Mourning Glory

„Ach, Lini*!“, nölt der MamS und reibt an seinem Oberhemd. Missmutig deutet er auf einen centgroßen Tomatensoßenfleck in Brusttaschenhöhe. „Uppsi, hab ich wohl übersehen!“, antworte ich, die Tatsache, dass ich das bügelfreie Hemd aus der Waschmaschine uninspiziert auf dem Kleiderbügel trocknen und dann direkt in den Schrank wandern ließ, nicht sonderlich erwähnend. Dass er das doch jetzt anziehen wollte, klagt er. Und dass das jetzt seine Outfitpläne verhagelt.

Sorgte ein derartiger Dialog bereits tagsüber für ein möglicherweise kritisches Beziehungsklima, so birgt er morgens um halb 6 zumeist pures Dynamit.

Morgens um halb 6 ist die Welt nämlich nicht in Ordnung, sondern nur die Nacht vorbei. Seit langem schlafe ich, früher die größte Schlafmütze auf diesem Planeten, nicht nur schlecht, sondern miserabel. Es mögen gute 4 Stunden sein, die ich netto schlafend verbringe, in stetem Wechselspiel mit Klogängen, Umherwälzen und in-die-Dunkelheit-Starren. Wenn ich aufwache, ist das nicht, wie früher, ein dröges „Verdammt, was für ein Tag ist und wo bin ich überhaupt“-Aufwachen, sondern eine feurige „Gebt mir eine Axt und ein paar Scheitli und ach, den Baum reiße ich auch gleich raus!“-Munterkeit. Inzwischen habe ich mit damit aber arrangiert.

Manchmal, wenn ich besonders lange wach liege, schaue ich mir bei Napflix.tv, der Siesta-Plattform mit den langweiligsten Youtube-Videos, tranquilizierende Clips an. ASMR, die Flüsterentspannung? Wirkt bei mir nicht beruhigend, sondern macht mich kribblig und aggressiv. Ein Mann ordnet die Briefmarken seines Vaters? Schon besser. Klingonisch lernen? Will ich nicht.
Am besten entspanne ich in der Nacht mit der einstündigen Aufzeichnung der japanischen Monopoly-Championships. Ich muss gar nicht hinsehen. Das geschäftige Gemurmel in einer mir völlig unbekannten Sprache beschert Phlegma auf höchstem Niveau, goldrichtig in einer insomniösen Nacht!

Dass ich mit so wenig Schlaf existiere bedeutet aber nicht, dass ich morgens auch gut gelaunt bin. Das bin ich nie, weshalb eine frühmorgendliche Kommunikation normalerweise nicht stattfindet, ohne dass meine innerlichen Truppen mobil machen. Aber heute finde ich es so saukomisch, dass sich der MamS an diesem Tomatenfleck hochzieht, den er immerhin höchstselbst auf die Brust kleckerte, als er letztens in cäsarischer Halbliegendposition von der Lasagne naschte, UND MICH HIER NOCH ANMACHT!? Lächerlich!

Er holt sich also ein anderes Hemd, aber schon wieder höre ich Gepolter: „LINCHEN*! Was zum Teufel hast Du mit der Hose gemacht?“, greint er, reißt am Stoff herum und versucht verzweifelt, die Hose zu schließen. Ich schaue ihn an und kann nicht mehr an mich halten. Schallend lache ich los, so laut, dass der kleine Hank besorgt aus dem Bett kriecht. Ich lache wie schon lange nicht mehr, vielleicht höre ich mich auch etwas irre an, aber das ist das komischste Bild seit langem! Prustend eröffne ich: „Sieht echt scheiße aus. Kannst vielleicht mal meine Jeans ausziehen?“

Mag sein, dass ich bei der Wäsche gerade etwas flatterhaft bin. Kann aber auch sein, dass ich wegen des wenigen Schlafs langsam durchdrehe.

Highter highter
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* Ja, der MamS beliebt mich derzeit so zu rufen. Ich hatte schon sehr viele Kosenamen, auch schlimmere.

