Back for good

In den hiesigen Hallen ist ein richtiger Samstag kein richtiger Samstag ohne frische Weggli. Und wenn ich frische Weggli sage, meine ich damit nicht die 9 Cent-Chemieklumpen aus dem Discounter-Brötchenknast, aufgebläht und randvoll mit proteolytischen Enzymkomplexen, Bromat, Amylasen, Proteasen und Cystein, zuständig für Haltbarkeit, Porenhübsche und Volumenausbeuteoptimierung, aufgetaute Laborteiglinge fragwürdiger Herkunft.

Der MamS schwört auf die Bäcker Schäfer-Weggli und nimmt allsamstäglich die 10 Kilometer einfache Fahrstrecke auf sich, um sich und seine Lieben mit Brötchen zu versorgen, die meist noch warm auf den Frühstückstisch kommen und zum Niederknien lecker sind. In besonders gierigen appetitreichen Phasen schafft er schon mal 4 Stück auf einen Rutsch und irgendwann erwähnte er auch, dass er gern einmal einen Blick in die Backstube werfen wollte. Als Geburtstagsüberraschung vereinbarte ich für den MamS still und heimlich ein Date mit dem Chef „unserer“ Bäckerei.

Heute früh um 6.00 Uhr, zu einer Zeit also, zu der ein Bäcker schon fast an den Feierabend denkt, schickte ich den Backpraktikanten MamS an die Arbeit. Brote und Gebäck waren bereits fertig, aber Brötchen für den Laden, die Filiale und die Verkaufswagen, die die umliegenden Orte abklappern, mussten noch gemacht werden. Aufsetzen, Wenden, Bestäuben, Beschicken des Ofens – der MamS wurde richtig eingespannt und nach drei Stunden Arbeit hatten er und die drei Kollegen in der Backstube weit über 2000 Brötchen gefertigt, wobei Maschinen lediglich Kneten und Backen erledigten, alles andere war solide Handarbeit, mit einem Teig ohne Aufblaschichi oder synthetischen Schnickschnack. Eine sehr große Tüte ofenheißer Brötchen als Lohn bringend, erzählte der MamS beim Frühstück von seinen Erlebnissen und war höchst beeindruckt von der Arbeit der Bäcker.

Erika und ihre Kolleginnen

Dass so viel Handarbeit kostet, ist klar und nur angemessen. Mit 22 ct liegen diese Brötchen zwar immer noch unter den Stadtbäckern, können aber gegen die Kampfpreise von Tanke und Discounter nicht bestehen. Jammerschade und skandalös, dass immer mehr traditionelle Backbetriebe unter dem Druck der industriellen Massenfabrikation aufgeben müssen, weil der Verbraucher offenbar lieber aufgepimpte Hightec-Schrippen aus der Hexenküche der Nahrungsmitteltechnik verzehrt, anstatt dem ehrlich und klassisch arbeitenden Handwerker zu vertrauen. Wenn ich Chemie will, esse ich Tabletten und keine Brötchen!

Einen krossen Abend wünscht
moggadodde

Aufwärts!

Wochen der Ungewissheit, des Umbruchs, der Ungewissheit und des Neuanfangs liegen hinter mir. Mir als Universalglucke haben die letzten Wochen ziemlich zugesetzt, aber nun ist alles gut. Dixie hat endlich den Job, der ihr nicht mehr als Nudeln mit Ketchup zum Monatsende beschert, aufgeben können, sie hat ihre Wunscharbeit gefunden. In zwei Tagen ist es soweit: Nach einigen Wirrungen und Unsicherheiten kann die

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endlich steigen.
Gut möglich, dass ich mich ein wenig in die Sachen hineinsteigere. Dass ich lenke und vermittle. Formuliere und dirigiere. Vielleicht auch zu sehr, das weiß ich auch. Ich gestehe und bekenne aber, es geht mir halt einfach nur gut, wenn es auch meinen Kindern gut geht. Da kann ich nicht aus meiner Haut. Und jetzt, ja, nun ist Licht auch am Ende des Dixietunnels. Deshalb gelobe und verspreche ich, es geht weiter hier auf dem Blog, für jetzt und immerdar.

