Good 4 my soul

Dass Freud‘ und Leid eng beieinander liegen, lernt man vielleicht erst in reiferen Jahren wissen wir alle.
Die Beisetzung der Tante war sehr feierlich und äußerst ergreifend, was, ich muss es sagen, zu großem Teil an dem recht jungen Pfarrer und seinem ausgebildet klingenden Bariton lag, der sehr durchdringend und kraftvoll war. Auch eine unerfreuliche Begebenheit wie eine Beerdigung steht und fällt mit der stimmlichen Qualität des kirchlichen Vertreters. Tonsichere Wiedergabe trauriger Gotteslob-Gassenhauer und liebevolle Worte über die Verstorbene, da gab es niemanden, der nicht mindestens einmal hemmungslos in sein Tempo schnäuzte. Beim anschließenden Kaffee erzählte man sich Anekdoten über die Tante, die beim Kartenspielen auch gerne mal beschissen hat und knusperte, was mir selbst irgendwie skurril erschien, leckere Weihnachtsplätzchen, die sie kurz vor ihrem überraschenden Tod noch selbst gebacken hatte.
Lange konnten wir nicht bleiben, nach kurzem Stopover zuhause düsten wir mit wehenden Röcken weiter zum nächsten stimmlichen Highlight nach Aschaffenburg. Im kleinen und dennoch nicht sehr gut gefüllten Colos-Saal, wo wir vor einigen Jahren schon De-Phazz erleben konnten, massierten 4 your soul mit Edo Zanki, der vielen ein Begriff sein dürfte, unsere aufgewühlten Seelen.

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Selten habe ich fünf (bzw. sechs, wenn man den speziellen Spezialgast Joo Kraus dazuzählt) Musiker auf der Bühne gesehen, die so ein Vergnügen an ihrem Auftritt haben. Die mitreißende Darbietung des alten Klassikers „I’ve got the music in me“ von Cae Gauntt machte klar: Die Leute auf der Bühne hatten genau wie wir davor einen Heidenspaß. Wenn „4 your soul“ mal in eure Ecke kommen sollten: HINGEHEN!

So habe ich also innerhalb weniger Stunden das Wechselbad zwischen Trauer und Tränen auf der einen und kolos-salem Konzertvergnügen auf der anderen Seite erlebt und das ist so, als ob man morgens in Hammerfest aufsteht und abends in Honolulu ins Bett geht. Auch wenn ich mich auf dem langen Heimweg ziemlich lebendig gefühlt habe – geschlafen habe ich wie eine Tote.

Euch einen lebhaften Tag wünscht
moggadodde

Konfusius Hecticus

Verschiedenen Umständen ist es zuzuschreiben, dass es weihnachtsgeschenketechnisch hier noch im Argen liegt.
Für die schwierigsten Besorgungen musste ich heute endlich mal in die Stadt, bewaffnet mit Bargeld, das ich mit der Karte des MamS von der Bank geholt hatte, leidlich guter Laune und einem Sack einer Socke voller Geschenkeideen. Weil die Sonne so schön strahlte und ich ein netter Mensch bin, nahm ich den Anhalter mit, der seinen unbehandschuhten Daumen in die klirrende Kälte streckte. Sowas mache ich manchmal, auch wenn der MamS mich für verrückt erklärt. Er würde nicht einmal ein Eichhörnchen mitnehmen, das am Straßenrand Purzelbäume schlägt und mit dem buschigen Schwanz um eine Mitfahrgelegenheit wedelt bettelt. Als wir so dahinfuhren und uns angeregt unterhielten, dachte ich gar nicht an mich und daran, was ein Fremder im Auto alles tun könnte, aber ich achtete aus dem Augenwinkel trotzdem auf die Hände des Mannes, ob sie nicht vielleicht hinter den Sitz fassen und die Tasche schnappen würden (das Gedankengut des MamS, alle Menschen seien erstmal schlecht, bis ihm jemand das Gegenteil beweist, hat mich offenbar mehr konditioniert, als ich möchte). Aber mein Begleiter war ein netter Kerl (ja, ich glaube nämlich, dass jeder Mensch erstmal gut ist, bis er mir das Gegenteil beweist!) und wir trennten uns erst auf dem Parkplatz in der Innenstadt.