Bedrohnung

Strahlende Sonne beim Spaziergang und eisige Kälte. Ein bisschen frische Luft soll ja nicht schädlich sein, aber plötzlich umfängt mich ein Geräusch. Hornissen in Würzburg? Ein Killerwespenschwarm? Hat Gott sein Plagensortiment mit Trump auf dem nordamerikanischen Kontinent experimentell erweitert und schickt den Würzburgern erst einmal die guten, alten, biblischen Heuschrecken?
Ich schaue mich um und entdecke über mir ein Fluggerät, einen Quadrocopter, wie sich diese moderne Plage aus der Tech-Ecke wohl nennt. Sirrend bewegt es sich hin und her und ich fühle mich sofort unbehaglich. Was nimmt er ins Visier? Welche Auflösung bieten die Aufnahmen? Ist es hier sicher oder machen die Batterien schlapp und die Rotoren rasieren mir beim Absturz ein paar Ecken in den Damenbart oder kracht mir das Teil gleich mit einem ordentlichen Wumms auf die Rübe? Ich fühle mich bedrohnt, gehe in die Gegenoffensive und fotografiere zurück.

Wo zum Teufel steckt der Pilot?
Ich entdecke ihn auf dem Domplatz. In einer Ecke stehend guckt er in einen Kasten, den er mit Gurten am Oberkörper trägt. Natürlich will ich da nachhaken und nähere mich. Der MamS hasst es, wenn ich fremde Leute in kritische Gespräche verwickle, aber das kratzt mich bekanntlich wenig. Er läuft weiter, während ich den Piloten anspreche, ob ich stören darf, oder ob das eine Gefahr für die Passanten darstellt? Sehr freundlich ist der Mann und beantwortet mir meine Fragen. Die Aufnahmen sind für einen Radiosender und auf dem Monitor sehe ich aus der eben gesehenen Flughöhe gestochen klare Bilder. Er erkundigt sich nach meinen Bedenken, die ich sehr gern erläutere und die er zu entkräften versucht, was ihm trotz der offenbaren Joystick-Virtuosität nicht wirklich gelingt. Er scheint zu wissen, was er tut, es handelt sich um eine Auftragsarbeit, er macht einen besonnenen Eindruck. Aber ich bin immer noch sehr nachdenklich.

Luftbilder sind keine neue Erfindung. Schon vor vielen Jahren hing in der Wohnküche meiner Oma eine Aufnahme des hart erarbeiteten Eigenheims von oben. Aber das waren Profis, die aus Cessnas knipsten. Und billig war das nicht.
Heute können sich Hinz und Kunz, Doof und Saudoof sowie Spanner und Hirnlose aller Couleur zum Aviator aufschwingen und für ein paar Kröten und ohne Registrierung nicht nur schöne Bilder und Filme machen, sondern auch spitzeln, spionieren und spannen.
Noch schlimmer aber ist, dass sich selbst harmlose Hobbypiloten zuweilen mit der Steuerung überschätzen. Technische Defekte oder ein upps! plötzlich leerer Akku sind keine neuen, sondern immer öfter verkündeten Nachrichten. Es ist nach meiner Befürchtung angesichts der schieren Masse der mittlerweile verkauften Copter und Drohnen nur eine Frage der Zeit, bis einer dieser Brocken nicht mehr nur auf der Autobahn notlandet, sondern ein Unglück mit ernsthaftem Personenschaden anrichtet.

Sogar elektrische Rollstühle müssen über Nummernschild und Haftpflichtversicherung verfügen, wenn sie schneller als 6 km/h fahren, während die Mehrzahl der Freizeit-Luftikusse ihre hoch gefährlichen Fluggeräte völlig anonym mit bis zu 60 Sachen durch den Luftraum jagt? Nicht auszumalen, wenn eines dieser meist als „Spielzeug“ klassifizierten Flugkörper aus 30 m Höhe auf einen Menschen kracht.

Im eigenen Garten, in den eigenen vier Wänden, auf und über dem eigenen Grundstück oder auf eigens dafür vorgesehenen Geländen – hey, viel Spaß und ab dafür! Nennt mich spießig, aber für mich haben diese Geräte ohne Lizenz, fundierte und fachlich belastbare Einweisung in der Art eines Führerscheins sowie Eigentumsnachweis im öffentlichen Raum einfach nichts verloren.
Ich jedenfalls möchte nicht „airleben“, wie mir so ein Geschoss aus heiterem Himmel einen zweiten Scheitel zieht!