Eine endlose Nacht wünscht
moggadodde

Ticket für zwei

Zur Feier meiner Wiederauferstehung von den Kranken beschloss ich, den kleinen Hank zum Burgeressen auszuführen. Wir steuerten am Mittag eine Tiefgarage in der Schweinfurter Straße an, Hunger trieb uns zur Eile.
Die Schranke hob und senkte sich, das Ticket, das der Automat bei Einfahrt ausspuckte, reichte ich meinem Beifahrer und steuerte eine freie Bucht an.
Über die dann folgenden Minuten herrscht Uneinigkeit: Der kleine Hank behauptete, er habe mir das Ticket vor dem Aussteigen gegeben, ich behauptete, es müsse noch in seinem Besitz sein. Unzweifelhaft allerdings war das Ticket weg.
Wir suchten im funzeligen Licht unserer Handytaschenlampen. Unter dem Auto. Unter den benachbarten Autos. In allen Taschen, Jacken, Rucksäcken. Unter Fußmatten. In Türablagen. Zwischen den Sitzen. Und fanden nichts.
Ich wandte mich per Notknopf an den Parkobermotz. Eben erst sei ich eingefahren, fände aber das Ticket nicht. Die Stimme war wenig hilfsbereit. Sollte das Ticket nicht wieder auftauchen, müsse man mir für den Tagessatz ein Ausfahrticket verkaufen. Mein Einwand, dass es doch Aufnahmen von der Einfahrtszone geben müsse und ich da sichtbar vor 10 Minuten passiert sei, ließ ihn kalt. Herr Hartherzig bedauerte. Er habe keine Kamera, was ich ihm nicht abnahm, aber nicht gegenbeweisen konnte.
Wir suchten noch ein bisschen, ehe uns ein massiver Hungerast Richtung Futterkrippe trieb. Noch war ja nichts verloren.
Zwei Burger später betraten wir die Tiefgarage erneut und suchten frisch gestärkt weiter. Unter dem Auto. Unter den benachbarten Autos. In allen Taschen, Jacken, Rucksäcken. Unter Fußmatten. In Türablagen. Zwischen den Sitzen. Und fanden nichts.
An der Kasse erörterte ich die Situation nochmals. Die nun am Rohr befindliche Dame bedauerte erwartungsgemäß erneut und verkaufte mir ein Ausfahrtticket, für das ich zähneknirschend 15 € in den gierigen Automatenschlund schob.

Eben flachste ich mit dem kleinen Hank noch, als ich in den benachbarten Berliner Ring einbog, dass ich gespannt sei, wo das Scheinchen auftauchen werde, als mein Blick in die bereits mehrmals von uns beiden durchsuchte Türablage fiel. Hochkant und im schmalen Teil der sich nach hinten verjüngenden Ablage steckte das Miststück. Nach einer sofortigen Wende kreuzte ich 5 Minuten später nochmals am Kassenautomaten auf, wo sich die Herrin der Abstellunterwelt vorschriftentreu erneut von ihrer störrischen Seite zeigte.
Der kleine Hank sparte nicht mit Spott. Berechtigt, natürlich, denn das Ticket fand sich in der Ablage der Fahrerseite und obwohl ich einen üppigen Texas-Burger im Bauch hatte, hätte ich mich am allerliebsten noch selbst in den Hintern gebissen. Vielleicht hätte ich mich einfach noch einen Tag ins Bett legen sollen. Dass heute Freitag der 13. war, ist mir tatsächlich eben erst aufgefallen.

Eine berechenbare Nacht wünscht
moggadodde

Paarallergie

Man sagt langjährigen Paaren nach, sie würden einander mit zunehmender Zeit ähneln. Der MamS und ich haben ja nun schon eine erkleckliche Zahl an Jahren auf unseren gramgebeugten Buckeln, denken oft dasselbe in exakt derselben Minute, was an Gruseligkeit nur von äußerer Annäherung übertroffen würde, könnte es doch bedeuten, dass ich im ungünstigsten Fall meiner geliebten Haupthaare verlustig ginge oder dem MamS plötzlich Brüste wüchsen.

Das nächste Level der Homogenisierung bei Paarveteranen scheinen wir jetzt erreicht zu haben. Schon lange leidet der MamS am Heuschnupfen. Frühblüherschurken wie Hasel, Erle und Birke strecken ihn in den ersten, wärmeren Wochen des Jahres darnieder, während ich dem Leiden zuschauen musste. Das ist jetzt vorbei. Seit ungefähr drei Jahren bin ich in solidarischer Verbundenheit gleichzeitig am Schnupfen, obwohl ich noch nie mit derlei Unbill zu kämpfen hatte. Heute also, erstmals 10 Plusgrade auf der Skala, und wir lagen hier rum wie zwei angeschossene Hunde, während draußen die Hormone tobten. Liebe, ey!

