CSI Lower Franconia

Ansich bin ich ja eine Frischluft-Fanatikerin. Sobald es die Witterung auch nur annähernd zulässt, sind die Terrassentüren im Wohn- und auch im Schlafzimmer bis zum Anschlag geöffnet. Dieses Verhalten werde ich überdenken müssen.
Vorgestern suchte mich eine Mitbewohnerin auf, die mit dem Vater ihrer Tochter in juristischem Clinch liegt. Sie erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen ihn, wonach er sich ihr nicht mehr nähern darf, von Morddrohungen seinerseits war die Rede, und weil die Möglichkeit bestehe, dass er sich durch Läuten an anderen Wohnungen unter einem Vorwand Einlass ins Haus verschaffen wolle, bat sie, ihm keinesfalls zu öffnen. Natürlich sagte ich zu und auch die Kinder wurden instruiert. Heute nun hörte ich, er habe ihr vor ihrer Arbeitsstätte aufgelauert, weshalb sie die Polizei rief, die ihn schnappte und abtransportierte, damit sie unbeschadet nach Hause fahren konnte. Der Hauseigentümer hat eben einen Zettel im Flur angebracht, der jeden unterrichtet, dass Marko K. einem Hausverbot unterliegt und sich auch nicht auf dem ausgedehnten Grundstück bzw. in der Nähe davon aufhalten darf. Sobald er hier gesichtet wird, müsse die Polizei benachrichtigt werden.
Vorhin hörte ich nun, er wäre schon verschiedentlich ums Haus geschlichen und suche einen Zugang und – dummerweise – ist unsere Wohnung mit ausgedehnten Terrassenflächen ziemlich einladend für einen durchgeknallten Irren, der ein Schlupfloch in ein Haus sucht. Umliegend befindet sich eine riesige Wiese und dahinter der finstere Wald und das lebendigste Wesen dort draußen war bisher das eine oder andere Reh sowie das einsame Pferd auf der Koppel unseres Nachbarn.
Gerade genoss ich meine Abendzigarette, selbstredend draußen in stockdunkler Nacht, die Terrasse nur mäßig illuminiert von gedämpftem Licht und den fahlbleichen Sternen und ich ärgerte mich erneut, dass der Eigentümer es versäumt hat, den Terrassen einen Stromanschluss zu verpassen. Ein mulmiges Gefühl hatte ich schon und unsere riesige Mag-Lite hielt ich griffbereit unter meiner linken Achsel. Die einzigen Geräusche verursachten allerdings einige nachtaktive Mäuschen und der eine oder andere Marder, die sich gruselig kreischend durchs Gebüsch arbeitete.
Aber irgendwie macht Rauchen in dem Bewusstsein, dass gleich ein gewaltbereiter Psychopath um die Ecke biegen und mir eins auf die Zwölf geben könnte, keinen rechten Spaß.
Der auf den Schachteln aufgedruckte Warnhinweis „Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit“ dürfte ab sofort zumindest für mich etwas weiter ausgelegt werden.

Euch einen gewaltfreien Abend wünscht
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Outbreak

