Ich hab schon Phrasenschweine kotzen sehen

Vor 18.00 Uhr schon einen Bardolino? Na klar, da bin ich dabei … Vielleicht entspann sich deshalb vorhin folgender Dialog mit Hank:

Er so: „Mamaaaa, ich hab‘ Hunger. Was gibt’s denn zum Essen?“
Ich so: „Kleine Kinder mit Senf!“
Er so, lachend: „Au ja! Da will ich mitessen!“
Ich so, todernst: „Wieso? Du BIST das Essen!“

Da hat er geguckt, der Hank!
Schlagfertigkeit ist eine Fähigkeit, die man hat oder nicht. Ich schäme mich ja fast ein wenig dafür, aber mit nur einem Viertele höhergeistiger Flüssigkeit in den Blutbahnen quillt der mehr oder weniger spritzige Esprit noch schneller aus meinem Mund. Ganz von selbst. Die Anlagen sind also vorhanden, müssen nur ein wenig unterspült werden, um ans Tageslicht zu kommen.
Weil ich nicht vollkommen dem Alkoholismus anheim fallen und trotzdem leidlich vif parlieren möchte, habe ich sicherheitshalber das Brevier zur gepflegten Replik mit dem hinreißenden Titel „Niveau ist keine Hautcreme“ von Günther Willen auf die Einkaufsliste gesetzt. Vom richtigen Vademecum unter dem Kopfkissen verspreche ich mir nämlich eine Art „Learning by sleeping-Effekt“ – das hat schon in meiner Schulzeit beinahe einigermaßen funktioniert. Der Lesestoff der letzten Viertelstunde vor dem Wegkippen bleibt nämlich in meinem Gehirn haften wie Klebstoff.
Herr Willen hat sogar einen eigenen Blog, in dem er über die mit Hilfe seiner Fans erzielten, neuesten Fortschritte seiner verbalen Phrasenpirsch berichtet und diese nach Art des Vorturners Bastian Sick im nächsten Band verwursteln wird, was das Amusement allerdings kaum schmälert, denn entscheidend ist was hinten rauskommt und auf die Idee, dass die späteren Leser die Recherche für das Werk quasi selbst betreiben, muss man ja auch erstmal kommen. Alles eine Frage der trefflichen Delegation, wahrscheinlich.

Meine Favoriten-Phrase ist ja seit vielen Jahren „Nix ist umsonst, nur der Tod. Und der kostet das Leben“, gefolgt von der gepflegten Universalanrede „Alles fit im Schritt?“, die ich verständlicherweise nur bei ausgewähltem Klientel verwende. Phrasen sind schließlich das Salz in der Suppe einer jeglichen Konversation, oder nicht?

Dank „Niveau ist keine Hautcreme“ werde ich in Zukunft noch weniger um eine Antwort verlegen sein, als ohnehin schon. Wo ein Willi ist ist nämlich immer auch ein Weg.

Euch einen beschwipsten Abend wünscht
moggadodde

Nur für LiebhABBA

Natürlich könnte es daran liegen, dass ich alles andere als ein Musical-Fan bin. Aber weil ich mit Abba ja quasi aufgewachsen bin, habe ich mit der Ex-Nachbarin heute „Mamma Mia“ im Kino gesehen. Naja, mein Fall ist auch die Kreuzung zwischen Musical und Film nicht.
Eingebettet in eine hanebüchene Geschichte voller Absurditäten bereiten die bekannten Gassenhauer immerhin willkommene Abwechslung, aber das Duett von Frau Streep und Herrn Brosnan („SOS“ – Nomen est Omen) war derart überkitscht, dass es mir die Gänsehaut auf die Arme trieb.
Meryl Streep macht ihren Komödiantenjob nicht übel, obwohl mich ihr hektisches Herumgehampel mächtig nervte, aber Pierce wird an seiner komischen Seite noch heftig arbeiten müssen, wenn er denn mal wieder ins Lustspielfach wechseln wollte. Ich hatte nämlich den Eindruck, auch ihm war seine Rolle dauernd nur peinlich. Colin Firth spielt wie immer zurückhaltend-sympathisch und hat nur wenig gesungen. Apropos: Über die Gesangsqualitäten der beteiligten Akteure vermag ich verbindlich kaum urteilen, doch die nicht künstlich aufbereiteten Passagen hörten sich allesamt recht dünn an.