Es duftet süß, verheißungsvoll,
in Wallung sind die Lüste.
So herzerwärmend lau die Luft,
man sieht auch wieder Brüste.
Jedoch dem Menschen ist hienieden, –
ich sage das, weil ich es glaub‘ –
nur dann des Lenzens Glück beschieden,
wenn er verträgt den Blütenstaub.
Der Gaumen juckt, die Nase trieft,
die Augen sind geschwollen.
Wie soll man sich auf Frühling freuen,
im Angesicht der Pollen!?
Das erste Eis, es schmeckt so fad,
es kribbelt überall.
Ich fühl‘ mich sterbenskrankmalad
beim fünften Niesanfall.

So leg ich leidend mich darnieder,
voll mit Chemie und ziemlich breit.
Bald glänzt des Sommers Sonne wieder,
in einzig wahrer Jahreszeit!

Einen blühenden Abend wünscht
moggadodde

Burn baby, burn!

Den Jahreswechsel wollte der MamS diesmal ganz anders begehen und so buchten wir ein paar Tage in einem schicken Hotel mitten im hassbergischen Outback. Ein kurzer Spaziergang durch den Ort machte klar, dass wir uns hauptsächlich im Haus aufhalten würden. Außer einer Kirche, zwei geschlossenen Lokalen und einem Kostümverleih gab es absolut nichts – Rügheim ist halt nicht Rio. Neben den preisverdächtig guten Schmäusen aus der Küche wollte also die Wellnessetage ausgiebig frequentiert werden.
Im Gegensatz zum MamS bin ich nicht die große Sauneuse, aber auch kein Spielverderber und so schlüpfte ich mit gemischten Gefühlen in den bereitgestellten Bademantel. Meine letzten Saunagänge vor vielen Jahren hatte ich nur noch in vager, aber durchaus nicht angenehmer Erinnerung.

Nach Abarbeitung gängiger Reglements begab ich mich zu den Schwitzkästen. Neben einer Kindersauna einem Saunarium und einem Dampfbad gab es die „richtige“ Sauna. Finnisch, drei Etagen, die maximal 5 Personen gleichzeitig aufnehmen konnten, so Körperkontakt vermieden werden sollte und ja, das wollte ich jedenfalls. Ich kletterte textilfrei auf den Oberrang. Und saß. Und saß. Und saß. Und schwitzte nicht. Ich schwitze selten. Und schon gar nicht bei 93 Grad in relativer Bewegungslosigkeit. Menschen kamen und gingen. Der trockenen Luft versuchte ich mit mehreren Aufgüssen zu begegnen. Ätherische Schwaden reizten meine lodernden Schleimhäute. Meine Brustwarzen glühten wie die Augen eines diabolischen Tieres. Ich schien pure Lava zu atmen. Meine Körpersäfte drohten zu gerinnen, waberten träge durch angeschwollene Venen und meine Haut ähnelte bald großflächig einem Marmorkuchen aus Blut und weißer Schokolade. Trocken wie die Wüste Gobi verließ ich nach 20 Minuten die Box, schwallbrauste eiskalt, legte mich in den Garten und fühlte mich wie ein Cookie auf dem Auskühlgitter. Noch zweimal verwandelte ich so meinen Körper in einen riesigen Pizzastein, während der MamS jeweils vorbildlich und gleich einem löchrigen Feuerwehrschlauch heftig vor sich hin suppte.

Persönlich kann ich dem Saunieren also rein gar nichts abgewinnen. Manche Leute mögen einen Nutzen fürs Immunsystem behaupten, willkommen für Wohlbefinden, Hautbild oder als Gefäßtraining. Ich empfinde es als Zeitverschwendung und Mühsal, nicht einmal Lesen gelingt in der Düsternis und wahrscheinlich gibt es in diesen Holzkisten auch kein brauchbares Wlan, was ich wiederum nicht testen kann, ohne mein Handy zu backen.
Mit der Nacktpflicht mag ich mich ebenfalls nicht recht anfreunden. Nicht nur die Situation des Gesehenwerdens, sondern auch das Sehen selbst empfinde ich als unangenehm: Unbekannten, baumelnden Gemächten begegne ich auf Augenhöhe genauso ungern, wie ich die eigenen Hügellandschaften südlich des Nabeläquators zur allgemeinen Ansicht bringe.

Verrückte Finnen veranstalteten für ein paar Jahre tatsächlich eine Sauna-Weltmeisterschaft, bis 2010 ein mit Schmerzmitteln und Hautcreme gepimpter Russe bei einer wahnwitzigen Höllensitzung in die ewigen Schwitzhüttengründe einging. Man sollte halt nichts übertreiben und so habe ich herausgefunden, wie ich die Sauna für mein Wohlbefinden am besten nutzen kann: Der beste Saunagang ist der, den ich gar nicht erst antrete.

Eine heiße Nacht wünscht
moggadodde