Nun ist es endlich soweit: Irgendwo musste der psychische Ausnahmezustand ja seine Auswirkungen zeigen. Nachdem ich die Beschwerden im Nacken durch regelmäßige Schmerzmittelgabe einigermaßen im Griff habe bis ich einen Termin in der Massagepraxis bekomme, bin ich aufgeblüht. Normalerweise sind Blüten im Frühling ja etwas Schönes, nur leider habe ich meine Blüten auf den Lippen im Gesicht. Den pochenden, brennenden Herpes simplex labialis kenne ich schon seit vielen Jahren, vornehmlich während Schnupfen- oder sonstigen Perioden, die meinem Immunsystem einen schmerzhaften Tritt in den Hintern versetzen, aber dieses mal verzeichne ich gleich drei (!) Bläschenherde, die kurz vor der Explosion stehen. Jetzt sehe ich aus, als sei nicht Herr Austin sondern meine Wenigkeit mit Herrn Klitschko im Ring gestanden, dick aufgequollen sind meine Lippen und ähneln inzwischen den Fahrradschläuchen von Frau Ohoven. Dass ich in diesem desolaten Zustand überdies auf meinen geliebten Lippenstift, Jade Nr. 410, Chocolat, verzichten muss, versteht sich von selbst und dass ich ohne diesen sowieso nur ein halber Mensch bin, wisst ihr ja.
Wegen des massiven Befalls hat mir der Dottore heute eine Kur verschrieben, 7 Tage im schönen Aciclovir, oral und dreimal täglich. Dass ich in diesem Zustand in höchstem Maße ansteckend bin, musste er mir nicht sagen. Für kleine Kinder und alte Menschen bin ich jetzt eine Gefahr, sagt er.
Es ist also nicht empfehlenswert, sich dieser Tage mit mir anzulegen, denn wenn ich meine virulenten Küsse verteile, bin ich beinahe ebenso gefährlich wie ein Briefkuvert mit Milzbrandsporen.
Im Grunde bin ich also jetzt ein personifizierter, biologischer Kampfstoff. Vielleicht sollte ich sicherheitshalber vernichtet werden.

Euch einen sicheren Tag wünscht
moggadodde

Lateinisch für Laien

Passend zu seinem heutigen, neunten Geburtstag hat Hank seinen neunten Milchzahn an ein Nutellabrötchen verloren, weshalb er das erste mal seit längerem wieder kraftvoll und schmerzfrei zubeißen konnte.
Er war ein bisschen enttäuscht, weil die Gratulanten nur recht spärlich angerufen haben, aber ich versuchte ihn damit zu trösten, dass er zum Abschluss der Feierlichkeiten am Abend seinen allerbesten Busenfreund und beinahe siamesischen Zwilling Lasse zu seinem Lieblings-Italiener mitnehmen durfte.

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Beim Frühstück heute überraschte mich Hank allerdings mit der Frage: „Mama, was ist ein ‚Uterus maximus’?“
Ich antwortete, schon etwas perplex: „Hm, also ‚Uterus’ ist die lateinische Bezeichnung der Gebärmutter, so nennt man das Organ im Bauch einer Frau, in dem die Babies wachsen. Und ‚Maximus’ ist auch lateinisch und heißt „der Größte“. Wo hast du das denn überhaupt her? Hast du das wieder von Adrian?“
Adrian ist in Hanks Klasse und bringt ihm so lustige Pausenspiele wie „Nippeldreher“ bei oder die Frage, bevorzugt an Mitschülerinnen gerichtet: „Schimmeln deine Schamhaare?“ Ich dachte mir, Adrian habe vielleicht die Sprache gewechselt und es hätte mich schon interessiert, was er für einen entzückenden Spruch im Zusammenhang von „Uterus maximus“ abgeliefert hätte.

„Nee“, sagt er „das habe ich bei ‚SpongeBob’ gehört.“ Das kann ich nun wiederum gar nicht glauben, immerhin ist der Schwammkopf eine Kindertrickfigur und ich kann mir nicht vorstellen, dass dort ein Diskurs über die inneren Geschlechtsorgane der Frau geführt wird, deshalb bitte ich ihn, mir das näher darzulegen. Er erklärt: „Naja, weißt du, der SpongeBob ist in einer Folge mal böse hingefallen. Und dann ist er zum Arzt gegangen und der hat ihm was gegeben und hat gesagt: ‚So, SpongeBob, dein Uterus maximus“ ist wieder voll in Ordnung, oder so.“ Ich frage ihn: „Aha. Und wo hatte sich der SpongeBob verletzt?“ Hank antwortet: „Na, auf den Hintern ist er gefallen.“
Messerscharf kombiniere ich: „Nee, also da hast du dann was falsch verstanden. Das Ding heißt dann nicht ‚Uterus Maximus’ sondern ‚Gluteus Maximus’, das ist ein großer, starker Muskel am Hintern!“
Soll ja keiner mehr behaupten, dass Zeichentrickfilme nicht auch lehrreich sein können! So hat er durch den fleißigen Konsum von SpongeBob innerhalb von 10 Minuten gleich drei lateinische Begriffe kennen gelernt und das ist kein schlechter Schnitt, finde ich.

