An unseren ersten und einzigen Erholungsurlaub im Land von Döner und Dolmas vor vielen Jahren habe ich keine sehr guten Erinnerungen. Zwei Wochen im Juli an der türkischen Mittelmeerküste können leicht zur Tortur werden. Wenn die Außentemperaturen bei Tag sich so anfühlen, als befände man sich permanent in einem gut vorgeheizten Backofen und wenn diese auch in der Nacht nicht in erträgliche Bereiche fallen, wenn wegen eben dieser Hitze eine Benutzung des schreiend heißen Strandes fast unmöglich ist, ohne Verbrennungen zweiten Grades in kauf zu nehmen, wenn Ausflüge zum kreislaufkillenden Himmelfahrtskommando mutieren und die Hölle sich dagegen wie ein Luftkurort in der Schweiz anfühlen dürfte, sinkt der Erholungseffekt in gleichem Maß, wie der Schweißpegel steigt. Natürlich war der Zeitpunkt unglücklich gewählt; aber wir waren genauso jung wie dumm und überschätzten unsere Nehmerqualitäten enorm. Ich kann mich an diesen Urlaub nur noch schemenhaft erinnern, durch einen Schleier flirrender Luft erkenne ich mich noch halb ohnmächtig vor Hitze auf den Zinnen einer Seldschukenburg in Alanya oder mich schlaflos umherwälzend in einem unklimatisierten Zimmer im Hotel Banana. Es gibt ausschließlich Fotos, die zwei schweißglänzende Freaks mit strähnigen Haaren zeigen. „Nie wieder im Juli in die Türkei“ schworen wir uns damals wegen des unerträglichen Klimas, später mieden wir diesen Teil des Mittelmeers nicht zuletzt wegen der instabilen Sicherheitslage.
Die Geschichte des 17jährigen Realschülers Marco W. aus Uelzen habe ich heute im Radio gehört. Zu Ostern flog der 17jährige Realschüler mit seinen Eltern nach Antalya und lernte dort eine 13jährige Engländerin kennen, die sich für 15 ausgab. Ein ganz normaler Urlaubsflirt ergab sich und beide beteuern, dass außer ein bisschen Geknutsche nichts passiert ist. Die übereifrigen Eltern des Mädels zeigten sich von der Story nicht sehr amused und zeigten den Schüler wegen sexuellen Missbrauchs an, weshalb ihn die Behörden am letzten Urlaubstag verhafteten und er seit nunmehr zwei Monaten in einem sicher nicht heimeligen, türkischen Knast einsitzt. Eine erste Verhandlung lehnte eine Freilassung auf Kaution ab und die Türken scheinen auch nach Einschalten der deutschen Behörden auf Schneckentempo zu gehen und den jungen Mann noch länger schmoren lassen zu wollen.
Dass man dort wegen der Anzeige der besorgten Eltern tätig werden musste, erscheint mir einleuchtend, dass allem Anschein nach die Eltern durch ihre Aktion mit Kanonen auf einen verliebten Jüngling Spatzen geschossen haben, ist mehr als deutlich.
Wenn meine Eltern bei unseren Urlauben alle Jungs angezeigt hätten, mit denen ich auf diffus beleuchteten Minigolfplätzen oder verschwiegenen Sandbuchten hautnah und heftigst geflirtet habe, hätten die Behörden schnell ein paar zusätzliche Beamte einstellen müssen. Das wichtigste an einem Urlaub im Süden waren doch neben einer gesunden Bräune gerade ein paar nette Jungenbekanntschaften, auch wenn mir manches mal bei der Abreise fast das Herz zersprang vor Sehnsucht und Leid und die Tränen nicht versiegen wollten, bis wir über die erste Mautstation kamen (ein gewisser Marco Spinelli war über mehrere Sommer die Liebe meiner Jugend!).
Gottseidank waren meine Eltern nicht wie diese hysterischen, überkandidelten, staubtrockenen und verkrampften Inselaffen, die den harmlosen Urlaubsflirt ihrer frühreifen Lolita an ebenso humorlose türkische Justizbehörden ausliefern.
Der heiße, unerträgliche, glühende und brütend heiße Juli kommt ja noch und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das für hellhäutige und gemäßigte Temperaturen gewöhnte Mitteleuropäer eine einzige Folter sein kann, die potenziert wird noch durch 29 transpirierende Mithäftlinge in derselben Zelle. Ich persönlich bin ja dringend für eine Intervention der deutschen Behörden in diesem Fall. Und die englischen Eltern, die ihren Verstand und vielleicht auch ihre eigene Jugend offenbar auf der Insel vergessen haben, verdienen nach meinem Dafürhalten mindestens 20 Stockschläge auf die von türkischer Sonne verbrannten, krebsroten Rückseiten.
Euch eine verliebte Nacht wünscht
moggadodde