken.
3. Du willst, dass dieser drecksverschissene Zustand bald beendet ist.
4. Dann setz dir irgendwas über Mund und Nase, verdammt!

Auch wenn klar ist, dass eine auch irgendwie geartete Behelfsmaske keinen kompletten oder irrsinnig großen Schutz darstellt, ist es immerhin ein Schutz und ich halte es für die verdammte Verpflichtung jedes einzelnen, mitzutun. Niemandes Grundrecht wird beschnitten, weil er nun beim Einkaufen oder im Bus einen Teil seiner im Zweifel sowieso hässlichen Visage bedecken muss. So what?!

Ich für meinen Teil will meine vielleicht ebenso hässliche Visage jedenfalls möglichst bald wieder maskenfrei zur Grillparty, ins Eiscafè, zum Schwimmen oder zu Muttern ins Heim tragen und dafür mache ich, was ich kann.
Und weil alle unsere für heuer geplanten Urlaubsreisen bis auf weiteres abgeblasen sind, trage ich die Illusion der großen, weiten Welt wenigstens auf einem hübschen Stoff (via Etsy, „retrokinderzimmer“)

ptfbty

Nicht meckern. Machen!

Einen beschützte Zeit wünscht
moggadodde

TV brachial

Ihr denkt, Ihr habt im Fernsehen alles gesehen? Lange nach Jackass, dem Prototypen des Fremdschäm- und Ekelfernsehens gibt es inzwischen Menschen, die ihre Püpse (oder heißt es Pupse?) Flatulenzen anzünden und glauben, das sei Unterhaltung. Es gibt Menschen, die andere Menschen durch ein Gewichtsbootcamp schicken und ach, ja guck, wie lustig bei dem das Fett schwabbelt, hahaha. Es gibt Menschen, die andere Menschen, die in Glaskästen stehen, mittels visueller Auswertung primärer Geschlechtsmerkmale zur möglichen Paarung wählen und Menschengruppen, die unbekleidet auf Inseln umherspringen, auf der Suche nach, ja nach was? Vielleicht nach einem Partner, vielleicht nach Aufmerksamkeit, um für das nächste Nackt- oder anderweitig geartete Retardiertenformat gecastet zu werden, der Dschungel, Kasalla und Känguruhoden warten schon. Es gibt Frauen, die sich im Kampf um einen gelackten Tussimagneten maximal stutenbissig anzicken müssen, ehe sie von ihm ohne eine beschissene Rose in die Bedeutungslosigkeit zurückschickt werden. Ach, übrigens: Die 50er haben angerufen und wollen ihr Frauenbild zurück!

So aktuell, so schlecht. Aber es geht noch schlimmer.
Nun ist es ein paar Stunden her, da ich en passent eine Fernsehwerbung registrierte. Die privaten Sender haben ja nun neuerdings die Angewohnheit, für andere Fernsehsender zu werben. Wobei die Bezeichnung „Fernsehsender“ ja schon etwas hochtrabend ist für diese werbebasierten Verblödungsanstalten. „TLC“ heißt offenbar die neueste Speerspitze in den Niederungen der nach unten offenen Akzelerationsidiotenskala. So bringen die meisten Formate dieser Auswurfanstalt den Ekelsensor zum Glühen. Sie heißen „Dr. Pimple Popper“ (je Eiter desto splash), „Die Sex Klinik“ („Vorsicht, Chlamydien!“) oder „Geizhälse extrem“, wo Menschen Ohrenstäbchen miteinander teilen oder Tonpartikel aus benutztem Katzenstreu filtern, als Zierkiesersatz für die Grabstelle.

Jedenfalls sah der MamS gerade irgendwas mit Sport oder das bei ihm ebenso gern betrachtete Format, bei dem ungesund aussehende Karosserieklempner mit viel Aufwand hässliche, schrottreife Rostkübel in hässliche, gepimpte Protzkarren verwandeln. „Neu bei TCL“, oder so ähnlich hieß es da, „The Toe Bro – Der Fußdoktor“. Ulkiger Name dachte ich noch. Weil ich gerade nichts besseres zu tun hatte, Füße zwar für elementar wichtig aber trotzdem ausnahmslos unerträglich halte, allerdings auch drollig klingende Namen mag, googelte ich fix, in kribbeliger Erwartung bereits einer medialen Abscheulichkeit, aber die diese verdammte Neugier, Ihr versteht. Was soll ich sagen. Ich habe den Abgrund geschaut. Ich sah die Fußpilz-Vorhölle. Die Nagelniederungen. Den Haxen-Hades.