Euch einen lehrreichen Abend wünscht
moggadodde

Sex: Female

Mit einem Sprint versuchte ich, den Aufzug zu erreichen, aber als ich dort ankam, war die Tür bereits bis auf wenige Zentimeter geschlossen und ich wagte nicht, meine Hand in den immer schmaler werdenden Spalt zu schieben. Ich blieb also seufzend stehen und drückte erneut den Aufwärts-Knopf. Von hinten näherte sich ein Mann, der lachend sagte, dass der nächste ICE bestimmt gleich käme und ich erwiderte, ich wäre jetzt schon oft hier mit den Aufzügen gefahren und bei diesen beiden vor uns handele es sich hundertprozentig eher um Bummelzüge. Ich spürte, wie er mich musterte und fühlte mich leicht unbehaglich, als wir beide endlich in die leere, winzige, Metallkabine, nicht größer als 3 qm, einsteigen konnten. Ich drückte mich an die hintere Wand und wischte mir einige imaginäre Fussel vom Ärmel um seinem intensiven Blick auszuweichen.
Vor einigen Jahren noch hätte ich seinen Blick provokativ erwidert und vielleicht flapsig gefragt, ob er ein Passbild von mir wollte, aber schon seit einiger Zeit verspürte ich keine Lust mehr auf solche Kindereien. Ich fühlte mich unattraktiv und müde. Klein gemacht hatten mich immer und immer wieder die falschen Männer, die auch ich offenbar magisch anzog und der verhasste Broterwerb. Mehr brauchte es nicht, um mich unglücklich werden zu lassen.