Uneingeschränkt voll des Lobes bin ich allerdings für den Drehort-Spürhund, dessen Namen ich leider nicht mitbekommen konnte. Gegen Ende der Veranstaltung meinte der Dödel zwei Sitze neben mir, er müsse seine Liebste zwischen uns und damit auch mich mit zwei Liter Popcorn überschütten, weshalb ich den Abspann kurz aus dem Auge verlor um ihn zu fragen, ob er denn noch ganz dicht in der Birne wäre. So bekam ich den Namen des Locationscouts nicht mit und dabei ist er ist für mich doch die eigentliche Schlüsselfigur gewesen! „Mamma Mia“ spielt nämlich irgendwo in der griechischen Inselwelt, wo das Meer funkelt wie geschmolzenes Glas, der Himmel so blau glänzt wie ein blauer Himmel nur glänzen kann, die weiß gekalkten Mauerwerke davor so gleißend hell leuchten, dass man selbst im abgedunkelten Kino eine Sonnenbrille vertragen könnte. Ein honigsüßes, hellenisches Postkartenmotiv reiht sich an das nächste und im Grunde hätte man das, was sich Handlung nennt sowie die dauernde Trällerei getrost sparen und einen mit Panflötenmusik unterlegten Landschaftsfilm drehen können, der natürlich eher Kassengift gewesen wäre.

Für die 8 Euro 30 teure Eintrittskarte hätte ich mir danach glatt fast 3 Portionen Tapas beim Spanier mehr leisten können, wo die Ex-Nachbarin und ich später noch die neuesten Geschichten austauschten. Ãœber „Mamma Mia“ verloren wir kein Wort mehr, wir hatten ihn mit Ãœberschreitung der Kinoschwelle quasi schon wieder vergessen, was bei einem bemerkenswerteren Film sicher nicht passiert wäre aber nichts daran ändert, dass die Musik von Abba noch immer eingängig und nur ein bisschen angestaubt ist. Eine CD tut ihren Dienst hier aber auch.

Die beste Erinnerung des Abends habe ich mal wieder ans Essen. Ich könnte baden in Datteln, die in Serranoschinken gewickelt und dann ein bisschen gebraten sind, habe ich das jemals erwähnt?

Euch eine super trouper Nacht wünscht
moggadodde

Einfädelatio praecox

Falsches Verkehrsverhalten kann zweifelsfrei krank machen. Damit meine ich nicht die latente Gefahr eines harten Schankers oder ein paar Filzläuse, obwohl ich ein paar dieser putzigen Krabbler den Hirnheimern auf der B 27 an die Sackhaare wünsche. Nein, ich meine den Straßenverkehr und die Möglichkeit, dass ich selbst demnächst in einem Anfall akuten Amoks aussteige und gewissen Rentnern und Rentnerähnlichen an die Gurgel springe.

Auf dem Heimweg muss ich nämlich durch das neue Baustellen-Nadelöhr kurz nach der Nordtangente unterhalb vom Löwen am Stein, eine in den Fels gehauene Abbildung eines Löwen, der den „Stein“ genannten Weinberg bewacht. Zwei Fahrspuren vereinigen sich dort und werden zu einer. Was sich eigentlich romantisch anhört, bedeutet allerdings im Berufsverkehr blitzblanke Nerven, drastisch erhöhten Puls und aufkeimende Mordlust, zumindest bei mir.

In Stein gemeißelt ist scheinbar auch die Dummheit. Denn welchen Teil von „Vorne einfädeln“ auf den riesigen Schildern am Straßenrand kann man eigentlich nicht verstehen? „Vorne einfädeln“ bedeutet offenbar nach dem Dafürhalten einer erquicklichen Anzahl unterbelichteter Fahrzeuglenker, dass sofort nach Sichtbarwerden des Schildes, spätestens 300 m vor der eigentlichen Baustelle auf der zu räumenden Fahrspur herumgekrebst, verkrampft nach einer Lücke gesucht und damit der nachfolgende Verkehr behindert werden muss. Weil die Fahrer auf der zu füllenden Spur absolut nachvollziehbar ihre Schlange dicht machen, geht die blinkende Schleichfahrt meist schließlich doch bis vorne. Nur wenige andere und ich wissen offenbar, was „vorne“ bedeutet. Mit „vorne“ ist „vorne an der Baustelle“ gemeint, „vorne“ ist in der Regel noch ganz weit weg, „vorne“ ist, wenn die Absperrbake direkt vor eurer Motorhaube steht, ihr gummibereiften Gehirnvakuumisten!