Einen luftigen Tag wünscht
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Orange is the new black

Es gibt Trump seit Tagen ja Trump kein Entkommen. Mit der „Inauguration“, ein viel zu feierliches, erhabenes Wort für dieses mittlerweile in alle Einzelteile zerlegte Inthronisierungsspektakel des amerikanischen Präsidentendarstellers, beginnt erst die schmierige Posse, die die Welt in nächster Zeit beschäftigen wird. Ein gigantisches Dschungelcamp, eine monströse Soap-Opera, in der die männliche Ausgabe von Alexis Colby-Carrington mit Geld, Intrigen und Lügen die Welt zu verarschen, seinen Kontostand zu mehren und seinen unwiderruflich schlechten Ruf zu verbessern sucht. Ein bockiger, narzisstischer, dauerbeleidigter Psychopath mit Kindheitstrauma und möglicherweise zu kleinem Gemächt, eine orangegelbe Krawallschachtel mit sämtlichen Atomcodes im Kopf. Eine Insolvenz an Toleranz. Ein präsidialer Albtraum. Ein staatsmännischer Schiffbruch.
Ich für meinen Teil habe hier eine Wette laufen, dass Trump, der gelbhaarige Sexistentycoon, keine 4 Jahre im Oval Office sitzt und hoffe nur, dass er bis dahin nicht allzuviel Schaden anrichtet. Mein Tipp: Amtsenthebungsverfahren in der 52. Woche seiner Amtszeit. Trump, die Wette gilt!

Wir in Schland dürfen aber nicht so tun, als schlitterten bei uns nicht auch ein paar Kühe übers Eis. Was war das in Koblenz? Das who-is-who der europäischen Rechtsausleger trifft sich, um den Wahlkampf der AfD einzuläuten! Marine Le Pen, Gallionsfigur des Affront National, Salvini, der mit seiner Lega Norditalien abspalten möchte und Wilders, der klebrige, niederträchtigeländische Silberpudel möchten Geburtsquotenfrauke Petry und ihrem Anhang das Feld bereiten! Da gilt es, genauer hinzuschauen, noch viel mehr als über den Teich! Wie zum Teufel kann es sein, dass hierzulande der Schwerpunkt der Berichterstattung auf Frau Melanias himmelblauem Jackie-Kennedy-Gedenkoutfit liegt, während in Koblenz der Todesstern der europäischen Idee, die Abrissbirne der Menschlichkeit, der Bodensatz der Menschenwürde die Klingen schärft?

Nein, wir dürfen nicht wie ein paar dahergelaufene Unfallgaffer auf das Trumperium schauen. Wir müssen unseren Blick auf uns und den Rest der Welt richten, aufs wilde Erdoganistan, in den unnahbaren Osten, auf all die anderen, zahllosen Brandherde der Welt. Zugegeben, das alles ist so anstrengend! So enervierend! So deprimierend! Aber wollen wir diesen Planeten wenigstens halbwegs passabel am laufen halten, müssen wir wachsam in alle Richtungen sein, um dem polymorphen Hass, der galoppierenden Angst und der allseits grassierenden Heimtücke in so vielen Ländern der Welt und zu allererst hier die Stirn zu bieten.

Ich bin Trump gerade so müde. Aber ich fürchte, es Trump hat gerade erst angefangen.

Matt, aber

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Zahltag!

Geld stinkt doch. Das erfuhr ich hautnah, als der Zählautomat wegen eines falsch gedrückten Knopfes die Münzen ohne weitere Nachfrage einfach wieder ausspuckte. Auf Knien pflückte ich das Geld aus dem (viel zu kleinen!) Rückgabebehälter in Schienbeinhöhe, um es dann erneut zur Zählung in den metallenen Schlund zu schütten – belustigte Blicke Anteil nehmender Bankangestellter und Kunden trafen mich, Gefeixe inklusive: Man ist halt nicht zimperlich auf dem Land.

Frau Fortuna hat gesprochen und mich ziemlich verblüfft: Ganze

Glas

befanden sich im Glas und das bedeutet, dass mit der Teilnehmerin KatLu dieses Mal jemand gewonnen hat, der mit Kalkulationen, Wahrscheinlichkeitsrechnungen und sonstigen, geheimnisvollen Berechnungsmethoden soviel gemein hat wie Donald Trump mit Gautama Buddha, wie ein Veganer mit einem Wagyu-Steak oder mein Spiegelbild mit Costa Cordalis. Ich kann das mit Fug und Recht behaupten, eine überaus leidvolle Schulzeit lang trat sie in meine Fußstapfen relativer Ahnungslosigkeit, mathematische Zusammenhänge betreffend: Bei der Teilnehmerin KatLu handelt es sich nämlich um Tochter Dixie und sie lag wirklich unfassbar knappe 0,09 € neben dem Ergebnis!
Der Zweitplatzierte, Herr @dasaweb, landete aber auch nur hauchfein mit 1,76 € daneben (lag es an den diesmal fehlenden 50 ct-Stücken? Ich hätte doch schwören können, irgendjemand hätte welche hineingetan!) und der dritte Platz geht an Frau Tanky, die mit ihrer mutigen, runden Angabe um 6,33 € den Sieg verfehlte.