The Toe Bro hat einen You Tube-Kanal, allein die Vorschaubilder von zentimeterlangen Hornschaufeln, blutig-entzündeten Zeigezehen oder mykotischen Nägeln verursachten mir bereits Beklemmungen und heftigen Hochdruck in der Speiseröhre. Auch wenn dieser unerschrockene Mann einen sicher wertvollen Dienst an geschundenen, vernachlässigten, grindigen, mit monströsen Warzen und Schrunden bestückten Füßen leistet, wer zum pferdefüßigen Teufel möchte so etwas sehen, außer angehende Podologen oder ausgemachte Freaks? „Ah, jetzt kommt die Folge mit den eingewachsenen Zehennägeln! Schatz, hol doch eben noch die Käsehäppchen!“

Es gibt keine Absurdität, die groß genug wäre. Es gibt keine Zeigetabus mehr, keine Betrachtungshemmungen. Und Susan Stahnkes Darmspiegelung ist auch schon 18 Jahre her.
Aber bitte, Füße. Ich muss mir die Augen spülen. Mit Salzsäure.

Blindwütige Grüße
moggadodde

Jahreswechselgedanken

Was war das für ein Beginn, Zweitausendneunzehn! Du hieltest mich in Atem, indem Du Mutter nach einem Beckenbruch nach Hause schicktest, wo du mich mit der Pflege auf sämtlichen südlichen und sonstigen Ebenen schnell überfordertest. Ich schaute auf das Jahreswechselgeballer, weinend und am Ende meiner Kräfte, und dich in allen Schwarzvarianten ausmalend. Bis März ging ich auf dem Zahnfleisch, dann beruhigte sich die Lage. Mutter ging es besser, mit Unterstützung von vielen Seiten lief es irgendwie. Mühsam kamen wir über die Runden, selten optimal, aber Mutter war zufrieden und du ließest mich nach Uruguay und den Sommer genießen, auch wenn ich in steter Erwartung und im Bewusstsein war, dass Du nur trügerischen Frieden schenkst.

Zum Ende hin dachtest Du Dir, dass es jetzt ein bisschen zuviel der Ruhe ist und schicktest Mutter ein paar weitere male auf die Bretter. Du hast es erreicht, Zweitausendneunzehn. So ein menschliches Becken hat viele Bruchstellen und Du hast Dir wieder ein fieses Eckchen ausgesucht. Danke für nichts.

Mit einigen, glücklichen oder unglücklichen Zufällen, das kommt auf die Sichtweise an, konnten wir Mutter vor zwei Wochen in einem schönen Heim unterbringen, wo sie gepflegt und liebevoll umsorgt wird. Das Personal ist warmherzig und fürsorglich und es gibt Essen und Wäsche und Zuwendung, viel viel mehr, als ich es für sie in Dir, Zweitausendneunzehn, leisten konnte.

Mutters Umzug ins Heim ist eine Zäsur und fällt ihr schwer. Natürlich. Her home was her castle. Eine Trutzburg. Ein Schutzwall vor Menschen außerhalb der Familienbubble. 15 Jahre nach dem Tod meines Vaters, von dem sie sich nie erholte, ist sie nun ausgesetzt wie eine hilflose Sardine ins Haifischbecken Pflegeheim, wo sie Kontakte knüpfen und als „Neue“ auf eine gewachsene Gruppe zugehen muss, sie, die bislang nur an der Seite meines Vaters selbstsicher und lebenstauglich war.
„Die wollen mich nicht dabei haben. Das spüre ich.“, sagt sie und eine Seite meines Herzens splittert, während die andere Seite schimpfen möchte. Dass das völliger, subjektiver Bullshit ist. Dass sie es doch noch gar nicht richtig versucht hat. Dass sie Geduld haben muss und nicht gleich aufgeben darf. Gelassen bleiben und nichts erzwingen soll. Ich spreche mit ihr wie mit meinen Kindern, als sie klein waren.

Du hast es geschafft, dass ich mich an Deinem Anfang vollkommen überlastet und überfordert fühlte. Und zum Ende hin gibst Du mir noch eine Schiffsladung schlechten Gewissens. Aber ich wehre mich, Zweitausendneunzehn.

Ich bin keine schlechte Tochter, weil ich es nicht schaffe, dreimal am Tag zu Mutter zu fahren, um sie zu versorgen. Ich bin keine schlechte Tochter, weil ich nachts schlafen muss, statt mit einem Ohr am Telefon zu hängen, in Erwartung eines Anrufs, dass Mutter gestürzt ist und ich mit dem MamS oder dem kleinen Hank zu ihr zu fahren und ihr wieder ins Bett helfen muss. Oder ins Krankenhaus, je nachdem. Die Installierung des Notfallknopfs war nur ein Versuch. War klar, dass Mutter doch lieber anruft. Oder am Boden liegt, bis die Nachbarin sie findet. Ich bin keine schlechte Tochter, Zweitausendneunzehn, weil ich von Mutter erwarte, dass sie sich durchbeißt, ihr vertraue, darauf vertraue, dass sie sich arrangiert mit der neuen Situation, denn das ist alles was ihr bleibt.

