Friedlich liegt das Feld in der Sonne. Hier und da kann man das Unkraut wachsen hören, unter leisem Knistern pflügen sich einige Würmer durch die Scholle. Erdbert döst ein wenig, während Erdmuthe einen angeregten Plausch mit der Nachbeerin hält.
Sie waren nun schon seit 25 Tagen zusammen, eine Ewigkeit in Früchtejahren, und noch immer hatte er sich nicht an den zuckersüßen Ton ihrer Stimme gewöhnt. Er hasste ihn. Wenn er nur Hände hätte! Er würde sie würgen, damit sie nur endlich ihre unablässig plappernde Klappe halten würde.
So träumt er, in Gewaltphantasien rund um hächselnde Erntemaschinen und klebrige Kinderhände schwelgend, vor sich hin, als im Hintergrund eine dunkle Gestalt sichtbar wird. Als sie sich zu voller Größe aufgerichtet hat, fällt ihr Schatten auf Erdmuthe und die Nachbeerin. Auch Erdbert spürt die plötzliche Kühle in der Luft, vielleicht hat er aber auch aufgeschaut, weil Erdmuthe endlich einmal still ist. Seine Nüsschen sträuben sich, seine Kronblätter richten sich auf und weil er kräftig gedüngt wurde, kann er sich mit Leichtigkeit umdrehen.
Ihm frieren die Säfte auf der Stelle. Zeit seines kurzen Lebens hat man ihm davon erzählt, und weil er nicht viel auf das Gerede der Alten gab, hatte er nie an die Existenz des buchstäblich Bösen geglaubt. Doch jetzt, hier, in diesem Moment, schaut er dem Unhold ins hässliche, schwarze Gesicht. Der „Jägermeister“, wie ihn die Alten mit zitternden Stimmen und nur flüsternd nannten, nimmt Erdmuthe und die Nachbeerin ins Visier. Er schnellt nach vorne und frisst beide mit Blatt und Stengel. Gierig schlingt er sie hinunter, rülpst genüsslich und verschwindet im Dickicht, so schnell, wie er aufgetaucht ist.
Erdbert streckt sich der Sonne entgegen und grinst. Die Zombiehirschapokalypse hat er sich schlimmer vorgestellt! Aber er macht sich nichts vor. Auch sein Ende wird kommen. Doch jetzt ist hier erst einmal Ruhe!
Gagagrüße
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