In den kommenden Tagen werde ich deshalb satte 50,00 € an den Verein „Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff in Deutschland“ überweisen können. Das freut mich umso mehr, weil ich genau weiß, dass dort nicht nur das Bemühen besteht, Tay-Sachs und Sandhoff bei Politik, Pharmaunternehmen und Medizinforschung in den Fokus zu rücken, sondern auch umfassende Information und Aufklärung, Selbsthilfe sowie Beistand beim Umgang mit dieser entsetzlichen Krankheit stattfindet. Schön, dass ich Euch ein wenig unterstützen kann!

KatLu aka Dixie werde ich das ausgelobte Colafläschli-Päckchen in den nächsten Tagen übergeben können. In diesem speziellen Fall meine ich, auf die handschriftliche Siegerurkunde verzichten zu können. Dixie kennt meine Handschrift – oft genug habe ich schließlich unter die Fülle an Schulaufgaben und Exen meinen gefrusteten Servus gesetzt. Fortuna ist halt wirklich eine unberechenbare Größe …

Danke fürs Mitschätzen!
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Neues Jahr! Neues Glück!

Der 90 Millionen-Eurojackpot wurde ja endlich geknackt – leider nicht von mir, sonst schrübe ich dieses Posting bereits unter irgendeiner südlichen Sonne und nicht im deutschwinterlichen Dauergrau. Ich gestand ja letztens, an die völlig hanebüchene Chance zu glauben, irgendwann einen nennenswerteren Betrag als die üblichen Dreifuffzich im Lotto zu gewinnen und so fordere ich also Woche für Woche das Glück heraus, das sich bisher allerdings als bemerkenswert resistent gegen meine Avancen zeigt.

Glück und eine beträchtliche, mathematische Beschlagenheit zeigte vor einiger Zeit auch „Der große Kalkulator“, aka Herr Dasaweb, der bei der ersten Ausgabe des Schätzrätsels erstaunlich nah am tatsächlichen Wert landete.

Es dauerte unerwartet lange, bis sich das Teil wieder füllte, dafür ist sie ein bisschen schwerer als beim letzten Mal. Auch diesmal gilt es also, den Wert des Inhalts dieser mehr oder weniger hübschen Vase zu schätzen.

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Bis auf 1- und 2-Euro-Stücke befindet sich wieder jede Münze darin, was halt im Portemonnaie über die Zeit so zu finden war, inzwischen wiegt das gute Stück ausweislich meiner ungeeichten aber leidgeplagten Personenwaage satte 5,1 kg.

Wer mit seiner Schätzung am nächsten am gesuchten Betrag liegt und in die Kommentare postet, darf sich wieder auf eine ausgesuchte Süßigkeitenspezialität Tüte Colafläschli und ein in schönster Handschrift erstelltes Gewinnzertifikat freuen. Und ich habe eine bezaubernde Handschrift!

Selbstredend wird der Gegenwert auch diesmal nicht einfach verpulvert, sondern einem sehr guten Zweck zugeführt: Der Verein „Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff in Deutschland e.V.“ hat sich dem Kampf gegen diese heimtückischen und seltenen Krankheiten verschrieben, er wird das Geld erhalten. Auch hier sattle ich pro eingegangenem Kommentar wieder einen Betrag bis zu einer von mir bestimmten Obergrenze drauf – also schaut tief ins Glas und schätzt, was das Zeug hält!

Abgerechnet wird kommenden Freitag, dem 13. Januar. Dann bringe ich das Schwergewicht hoffentlich unfallfrei zur Bank und lasse mich wieder schräg angucken, wenn ich ein Glas Münzen in den Automaten schütte. Wird das ein Spaß!

Und jetzt: Schätzt!
moggadodde