Und auch wenn sich um sie herum alles auflöst, ihre eigenen vier Wände, in denen sie mit Vater so glücklich war, ihr mehr schlecht als recht selbstbestimmtes Leben, ihre schicken Kleider, die sie schon lange nicht mehr trug, weil sie das Haus nie mehr verlassen konnte, bin ich zuversichtlich, dass Dein Nachfolger, Zwanzigzwanzig, uns nicht so drangsaliert. Von Zwanzigzwanzig erwarte ich mir viel. Dass ich Mutter besuchen kann und sie mich mit einem Lachen empfängt. Dass sie sagt, dass sie sich gleich mit Frau A. oder Frau B. oder Frau C. auf ein Stück Kuchen treffen wird und dass ihr Leben hier gar nicht so schlecht ist und dass der Tafelspitz lecker war und sie sich freut, weil Schwester Laddawan heute besonders gute Laune hat.

Zweitausendneunzehn, von Deinem Nachfolger erwarte ich, dass er Dir zeigt, wie so ein Jahr aussehen muss, um Mutter zufrieden und ein bisschen glücklich zu machen und mir das Gefühl zu geben, doch das richtige getan zu haben, auch wenn das Gewissen mich immer wieder in die Seite zwicken wird.

Ich gebe Dir, liebes Zwanzigzwanzig, die Chance, das wieder gut zu machen, was Dein Vorgänger gnadenlos verbockt hat.

Zeig, was Du kannst!
moggadodde

Advent, Advent, der Kittel brennt!

„The most wunderful time of the year“ ist die Weihnachtszeit, singt der Schlager, aber für viele ist es die stressigste Zeit des Jahres, angefangen beim Einzelhandelspersonal über Paketdienstsklaven bis zu Menschen, die wertvollen Jahresurlaub opfern, um der gefräßigen Verwandtschaft beim Adventskaffee möglichst viele verschiedene Plätzchensorten zu präsentieren, damit diese sich am Anfang des nächsten Jahres über kneifende Hosen und geschwollene Rettungsreifen beklagen kann. Immerhin letztere tun sich das allerdings freiwillig an.

Der Geschenketsunami zu Weihnachten scheint den Konsumkurblern nicht mehr auszureichen; sie haben einen weiteren Kaufkriegsschauplatz eröffnet:
Den Adventskalendermarkt.
24 kleine Schokoladenplättchen hinter perforierten Papptürchen für den schmalen Euro reichten einst aus, um die kindliche Spannung auf Weihnachten und das größte Stück Schokolade hinter der letzten Tür zu befeuern. Diese Zeiten sind vorbei.
Es gibt keinen einzigen Süßwarenproduzenten, der inzwischen nicht ein eigenes Exemplar ins Rennen schickt, groß, bunt, schrill, die Spielwarenhersteller stehen nicht nach, von 15 bis 30 Euro reicht hier die Preisspanne. Ziemlich viel für eine Rabenmutter wie mich, die ihre Ableger stets mit der, wie sich kürzlich herausstellte, verseuchten Einsfuffzich-Billigschokoversion abspeiste. Mineralöl auf mein Haupt.

Heute ist der Adventskalender kein Privileg für Kinder mehr. Erwachsene Menschen frönen der Vorfestfreude mit teils sitzwürfelgroßen Monsterkalendern, die wirklich jede Vorliebe abdecken. Die Palette reicht von Nagellackadventskalendern, Bundesligaadventskalendern, Beautyproduktadventskalendern wirklich jeden Herstellers über Adventskalender für Hunde und Katzen, solche mit Müsli aller Couleur, Essig und Öl, Sextoys für sie und ihn, Fliegenfischerzubehör und Chilisamen bis hin zu Scherzartikeln und DDR-lesenen Spezialitäten aus ebenda. Wer freut sich auch nicht über eine Spreewaldgurke zu Nikolaus? Für das Luxusweibchen erwirbt man Parfümkalender für 300 Euro, den Hipsterbart pflegen whiskeyhaltige Lotions um etwa 130 Euro.

Wer schon im Advent das Geld für unnützes Zeug aus dem Beutel bläst, schenkt Weihnachten keine Schlüpper. Ultimativer Geschenktipp aus dem Hause Moggadodde, Dekadenz seit 1965, ist etwas ganz besonderes: Wer die 38 Sorten Plätzchen zum Sonntagskaffee für zu läppisch hält, kauft Zuckerwürfel mit 24 kt-Goldbeschichtung, geschmacksneutral und ungiftig immerhin. Drei für 85,00, neun Stück für 235,00 Euro.

Goldener Zucker auf der Kaffeetafel. Da können die Tanten mit ihren 38 Plätzchensorten aber einpacken.

Alle bekloppt
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