Dass jeder noch so kleine Schritt, den ich im Internet gehe, dokumentiert, ausgewertet, gepagerankt und verhökert wird, ist mir klar. Sehr viele Menschen verdienen Geld damit, möglichst alles über Frau moggadodde herauszufinden, um dieses Wissen an andere Menschen zu verkaufen, die dann wiederum Frau moggadodde Waren und Dienstleistungen verkaufen wollen.
Suche ich mittels Maschine nach Hotels in Marokko, zeigt mir das Zuckerbook zackzarapp günstige Hotels in Marrakesch, damit ich ja nicht vergesse, Urlaub zu wollen und wenn mir Menschen zum runden Geburtstag gratulieren, erhalte ich tags darauf Werbeanzeigen für Windeln, Sanitätshäuser und Hyaluroninjektionen. Das nervt auf Dauer, weshalb ich, wenn ich daran denke, mein Gewissen durch Surfen im Incognito-Modus besänftige oder mir zwischendurch immer mal wieder ein kleines Ablenkungsmanöver erlaube:
Tippe ich z.B. die Suche nach einem Mustang in die Browserzeile, klicke ich absichtlich nicht weiter, lasse offen, was genau mich interessiert. Sollen wir Frau moggadodde nun Angebote von Autohäusern oder von Gestüten machen? Ich google „Koks“, „Ohrenkerzen“ und gleich darauf „Cevapcici“, „Trappisten“ und „Hauptzollamt“ und verwirre die Algorithmus-Götter zusätzlich, indem ich sofort die Suche nach „Weißes Rauschen“ und „Dirty Sanchez“ hinterher schiebe. Spätestens jetzt qualmen die Server: Ist Frau moggadodde etwa eine den Drogen nicht abgeneigte, käseliebhabende Esoterikschrulle mit abnormer Sexualpräferenz? In your face, Big Brother!
Schwieriger wird die Sache, geht es um Informationen, die ich selbst haben möchte. Will ich mich über das Tagesgeschehen, aktuelle Berichte oder Strömungen informieren, muss ich vielseitig sein. Online-Portale sind schnell, aber wer schnell ist, macht auch Fehler, vom zwanghaften Geschiele der Redaktionen auf Klickrates ganz zu schweigen. Deshalb müssen diese Meldungen mit mehreren Quellen und vielleicht TV-Angeboten und Zeitungen abgeglichen und abgeklopft werden auf Ungereimtheiten und tendenzielle Berichterstattung und vielleicht einen Tag abhängen. Selbst dann kann alles ganz anders sein, wie der Vorfall um die von den Russen vielleicht oder nun vielleicht doch nicht gefakte Luftaufnahme rund um den Abschuss der MH17 kürzlich zeigte.
Über die Arten der Informationsbeschaffung hat sich arte mit der „do not track“-Reihe und der Episode „Die Ich-Zeitung“ auseinandergesetzt und die Frage beleuchtet, wie die selbst geschaffene „Meinungsblase“ bei Facebook und Twitter Einfluss auf Denkweisen und Einstellungen hat. In einer so vielfältigen Informationsgesellschaft hilft nur eine Art „ITelligenz“, die Fähigkeit, auszusieben und einen eigenen Algorithmus zu finden. Das alles hört sich nicht nur verdammt anstrengend an, sondern ist es auch, finde ich.
„Wo ist die Weisheit, die wir im Wissen verloren haben? Wo ist das Wissen, das wir in der Information verloren haben?“, fragt T.S. Eliot und ich frage mich das manchmal auch. Dann lehne ich mich zurück und studiere in der Zeitung die Eierpreise von gestern.
Einen informierten Tag wünscht
moggadodde