Bekanntlich wird Hank am Sonntag nach Ostern erstmals in seiner noch jungen und nicht sehr intensiven Katholikenkarriere den Leib Christi empfangen. Den landläufigen Brauch, kleine Jungs zu diesem Anlass in dunkle Anzüge zu zwingen und mit Krawatte, oder noch schlimmer, mit Fliegen zu verkleiden, finde ich persönlich nicht sehr ansprechend und war schon froh, mit ein wenig Ãœberredungskunst Hank von seiner ursprünglichen, unter Gruppenzwang gefassten Absicht, am Weißen Sonntag im Sammetanzug aufzuschlagen, abgebracht zu haben. Trotzdem gab sein Kleiderschrank außer Jeans und Skater-Shirts nicht viel passendes her, weshalb wir uns heute in ein Kaufhaus aufmachten. Spargeltarzan Hank hat lange, dünne Beine und ist an der Hüfte so schmal wie ein Gästehandtuch, die Suche nach Beinbekleidung, die nicht aussieht, als müsse er die Hosen eines großen Bruders auftragen, gestaltet sich regelmäßig recht schwierig. Zu Dutzenden schleppten wir Hosen in die Kabine und schnell hatte Hank das dauernde Umziehen satt und nur mit Engelszungen und später Androhung von roher Gewalt konnten wir ihn zum Durchhalten bewegen. Endlich hatten wir nach gut eineinhalb Stunden, netto, eine ecrufarbene Hose, dazu ein orangefarbenes T-Shirt und ein großkariertes Hemd, darüber einen muskatfarbenen Blouson, was auch ihm gefiel. Passende Schuhe mussten bestellt werden und wenn er nochmal zum Coiffeur geht, sieht er richtig gut aus. Ihm ist allerdings klar, dass er mit seinem Outfit ziemlich aus der Rolle fallen wird. Der kleine S., zwei Häuser weiter z.B. heißt bei uns nur „Ken“, weil er immer so geleckt aussieht wie der Gefährte von Barbie. Selbst im Sandkasten trägt Ken gerne mal einen hellen Tom Tailor. Der kleine Ken wird am Weißen Sonntag sicher im Hilfiger-Zweireiher auflaufen und aussehen wie ein Kindermodell aus dem Otto-Katalog. Aber Hank steht da drüber und beteuert, dass es ihm nichts ausmacht, am Weißen Sonntag ein helles unter lauter schwarzen Schafen zu sein.
Die Tortour der Hosensuche für Dixie hat Wochenendgast Schatzi heute übernommen, und noch ehe wir Hank in trockenen Tüchern hatten, konnten die beiden Erfolg vermelden. Wir schickten die drei ins Bistro und der MamS war der nächste Patient. Er steht auf Schuhe und gegen ihn kann jede Frau mit Schuhtick schnell blass aussehen. Wir verbrachten also nochmal eine gute Stunde in der Herrenschuh-Abteilung und ich war froh, die Kamera in der Tasche zu haben, so konnte ich mir die Zeit etwas vertreiben
Wir waren nach vier Stunden derartig geplättet, dass wir den ansich geplanten Besuch im Möbelhaus schnell verschoben.
Beim heimischen Abendessen (Scaloppine al Marsala mit Rosmarinkartoffeln, specialità della casa) entspann sich eine angeregte Diskussion über diverse Musikvorlieben. Schatzi (Rammstein- und auch Punk-Fraktion) versuchte Dixie, die Anhängerin auch des HipHop ist, wegen eben dieser Vorliebe und der dort vornehmlich frauenfeindlichen Texte ein wenig in die Dummchen-Ecke zu bugsieren und da war er bei mir an der falschen Adresse. Man kann doch vom Musikgeschmack eines Menschen nicht auf dessen Intellekt schließen! Ein Jazzliebhaber ist nicht zwingend intelligenter als ein Discofreak und ein Punker muss nicht gewalttätiger sein als ein Klassikanhänger, zumal die Rammstein-Texte zum Großteil auch nicht preisverdächtig sind. Solche Pauschalierungen und vor allem, dass er versuchte, Dixie am Esstisch ein klein wenig vorzuführen, stießen mir sauer auf und da werde ich schnell ungemütlich. Mit seiner ausgeprägten Eifersucht, die sich in der letzten Woche ganz besonders zeigte und wegen der ich meine Tochter des öfteren mascaraverschmiert und mit vom Weinen geschwollenen Augen in ihrem Zimmer vorfand, hat er sich ohnehin schon ein klein wenig meinen Unmut zugezogen … Jaaaaa, ich weiß, ich sollte mich da raushalten, aber meinen Standpunkt darf ich schließlich vertreten, gell?
Euch einen friedlichen Abend wünscht
moggadodde