Advent, Advent, kein Lichtlein brennt

Weihnachten 2013 begingen wir auf ausdrücklichen Wunsch des MamS ohne entsprechenden Baum, nur einige mit Kugeln behangene Zweigerln stakten traurig in die Gegend. Ansonsten herrschte Ebbe, tandtechnisch, und irgendwie war zwar Weihnachten, aber irgendwie auch nicht.
Heuer bin ich deshalb wieder am Schmuckdrücker, so holte ich heute die Kugel-, Kitsch- und Klimbimkiste aus dem Keller, randvoll mit „Gelump“, wie mein Vater in diesem Fall zu sagen gepflegt hätte.

Das

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sieht allerdings nach einem ordentlichen Stück Arbeit für mich aus. Vielleicht kann ich den Gordischen Lichtknoten ja bis Heiligabend entwirren. Wenn nicht gibt es aber trotzdem Käsefondue. Mahlzeit.

Einen erhellenden Abend wünscht
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THINK!

Auch an Tagen, an denen ich nicht weiß, wo oben oder unten ist,

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winkt doch irgendwann der Feierabend mit Zeit für die schönen Dinge des Lebens, Wein, MamS, Gesang und Hirnerbauung der buchstäblichen Art.

Die alte Tradition des hier in den vergangenen Jahren arg vernachlässigten Think!-Rätsels für die Freunde des gepflegten Wortdenkspiels möchte ich allmählich wieder aufleben lassen. Zum Wiedereinstieg gibt es heute ein schelmisches Exemplar der nicht ganz so anspruchsvollen Sorte:

Welcher tierisch klingenden „Speise“ können sich auch Veganer hemmungslos bedienen?

Der MamS als Probegruppe meint, die Antwort sei weit hergeholt. Für Euch sturmerprobte Ratefüchse dürfte die Antwort aber doch kein Problem darstellen.

Sachdienliche Hinweise, Lösungsvorschläge, die Lottozahlen oder Grüße an die Omma können ab sofort in die Kommentare platziert werden! Als Einsendeschluss habe ich den 7. November, 19.00 Uhr 21.00 Uhr vorgesehen; vorher komme ich vor lauter Arbeit und aushäusiger Vergnügungen nämlich voraussichtlich zu nichts.

Hautnei!
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*NEU*NEU*NEU*: Jetzt mit Tipp in den Kommentaren!

GRENZen erLEBEN

„Erlebnisausstellung“ ist eine Bezeichnung, die sich im Zusammenhang mit Depression und Schizophrenie vielleicht etwas flapsig anhört, aber nichts anderes erwartete uns heute bei der Veranstaltung „GRENZen erLEBEN“ des Würzburger Erthal-Sozialwerks, initiiert, um Angehörigen oder Freunden und Bekannten einen Hauch der Belastungen zu geben, denen die Betroffenen selbst ausgesetzt sind. Akzeptanz und Verständnis für diese Arten von Erkrankung ist ja leider noch immer nicht sehr weit verbreitet.

Mittels Selbsterfahrung und aktiver Auseinandersetzung wird Nichtbetroffenen in zwei „Erlebnisräumen“ durch verschiedene Reize eine völlig andere Form der Information und Aufklärung ermöglicht.

Der Raum „Depression“ stellte eine düstere, schmale Kabine dar.

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Ich setzte mich an den Anfang dieses Schlauchs auf ein Kissen am Boden. Per Kopfhörer wurde ich mehrere Minuten mit depressiven Aussagen einer brüchig klingenden Stimme bombardiert, die sich immer wiederholten. Die Stimme forderte mich irgendwann auf, am Tisch am anderen Ende das letzte erinnerbare, schöne Erlebnis niederzuschreiben. Aufstehen konnte ich durch die vorher angelegte Bleiweste nur schwer, das Aufschreiben gelang aber. Nur 10 Minuten genügten und ich wusste ja, es ist gleich vorbei. Depressive Menschen sehen da noch lange kein Licht am Ende des Tunnels.

Der Raum „Schizophrenie“ hingegen war mit Einkaufsregalen bestückt. Wir wurden wieder mit Kopfhörern ausgestattet und hatten die einfache Aufgabe, eine kurze Einkaufsliste abzuarbeiten. Supermarkttypische Geräusche wurden von Flüsterstimmen begleitet, die vor diesem oder jenem Produkt warnten. Urplötzlich waren „Angestellte“ mit weißen Kitteln im Raum, die uns „Kunden“ im Schlenderschritt begleiteten. Mal sahen sie uns durch ihre schwarzen Sonnenbrillen direkt an, mal wendeten sich wieder ab, sie nahmen bereits hineingelegte Artikel aus dem Wagen, legten andere hinein. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, überprüfte dauernd die Liste, erschrak, wenn lautlos wieder ein Kittelmann hinter mir auftauchte und fand den verdammten Klebestift von der Liste nicht in den Regalen. Langsam spürte ich Aggressivität aufsteigen. Diese vielen Stimmen im Ohr. Die Typen, die wechselweise nervten, Angst machten und meinen Einkauf boykottierten. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie das jemand erlebt, der diese Menschen für real hält, für bedrohlich, obwohl sie nur in seinem Kopf existieren!