Irgendetwas an den Mann machte mich, die ich sonst anderen Menschen eher offen und zu unbedarft gegenübertrete, befangen. Er schaute mich noch immer unverwandt an und ich hoffte, dass sich schnell die Tür öffnen würde und ich dem glänzenden Gefängnis entsteigen konnte. Eine Chance, dass er vorher ausstieg, bestand nicht. Er hatte keine andere Etage gewählt, als ich den Knopf für den 9. Stock gedrückt hatte. „Sie sind ein schönes Weib“, sagte er plötzlich und zuerst meinte ich mich verhört zu haben; mit allerlei Titeln wurde ich schon bedacht, aber „schönes Weib“ war neu in der Kollektion. Jetzt wurde mir warm und ich schaute ihn an und versuchte krampfhaft, das Gesagte einzusortieren. Wollte er mich anmachen? Er war nicht mehr sehr jung, aber das bin ich schließlich auch nicht, und er hatte eines dieser lächerlichen Tücher um den Hals gebunden, bordeauxrot mit kleinen, grauen Karos, das manche Männer gern tragen, aber ich verbinde diese Aufmachung stets mit einem Gigolo, der in einem Spielcasino nach reichen, unglücklichen Witwen Ausschau hält.
Jetzt sah ich ihn wohl etwas ungläubig an, denn er schob hinterher: „Doch, ich finde wirklich, sie sind sehr schön.“ Fest hielt ich den Riemen meiner Tasche in der Hand und dachte daran, dass es für ihn ganz leicht wäre, mich mit einem Schlag außer Gefecht zu setzen. Bis ich im Ernstfall in den Tiefen der großen Tasche das Spray gefunden haben würde, das ich mir für gefährliche Situationen vor langem einmal besorgt hatte, würde es viel zu lange dauern und ich bezweifelte, dass es überhaupt noch wirksam war, denn ich hatte es bisher noch nie gebraucht. Bemüht, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen, log ich: „Ach, das ist aber nett von Ihnen. Sie sind heute schon der Vierte, der das sagt, wissen Sie?“ und jetzt lachte er wieder und erwiderte: „Das glaube ich Ihnen aufs Wort und ich darf Ihnen versichern, dass ich es, wie die anderen bestimmt auch, absolut aufrichtig meinte!“ In seinem sicher ehrlichen Lachen meinte ich zu erkennen, dass er mir nichts Böses wollte. Himmel, da machte ein freundlicher und sehr ansehnlicher Mann eine bewundernde Bemerkung und ich müsste eigentlich vor ihm auf die Knie fallen, denn mit solch einem umfassenden Kompliment wurde ich nicht jeden Tag versehen, genauer gesagt war dies schon sehr lange nicht mehr der Fall. Ganz genau gesagt, herrschte in der letzten Zeit in der Komplimenteabteilung eher trostloseste Ödnis und ich konnte mich nicht mal mehr erinnern, wann jemand zuletzt etwas richtig Nettes zu mir gesagt hatte.
Der Fahrstuhl machte ein ächzendes Geräusch, ruckelte und blieb schließlich stehen. Ich wusste, dass das irgendwann passieren würde, die Aufzüge in diesem großen Gebäude waren alt und verfügten noch nicht einmal über einen Notrufknopf und mit einem Schlag hatte ich wieder Angst, nun aber nicht, weil ich mit dem Mann hier gefangen war, sondern weil ich befürchtete, zu spät zu meinem Termin zu kommen. Meine Agentur hatte mir schon gesagt, dass der neue Auftraggeber ein Mann mit eher konservativer Einstellung wäre, der ein verspätetes Erscheinen ganz sicher nicht billigen würde. „Nicht schon wieder!“ stöhnte mein Gegenüber und fügte schnell hinzu: „Obwohl ich mir in genau dieser Situation keine angenehmere Gesellschaft wünschen könnte.“ Er trat einen Schritt näher, ohne den Blick abzuwenden und weil die Kabine so eng war, stand er jetzt sehr dicht vor mir. Ich roch seinen Atem, der mich an irgendein Kaugummi erinnerte, und sein Gesicht kam meinem immer näher, so nah, dass sich fast unsere Nasenspitzen berührten. Ich merkte, dass mein Rücken jetzt nicht mehr an der metallenen Wand lehnte, sondern ich mich dem Gesicht des Fremden langsam und fast unmerklich annäherte. Er hob die Arme und ich hörte das Rascheln des Anzugstoffs, spürte wie er meinen Kopf in seine großen, kühlen Hände nahm und mit den Daumen über meine Schläfen strich. Mit einem lauten Quietschen und einem harten Ruck setzte sich die Kabine unvermittelt wieder in Bewegung, doch wir blieben darin unbewegt stehen, auch als sich die Tür im 9. Stockwerk leise öffnete. Der Mann nahm eine Hand von meinem Kopf, drehte sich halb herum und drückte den rot beleuchteten Knopf mit der Aufschrift „EG“. Unmittelbar, als sich die Aufzugtür erneut geschlossen hatte, drückte der Fremde auf einen anderen Knopf des Tableaus, aber ich konnte nicht sehen, was darauf stand. Sofort hielt die Aufzugkabine wieder an und ich wusste nun, dass er den Nothalt aktiviert hatte. Immer noch stand ich unbeweglich an der Wand, als der Mann sich mir wieder zuwandte und erneut nah und näher kam. Ich dachte an Dirk, der mich „frigides Altmetall“ genannt hatte, ich dachte an die Agentur und dass sie mich morgen feuern würden, aber ich sah gleichzeitig einem Mann in die Augen, der fand, ich sei ein „schönes Weib“. Archaisch war dieses Wort und ursprünglich, deshalb war es für mich nicht derb; ich fand es schmeichelhaft. Als er seinen Mund auf meinen presste und seine jetzt nicht mehr kalten Hände plötzlich überall zu haben schien, dachte ich nicht einmal einen winzigen Augenblick an Gegenwehr. Ich krallte mich im Stoff seines anthrazitfarbenen Sakkos fest und als er mir behände meine Leinenbluse über die Schultern zog, brachen alle Dämme und ich ließ mich fallen, tief, tiefer, rasend schnell, unendlich, unergründlich.