Für den MamS hatte ich noch gar kein Geschenk. Zu seinen wöchentlichen Badminton-Matches nimmt er immer die gleiche, ausgelutschte, vergammelte und uralte Tasche, die er schon vor über 15 Jahren auf den Platz schleppte, zu Zeiten, als wir uns einbildeten, wir müssten unbedingt lernen, wie man zielgerichtet auf gelbe Filzkugeln eindrischt. Ich dachte also, es wäre eine gute Idee, das Ding mal auszumustern und stehe in der Sportabteilung an der Kasse, wo ich mit meiner (neuen) EC-Karte bezahlen will. Ich tippe den PIN in das Kästchen und das Ding sagt, er sei falsch. Ich tippe nochmal, höre, wie die Menschenschlange hinter mir schon mit den Hufen scharrt und die blöde Kuh, die da vorne mal wieder nicht mit der Karte bezahlen kann, zum Teufel wünscht, aber der PIN wird offenbar nicht richtiger. Natürlich werde ich jetzt nervös und wüsste nicht mal mehr meinen Geburtstag, wenn man mich fragen würde und habe die Tatsache, dass ich eigentlich genug Bargeld dabei habe, ebenfalls vollkommen vergessen. So ziehe ich die EC-Karte des MamS, deren PIN ich mir vom vorherigen Bankbesuch noch gemerkt habe und bezahle sein Geschenk von seinem Konto.

In der Papeterie reihe ich mich für zwei Geburtstagskarten in die 10-m-Schlange ein und bezahle bar und bei den Büchern stehe ich in der 5-m-Schlange, die trotzdem länger dauert, weil einige Kunden ihr blödes Buch auch noch verpackt haben wollen. Ich stehe und stehe und plötzlich fällt mir ein, dass ich vorhin am Parkplatz so intensiv mit dem Anhalter geplaudert habe, dass ich gar kein Ticket gelöst habe. Ich würde am liebsten der alten Schrapnelle die Bücher um die Ohren hauen, die sich über die ihrer Meinung nach nicht ansprechende Geschenkverpackung mokiert und schiebe die andere Besorgungen auf, um möglichst schnell zum Parkplatz zu kommen, wo ich mindestens einen Strafzettel erwarte oder vielleicht sogar gar nichts, weil mein Auto inzwischen schon abgeschleppt ist.
Gehetzt renne ich über Abkürzungen zurück, bemerke, dass sich mein Laufgeräusch irgendwie komisch anhört und stelle fest, dass ich mir auf den verfluchten Kopfsteinpflastern in der Pleich den Absatz abgerissen habe und der nur noch kraftlos am Stiefel hängt.

Das Auto steht noch da, oh Wunder, sogar ohne Strafzettel, und ich beeile mich jetzt trotzdem, weil ich mir nicht gemerkt habe, ob Hank heute oder morgen eher von der Schule heimkommt. Weil Dixie ihren mal wieder verbummelte, hat sie Hanks Schlüssel genommen, der womöglich mit seinem Kumpel, der Mittwochs immer mitkommt, schon frierend vor der Tür steht.
Daheim angekommen, schaue ich erstmal nach meiner PIN und versuche, mir eine Eselsbrücke zu bilden, was bis dato nicht gelungen ist. Danach klebe ich meinen ramponierten Absatz mit Sekundenkleber, weil ich die Schuhe für die Beerdigung morgen unbedingt brauche. Ich setze Nudelwasser auf und mir fällt ein, dass die Kinder heute doch erst um 13.00 Uhr Schulschluss haben.
Ich nehme das Nudelwasser wieder vom Herd, weil die Schwiegermutter mich telefonisch bittet, die kalifornische Cousine, die am Mittag in Frankfurt gelandet ist, vom Bahnhof abzuholen, .

Dem MamS habe ich die Tatsache, dass ich sein Geschenk von seinem Geld bezahlt habe, natürlich schon offenbart und ihm erklärt, dass ich den betreffenden Kontoauszug konfiszieren und ihm das Geld wieder gutschreiben werde. Er tat etwas entrüstet ob meiner Schusseligkeit, wozu er allerdings absolut keinen Grund hat, weil ich bereits seit drei Wochen weiß, was sein Geschenk für mich ist, weil er Kaufbelege und mails zum Erwerb allzu stümperhaft bis überhaupt nicht versteckt hat, was ich ihm aber bestimmt nicht aufs Näschen binden werde.

Später werde ich, wie bereits gestern schon, auf einer Geburtstagsfeier erwartet und gegessen habe ich auch noch nichts – noch nicht mal die Betten sind gemacht! Himmel, was für eine Hektik!

