Zwar möchte ich behaupten, recht passabel kochen zu können; zumindest habe ich noch nie jemanden vergiftet. Trotzdem gibt es immer noch Optimierungsbedarf, vor allem der gemeine Hefeteig ist ja bekanntlich noch immer mein schlimmster, natürlicher Feind.
Deshalb unterzogen wir uns am Samstag unter den gestrengen Augen von Oberköchin Babetta einem Kurs, bei dem wir unter ihrer Ägide allerhand feine Schmankerln italienischer Provenienz produzierten.
Köchin Babetta ist eine gestandene Frau, mitten im Leben stehend und Inhaberin eines Catering-Service. Man sollte also meinen, mittelalterliche Denkweisen wären der zupackenden, modernen Frau fremd. Ein Bestandteil der Speisenfolge war die Tunke für eines meiner Lieblingsgerichte, Vitello tonnato. Grundlage für die himmlische Thunfischsoße bildet eine hausgemachte Mayonnaise, für deren Zubereitung ich mich bei der Vergabe der Aufgaben nicht ganz uneigennützig spontan gemeldet hatte.
Die Erfahrung der blonden Babetta habe gezeigt, dass das Gelingen einer Mayonnaise auch vom Befindlichkeit der Köchin abhänge. So könne sie es sich nicht erklären, sei aber der unumstößlichen Überzeugung, dass menstruierende Frauen keine Mayonnaise herstellen können, ohne dass diese gerinne.
Wenn ein cerebral eher eingleisig dimensionierter Mann so etwas von sich gegeben hätte, wäre ich zwar auch etwas erstaunt gewesen, hätte die Äußerung aber unter der Rubrik „Latenter Vaginalneid“ abgelegt. Aber Babetta ist doch eine Frau! Sie musste es doch besser wissen!
Oh, und ich dachte, wir wären schon im 21. Jahrhundert, entgegnete ich deshalb entgeistert, aber Babetta hielt an ihrer Meinung fest und nahm mir energisch den Zauberstab aus der Hand, als ich sie beiläufig darüber informierte, dass ich selbst gerade die Maler im Keller hätte.
Unerschütterlich hält sich offenbar noch immer eine Reihe von Mythen, die das Misslingen mancher Gerichte oder Unternehmungen im einstmals sogenannten „unreinen“ Zustand hartnäckig behaupten. So würde Sahne nicht steif werden, eingelegtes Obst würde unweigerlich verrotten und hielte sich die blutende Frau nur in der Nähe einer Kelterei auf, könnte man den dortigen Wein auch gleich in den Gulli kippen.
All das lässt sich aber mit ein wenig Menschenverstand leicht erklären: Sahne will bei bestimmten Luftdruckverhältnissen tatsächlich partout nicht steif werden, wenn eingelegtes Obst sauer wird, liegt’s an der mangelnden Hygiene bei der Verarbeitung und der umgekippte Wein ist wohl eher eine Ausrede unfähiger Winzer, denn das Hexenwerk blutender Frauen.
Ich persönlich habe mit derlei mittelalterlichem Hokuspokus-Denken eher weniger am Hut. Wenn meine Mayonnaise bei ein oder zwei Selbstversuchen geronnen ist, lag es ganz sicher an den Temperaturunterschieden der verwendeten Zutaten, die, und das war mir neu, allesamt zimmerwarm sein müssen.
Am Ende des Abends hätte ich mich selbst jedenfalls ohrfeigen können, dass ich Babetta von der Erdbeerwoche erzählt habe. Ich hätte meine vorlaute Klappe halten, eine exquisite, ungeronnene Vitello-tonnato-Soße rühren und ihr zum Gegenbeweis der Theorie triumphierend unter die Nase halten sollen! Wieso nur kommen einem die besten Ideen immer zu spät?
Euch einen aufgeklärten Tag wünscht
moggadodde