Jeder „Kunde“ erzählte danach, wie er die Situation erlebt habe. Die Angaben deckten sich ziemlich. Fehlende Konzentration, Furcht, Aggressivität. Abgeschlossen wurde die Erlebnisausstellung von zwei Filmen, in denen Betroffene ausführlich ihr Erleben von Depression und Schizophrenie.

Ein eindrucksvolles Erlebnis. Nicht schön, aber lehrreich und empfehlenswert, sollte in Eurer Gegend einmal ähnliches angeboten werden.

Nachdenklich
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Geistergespräch

Seit ziemlich genau zwei Monaten gehört der kleine Hank zum Heer der Werktätigen. Er wird in seinem Betrieb nicht „Auszubildender“, sondern „Nachwuchskraft“ genannt, avanciert in der Kantine zweifellos bald zum „Vielfraß des Jahrzehnts“ und lernt ansonsten, wie er Kindererziehungszeiten und Beitragsmonate für Renten berechnet. Im ersten Ausbildungsmonat war er am Abend noch fidel, ging stets spät zu Bett und kam trotzdem morgens ohne Murren aus den Federn.

Seit zwei Wochen allerdings sind Welpenschutz und Teambuilding-Gepamper vorbei.

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Jetzt gibt es dauernd Klausuren und es geht insgesamt aus „em annern Fässle“, wie der Franke sagt; seither schläft der kleine Hank schon um 8 Uhr ein. Die Mutter-Kind-Kommunikation fällt unter der Woche für meinen Geschmack aufs Heftigste zu kurz aus und auch ansonsten hab ich ja hin und wieder die eine oder andere Frage, die keinen Aufschub duldet. So wie gestern.

Ich so: Haaaaaaaank!? Funktioniert das noch? (den Extra-Telefonakku präsentierend)
Er so: Grummel (frisch aus dem Schlaf aufgeschreckt)
Ich so: Schau doch! Geht der? Und wie lade ich das auf?

Er richtet sich auf und schaut mir ins Gesicht.

Er so: Du musst den Arbeitsauftrag ändern.
Ich so: Wie? Arbeitsauftrag? Kann ich das nicht einfach an den Strom hängen?
Er so: Aber du darfst nicht am Datum rumpfuschen!
Ich so: Hey, du weißt schon, dass das ein Akku ist?
Er so: Du darfst nicht am Datum rumpfuschen!
Ich so: Datum? Was redest du da?
Er so: Na, das Datum halt! Ach, lass mich. Geh einfach raus!

Langsam wird er unwirsch. Er wirkt vollkommen wach, aber wir reden offenkundig von zwei total verschiedenen Dingen. Seit er mir, als ich ihn einmal weckte, ein zackiges aber zusammenhangloses „Team Shisha“ entgegen warf, weiß ich, dass er frisch geweckt gerne mal neben der Kappe ist. Ich bohrte noch ein bisschen weiter.

Ich so: Ich will kein Datum ändern, den Akku will ich laden. Sag mir mal, wie das geht.
Er so: Ja, genau.
Ich so: Ach komm, ich brauch das morgen!
Er so: Geh raus jetzt! Der Bescheid kommt noch!
Ich so: Ach so, alles klar. Dann gibt es die Anweisung schriftlich, oder wie? Na dann, ich warte drauf!

Das, was da gerade in diesem Bett sitzt, ist nicht der liebenswürdige, höfliche und immer zu Scherzen aufgelegte Hank, sondern ein völlig anderer Kerl, der mich aus roten Augen feindselig mit fremdem Blick fixiert. Äußerlich wach sitzt er da in diesem Moment, ist aber gleichzeitig überhaupt nicht im Raum. Ich beschließe, das Gespräch mit dem Hankgeist jetzt nicht zu vertiefen. Besser, ich mache mich unverzüglich aus dem Staub.

Als er heute von der Arbeit kam, fröhlich, hungrig und gut gelaunt wie immer, erzählt er von sich aus, dass ihm unser Dialog nach und nach wieder eingefallen sei. Gestern habe er sich tagsüber an einem Fall ziemlich festgebissen, konnte lange die Lösung nicht finden, bis es ihm irgendwann gelang. Diesen Prozess hatte das Hirn des Hank wohl gerade verarbeitet, als ich mit meiner Akkufrage aufkreuzte. Die Situation war trotzdem absolut skurril, eine Mischung aus „The Shining“ und „Der Exorzist“.