Jetzt habe ich der Tagespresse entnommen, dass die streitgegenständliche Baustelle noch bis Mitte Dezember mein Pendlerherz peinigen wird. Entweder also ich arrangiere mich und präge mir

a. ) beim Vorbeizuckeln gelassen jedes Detail des in den Stein gehauenen Löwen ein, weil ich mich vorher ordentlich opiatisch stimuliert habe oder ich werde
b.) anlässlich einer möglicherweise blutig verlaufenden Kurzschlusshandlung stationärer, psychiatrischer Behandlung zugeführt, die Klinik wäre in der Füchsleinstraße ja auch gleich um die Ecke.

Die erstgenannte Variante ist mir jedenfalls sympathischer. Und vielleicht hat auch die letzte, schnarchnasige Dachlatte bis zum Winter kapiert, dass vorne da ist, wo die Baustelle anfängt, was meistens noch verdammt weit weg ist, fast genauso weit wie Dezember.

Euch einen beherrschten Abend wünscht
moggadodde

Grüße aus der Gruft

Einer spontanen Eingebung folgend besuchte ich heute meine Omma. Sie ist nun schon im 88. Lebensjahr und hat in den letzten Monaten mächtig abgebaut, geistig wie körperlich und es war traurig zu sehen, wie sie sich über sich selbst ärgert, weil sie die Namen ihrer Enkel und Urenkel nicht mehr erinnert, weil sie nicht weiß, von welchem ihrer Söhne ich die Tochter bin, weil sie mir zum hundertsten Mal abgelegte Blusen aufschwatzen will, die ich schon vor zwei Jahren dankend abgelehnt habe und danach wie immer beleidigt ist. „Ach, ich bin nimmer lang da“, sagte sie mit seufzender Stimme und ich konnte gar nichts erwidern, denn ich glaubte es ihr aufs Wort.
Zufällig kam mein auch Onkel zu Besuch, der älteste Bruder meines Vaters, den ich schon lange Zeit nicht mehr und auch vorher nur sporadisch getroffen hatte. Die Art, wie er mit der Omma sprach, seine Gestik, seine Mimik in dem so ähnlichen Gesicht bewirkten, dass ich einen ganz kurzen Moment dachte, mein Vater wäre nach einem Dreivierteljahr aus seinem Grab gekrabbelt und stünde jetzt dort an Stelle des Onkels an der Heizung, um meine Oma zu schimpfen, weil sie beim letzten Gewitter vergessen hat, die Regenwasserklappe zu schließen, weswegen jetzt der gesamte Keller feucht ist.
Ich stand beiläufig auf und schloss mich in der Toilette ein, wo ich erstmal ein bisschen heulte, über meine Omma, die „nimmer lang“ da sein dürfte, ihre bemitleidenswerte Verfassung und die für mich in diesem Augenblick verstörende Begegnung mit dem Onkel, der mich so frappant an meinen Vater erinnerte.
Vielleicht wäre ich ohne akutes PMS nicht so dünnhäutig gewesen, vielleicht bin ich heute auch einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden, aber dass diese kleine Episode mich derart vom Hocker haut, hätte ich nicht gedacht. Und wenn meine Mutter mich mal wieder anruft, weil sie die Sehnsucht nach meinem Vater überkommt, werde ich nicht die Augen verdrehen und ihr ein kurz angebundenes „Ach komm, es ist nun mal so!“ zuraunzen, sondern werde ihr von meinem Déjà-vu erzählen und dann werden wir zusammen ein bisschen unsere Tränenkanäle spülen, denke ich.

Euch einen unbeschwerten Tag wünscht
moggadodde

Tagwerk mit Tapeten

TAPEZIEREN!
Was braucht’s der Worte mehr …
Eigentlich tapeziere ich ja sehr gerne. Aber nur wenn es nicht so heiß ist und wenn ich Platz habe. In einem Zimmer, in dem ich erst die Möbel hin und her schieben muss, mir sicher tausendmal den Fuß an irgendeiner hervorstehenden Ecke anrammle und auch noch der beknackte Tapeziertisch im Weg steht, finde ich das nicht so prickelnd. Außerdem will mir der MamS dabei partout zur Hand gehen, was noch weniger Platz und noch mehr gute Ratschläge bedeutet.

Beileidsbezeigungen bitte in die Kommentare.

Euch einen faulen Tag wünscht
moggadodde