Mit meiner Mutter war ich heute wieder im Krankenhaus, wo mein Vater schon seit 5 Tagen keine sedierenden Medikamente mehr erhielt, aber trotzdem nicht aufwachen wollte. Heute nun wurde ein CT des Kopfes gemacht, weil dieser Zustand nun schon etwas zu lange anhielt, aber es konnte nichts Nachteiliges festgestellt werden. Das Herz sei nun stabilisiert, die schwächelnden Nieren werden medikamentös unterstützt, die inzwischen diagnostizierte Lungenentzündung erfordere eine Umstellung der Antibiose undundund … Vielleicht war das CT sogar so etwas wie eine Initialzündung, denn als wir neben seinem Bett standen, hatte er die Augen ganz leicht geöffnet. Er bewegt sich zwar noch immer kein Stück, aber als wir mit ihm sprachen, bewegte er die Augen und sah uns, benommen zwar, aber er sah uns an! Meine Mutter war sehr glücklich, dass er nun zumindest etwas wach war, streichelte und tröstete ihn, dass alles wieder gut werde und er sah sie nur an, mit dem Beatmungsschlauch im Hals und unbeweglich. Plötzlich fing er an zu husten und der Pfleger kam, um ihm den Schleim abzusaugen, „Bronchialtoilette“ in der Fachsprache genannt und da musste ich mich umdrehen, das abscheuliche Geräusch des Apparats genügte schon allein. Danach bildeten die bunten Linien auf den beiden Monitoren wieder ihre gleichmäßigen Zacken und Bögen. Der Kopf meines Vaters lag leicht auf der rechten Seite und mit halb geöffneten Augen schaute er uns an, die wir ihn anstrahlten und versuchten, Mut zu machen. Als wir gingen, küsste meine Mutter ihren Zeigefinger und drückte ihn auf die Lippen meines Vaters. Er reagierte tatsächlich darauf und bewegte fast unmerklich den Mund, als ob er den Kuss erwidern wollte. Es war ein für mich sehr bewegender Moment, als eine einzelne, kleine Träne aus seinem rechten Augenwinkel über die Schläfe aufs Kopfkissen rann.
Obwohl ich genau weiß, dass noch ein sehr langer, unmenschlich harter und steiniger Anstieg vor ihm und meiner Mutter liegt, bin ich heute ein bisschen glücklich.
Euch einen ebenen Abend wünscht
moggadodde