Heute ziehen ja wieder Horden von Menschen durch die Straßen, auf der Suche nach „Trick or Treat“, als Zombies, Gespenster und halbverwestes Gelichter. Ich aber weiß: Nichts ist gruseliger als ein kleiner Hank, der wachträumt.

Happy Halloween!
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Gönnen können

Quer durch die Nachrichten ging heute das Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Ein namhafter Schuhhersteller hat sich entschlossen, Arbeitnehmern nach dem 58. Lebensjahr zwei zusätzliche, nämlich 36 statt 34 Tage Urlaub im Jahr zu gewähren. Dagegen geklagt hatten sieben Beschäftigte zwischen 45 und 56 Jahren, die sich mit dieser Ungleichbehandlung wegen ihres Alters diskriminiert sahen. Das BAG hat diese Klage heute nun abgewiesen.

So oft wurde die Nachricht vermeldet, ich konnte gar nicht anders, als mir Gedanken zu machen. In einer Fabrik (jaja, Birkenstock war’s) ist die Arbeit ganz sicher strapaziöser als beim Maßschuhmacher. Ich könnte mir laute Maschinen, widerspenstiges, schweres Material und überaus hohe Anforderungen an genaues und zügiges Arbeiten vorstellen. Schichtbetrieb. Schlechte Luft. Monotone Handgriffe, immer und immer wieder. Wahrscheinlich ist die Arbeit in der Schuhfabrik, auch wenn sie modern und nach deutschen Arbeitsschutzstandards stattfindet, nichts, was man sich am Anfang seines Arbeitslebens als Traumberuf auserkoren hätte.

Die Erklärung, wie es dazu kam, führt zu weit (nur eines, Ihr mitlesenden Frauen im gebärfähigen Alter: Bleibt bloß nicht wegen der Kinder zu lange weg!). Aber nun bin ich einmal in den, wie ich sie hassliebevoll nenne, „Katakomben“ gelandet. Es ist eine vor allem körperlich fordernde Arbeit dort, die sich orthopädenfreundlich im Gehen, Stehen und (sehr wenig) Sitzen ausüben lässt. Ich bewege händisch recht hohe Lasten mit Medikamenten und medizinischen Produkten, es ist laut, es sollte schnell und muss genau gearbeitet werden und oft bin ich nach Feierabend so groggy, dass ich mich erst einmal für ein Weilchen in die Horizontale begeben muss. Diese Arbeit verrichte ich nur drei Tage in der Woche, aber es gibt auch Frauen dort, die älter sind als ich, die das z.T. in einer 5 Tage-Woche leisten und ich überlegte, wie ich reagieren würde, hätten diese Kolleginnen allein wegen ihres höheren Alters mehr Anspruch auf Urlaub als ich.

Angenommen, der oberste Entscheider in der Katakomben-Teppichbodenetage würde jedem Mitarbeiter ab, übernehmen wir ruhig das Birkenstock-Beispiel, 58 Jahren zwei Tage mehr Urlaub genehmigen, ich würde mich für die Kollegen freuen! Ich würde nicht wie ein kleinlicher Neidhammel mit Schaum vor dem Mund das Gericht anrufen! Ich wäre froh, in einer Firma zu arbeiten, in der die Geschäftsleitung ihren betagteren Leuten am Ende der Beschäftigten-Nahrungskette eine Erleichterung in Form von zwei zusätzlichen Urlaubstagen verschafft. Vorstellen könnte ich mir ja, dass dieses „Geschenk“ der Hoffnung auf weniger Krankheitszeiten geschuldet ist aber, so what!? Was soll dieses boshafte Gezänk? Das missgünstige Schielen auf Vorteile, das Schwingen der Diskriminierungskeule, das verbissene Pochen auf Gleichmacherei, wo doch jeder spürt, dass mit jedem weiteren Lebensjahr die Arbeit immer schwerer fällt?

Das ist keine Frage des Gerechtigkeitssinns, sondern des Neids. Und Neid ist etwas, das ich überhaupt nicht verstehen kann. Neidische Leute sind mir ein Gräuel. Ich bin alles, nur nicht katholisch erzogen, aber ist es nicht eine Frage der Menschenfreundlichkeit, auch mal gönnen zu können?

„Deutschland ist das einzige Land der Welt, in dem der Neid stärker ausgeprägt ist als der Geschlechtstrieb“, schrieb einst der Romancier Stephan Reimertz. Mehr Kinder hätten wir ja auch dringend nötig. Aber noch nötiger hätten wir Menschen, die Philantropie nicht für eine neue Sorte von Doppelrahmfrischkäse halten!

Eine sahnige Nacht wünscht
moggadodde