MRSA. VRE. EBSL. Was wie der Refrain eines bekannten Liedes der Fantastischen Vier klingt, sind einige der bekanntesten hospitalen Schreckgespenster: Keime, so böse wie der leibhaftige Satan, wenn er mit dem linken Fuß aus der Hölle aufgestanden ist, Bakterien und Viren, widerstandsfähig gegen Antibiotika, Virostatika und alles, was die Schatzkiste der Pharmazie hervorzuzaubern in der Lage ist. Es gibt Komplikationen und Todesfälle in zunehmender Zahl, was auch der allzu sorglosen Gabe von Antibiotika geschuldet ist (aber das ist eine andere Baustelle). So weit, so bekannt und so gefürchtet. Da scheint es doch als eine Sache des gesunden (sic!) Menschenverstandes, dass seitens der Krankenhausverwaltungen jede nur erdenkliche Maßnahme ergriffen wird, das Risiko, sich diese Schurken einzufangen, zu minimieren. Macht sich ja schließlich nicht gut sowas, in Presse, Bilanz und bei den Angehörigen.
Vor einigen Jahren fand man heraus, dass die Ärmel von Arztkitteln ein erkleckliches Maß an multiresistenten Keimen beherbergen. Mit gestärktem Zwirn von Bett zu Bett eilend, hier ein eitriges Bein abtastend, dort eine nässende Naht prüfend, immer hautnah am Patienten: Bis zur Mittagspause hat sich da schon ein hübsches Quantum Keim am Kittel abgelagert. Da kann sich der Doktor die Hände in Sterillium baden wie einst Frau Tilly in Palmolive: Der Ärmel bleibt trocken. Und verkeimt.
Schon vor mehreren Jahren, nach entsprechenden Forschungsergebnissen, wurden deshalb den Krankenhäusern z.B. von den Niederlanden und Großbritannien kurzärmelige Arztkittel verordnet, Kasack genannt. In einigen deutschen Kliniken tragen nun auch die Halbgötter in Weiß halbarmen Chic, aber erst nach Anordnung und viel Überzeugungsarbeit. Noch immer ist der langärmelige Kittel Symbol von Macht und Kompetenz, umweht den Träger die Aura hippokratesker Grandezza. Hallo? Es ist ein Arbeitskittel! Reinigungsfrauen haben so etwas. Oder Automechaniker! Es ist ein Kleidungsstück und kein Prestigeobjekt!
Vor allem höher gestelltes Heilpersonal ist Befürworter des Ganzarmgewandes und behauptet, allein der Anblick einer langen Armbekleidung befeuere den Placeboeffekt. Für wie dumm hält man hier den Patienten? Meinetwegen kann der Dottore auch splitterfasernackt und mit einem Ring in der Nase behandeln, Hauptsache, er kennt die richtige Therapie! Und ja, das gilt auch für Dottoressas! Genau genommen setzen Krankenschwestern und -brüder sowieso die schönsten und angenehmsten Verweilkanülen, noch ehe ein studierter Mediziner überhaupt „Abrechnungsfaktor“ gesagt hat (das aber nur nebenbei).
Was ich sagen will: Es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der nach Hippokrates vereidigten Halbheroen, Schaden von Kranken fernzuhalten. Und wenn dazu das Tragen von halbärmeligen Kitteln gehört, dann ist das so. Wenigstens die Asklepios-Gruppe hat das endlich umgesetzt. Wer ein Statussymbol zum Bauchpinseln des ärztlichen Gemüts benötigt, kaufe sich bitte einen Maserati, ein Golfplatz-Abo oder einen Hund, den er anjammern möchte.
Es möge verhindert werden, dass ich alsbald ein Krankenhaus von innen sehe. Aber allen anderen wünsche ich Ärzte mit soviel Verstand, Nutzen über Dünkel zu stellen. Hippokrates hätte das gefallen.
Eine gesunde Nacht wünscht
moggadodde