Es war hell, als ich erwachte. Durch die offene Aufzugtür schien das Licht von draußen. Ich sah, wie der Staub in den Sonnenstrahlen schwebte und versuchte mich zu erinnern, wie ich hierher gekommen war. Das Gebäude und den Aufzug kannte ich. Schon oft war ich hier, ach ja, die Agentur, im 9. Stock sollte ich einen neuen Kunden treffen. Ich muss ohnmächtig geworden sein, mein Kreislauf hatte sicher wieder verrückt gespielt und mich nicht zum ersten Mal unvermittelt von den Beinen gerissen. Ich fühlte mich gut, wie nach langem Schlaf und stand schnell auf, streckte mich ausgiebig; was immer diese Ohnmacht verursacht hatte, es hatte mir seltsamerweise gut getan. Ich fühlte mich satt und fühlte eine riesige Energie in mir, eine Kraft, die mir fremd war. Allmählich tropften Worte in mein Bewusstsein: Vollweib plopp Rasseweib plopp Weiblichkeit plopp Teufelsweib plopp Weibsbild – und jetzt musste ich lachen, „Weibsbild“ warum kam mir ein so alter Begriff in den Sinn? Kein Mensch sagte das heute noch … Ich bückte mich, nahm meine Tasche und wollte gehen, hinaus in die warme Sonne, als mein Blick auf einen weinrotes Stück Stoff fiel, das unter meiner Tasche gelegen haben musste. Bordeauxrot, so war wohl die richtige Farbbezeichnung, mit grauen Karos, ein Halstuch und ich hielt es unter meine Nase, irgendwie erinnerte mich der Geruch an etwas, irgendein Kaugummi, der einen besonders starken Geschmack, jetzt fiel es mir wieder ein … Juicy Fruit. Das Halstuch roch nach Juicy Fruit. Ich steckte es ein Stück weit in irgendeinen Briefkasten und trat aus der schweren, alten Haustür. Als ich an einem Schaufenster vorbeiging, sah ich mein Spiegelbild und dachte lächelnd daran, was für ein schönes Weib ich doch bin.

Was lange währt, wird doch nicht gut

Ein reichlich unschöner Tag liegt endlich hinter mir. In den Katakomben hatte ich das fraglos zweifelhafte Vergnügen mit der Patientin, die mir mit ihren besserwisserischen Kommentaren kolossal auf die Eierstöcke ging. Ich arbeite da schließlich auch nicht erst seit gestern. Mehrere Stunden mussten wir mit BtM und empfindlicher Kühlware hantieren, deren Abarbeitung volle Konzentration erfordert und als kurz vor Feierabend noch eine Lieferung kam, verfiel sie schon wieder in Panik, dass sie jetzt noch eine Stunde Arbeit dranhängen müsse. Da konnte ich mich nicht beherrschen und fuhr sie an, dass sie nicht viel quatschen sondern zupacken soll und sie nannte mich „Generalin“ und das hat mir ziemlich gefallen …

Danach war ich bei meinem Vater im Krankenhaus. Ãœber seinen erneut katastrophalen Zustand möchte ich mich hier gar nicht großartig auslassen, er ist grauenvoll anzusehen und muss den Gedanken daran ganz weit nach hinten schieben, um wieder etwas Kraft zu tanken für das, was noch kommt. Ich hatte ein nicht sehr angenehmes Gespräch mit dem Arzt – bald ist das Ende der Fahnenstange dessen erreicht, was mein Vater aushalten kann. Einige Zentimeter fehlen vielleicht noch und der Satz des Arztes, dass man bei weiterer Verschlechterung im Kreis der Familie diskutieren müsse, ob eine Verlängerung des Lebens nicht auch eine Verlängerung des Leidens bedeute, traf mich in den Magen wie eine eiskalte Faust. Nein, nein, da will und kann ich noch lange nicht drüber nachdenken. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein.
Ich habe immer noch Hoffnung, Hoffnung, dass er sich etwas erholt, sich die Organe soweit stabilisieren, dass er noch ein kleines bisschen angenehme und bewusste Zeit verlebt und sich nicht direkt aus diesem inzwischen 8wöchigen Albtraum ins geistige Abseits oder gar ganz aus dem Leben verabschiedet. Für ihn und für meine Mutter. Und ein wenig auch für meinen Bruder und mich.
Jetzt habe ich doch mehr darüber geschrieben, als ich wollte und jetzt heule ich schon wieder. So eine verfluchte Scheiße!

Euch einen positiven Abend wünscht
moggadodde