Euch einen ruhigen Tag wünscht
moggadodde

Holzfrei

Hank und der MamS haben mir vorhin eröffnet, dass sie heuer erstmals keinen Weihnachtsbaum haben wollen. Einige, hübsch geschmückte Tannenwedel würden genügen, meinten beide unisono und ich bin eigentlich nicht böse drum, erspare ich mir den jährlichen, nervenaufreibenden, stundenlangen Kampf mit verhedderten Lichterketten und stachelig-störrischen Zweigen sowie die ewige, eichenhart geführte Debatte, ob der Baum schon an Neujahr entsorgt wird oder erst am Dreikönigstag. Hinzu kommt, dass mir in diesem Jahr auch nicht ein Fitzelchen festlich zumute ist. Null, niente, nada. Deshalb fiel es mir fast ganz leicht gar nicht schwer, dem Männerwunsch nach einem abgespeckten Ambiente nachzugeben.

Schmucktechnische Äußerlichkeiten sind doch vollkommen nebensächlich. An Heiligabend ist mir heuer nur eines wichtig und das ist ganz gewaltig, wunderbar und mächtig: Weihnachten ohne Käsefondue – da hätte ich wirklich nicht mitgespielt …

Euch einen einträchtigen Abend wünscht
moggadodde

Es reicht!

Man sollte eigentlich annehmen dürfen, dass zwei Todesfälle innerhalb der Familie in einem Jahr genug sind. Die alte Schlampe Schicksal hat es sich allerdings nicht nehmen lassen, heute Nachmittag noch ein Mitglied aus unserer Verwandtschaft zu holen.
Eine liebe Tante des MamS, sie konnte den besten und dicksten Mohnstrudel auf dieser Welt backen, ist vollkommen überraschend gestorben und so müssen wir vor Weihnachten noch einen weiteren, beschissenen Gang auf den Friedhof antreten.
Heilfroh bin ich, wenn dieses verfluchte 2007 vorbei ist und kann nur hoffen, dass das neue Jahr unsere Familie nicht noch weiter dezimiert.

Euch eine gesunde Nacht wünscht
moggadodde

Wiesoweshalbwarum?

Kinder wollen ja ständig irgendwas wissen. Wann das Essen fertig ist, warum die Menschen Krieg führen, wo die Babys herkommen oder warum es in der Toilette so eklig riecht wenn man Spargel gegessen hat und warum die Augen brennen wenn man nur drei Stunden auf dem Game-Boy genudelt hat.
Meist kann ich als durchschnittlich begabte Mutter Licht ins Dunkel der Unwissenheit bringen, aber bei der neuesten Frage bin ich sprichwörtlich überfragt.
Die Choco Krispies aus dem Hause Kellogg sind zwar eher im hochpreisigen Flakessortiment zu finden, laut Hanks Testbericht aber am leckersten, was ein klitzekleines bisschen auch auf die den bunten Schachteln beigelegten Gimmicks zurückzuführen sein dürfte. In der Regel greife ich hier eher zu den Billiganbietern, aber dann und wann bringe ich eben Kelloggs mit.
In der letzten Packung nun fand sich ein „Magischer Löffel“. Bei Zimmertemperatur bleibt die Laffe weiß, aber sobald das Plastik mit einer kalten Flüssigkeit in Kontakt kommt, färbt es sich durchdringend rosa.

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Ganz schnell kann der Effekt wieder umgekehrt werden, wenn man den Löffel mit warmen Fingern reibt oder sich in den Mund steckt. Das ganze funktioniert auch ohne Flüssigkeit; bei Lagerung im Kühlschrank verfärbt sich der Löffel ebenfalls.
Hank will nun wissen, wieso das so ist und leider bin ich hier vollkommen ahnungslos.

Jetzt könnte ich ihm zwar Vorträge halten über die Brüder Kellogg, die sich einst heillos zerstritten, weil der eine Zucker über die von ihnen erfundenen Flakes geben wollte und Hank erzählen, dass der eine Kellogg-Bruder John Harvey ein verklemmter Klismaphiler gewesen sein soll, der, so habe ich beim arte-Themenabend erfahren, ein Patent für einen metallenen Keuschheitsgürtel angemeldet hat, damit suchende Kinderfinger nicht in Gefahr geraten, der teuflischen Onanie anheim zu fallen. Aber das bringt uns der Wahrheitsfindung diesen verdammten Plastiklöffel betreffend nicht wirklich weiter.

Vielleicht könnt ihr mir hier auf die Sprünge helfen. Nur ungern nämlich lasse ich Hank im Dunklen und auch ich selbst würde gern wissen, warum sich der blöde Löffel in der Kälte verfärbt.
Zukünftig werde ich nur noch zu No-Name-Cerealien greifen. Wo nichts weiter drin ist, muss ich nichts weiter erklären.

Euch einen wissenden Tag wünscht
moggadodde