Aus Termingründen besuchten wir die Seniorenvorstellung am späten Nachmittag. Das kleine Verkaufs-Kabuff, der Vorraum und der Süsswarenkiosk, nichts hat sich verändert. Lediglich die neuen Filmplakate von „Emmas Glück“ oder „Battle in Heaven“ verhinderten, dass ich mich mir bewusst wurde, nicht auf einer Zeitreise unterwegs zu sein. Nicht nur aus Recherchegründen besuchte ich die Toilette im Kellergeschoss und war eigentlich mitnichten erstaunt, immer noch dieselben, morgenuringelb-orange-farbenen Kacheln an den Wänden zu finden. Auch die Toilettenschüsseln selbst haben sicher aus Hygienegründen immer noch keine Klobrillen, lediglich schwarze Gummi- oder Plastikstreifen auf dem oberen Rand. Die olfaktorische Prüfung konnte allerdings lediglich mit 1 Punkt auf meiner nach oben offenen „Das-stinkt-hier-Nix-wie-raus-Skala“ abgeschlossen werden. Auch das hat sich also nicht geändert.
Während in den Multi-Cineplexxen der Republik meist milchgesichtige Magerhaken an den Einlasskontrollen zu finden sind, inspizieren hier festlich gekleidete, rundliche Mittsechzigerinnen die Billets. Auch im Vorführraum selbst ist die Perspektive auf die Leinwand eine völlig andere. Nicht von oben nach unten, sondern ziemlich gerade fällt der Blick auch von den hinteren Rängen auf die Leinwand, die ihres gerüschten Vorhangs inzwischen beraubt wurde. Diese Sitzkonstellation birgt allerdings das Risiko eines eingeschränkten Sichtfeldes, falls sich ein Sitzriese in die immer noch komfortablen Klappsessel vor den Betrachter placiert. Werbung gab es keine (sehr wohltuend), es waren kaum Besucher anwesend (noch wohltuender) und es gab auch kein Eis, was verschmerzt werden konnte. Dass bei kleinen Lichtspielhäusern die Uhren noch anders gehen ticken, beweist auch der Internet-Auftritt. Dort ist auf der Programmseite zu lesen:
„Bitte bedenken Sie, dass diese Daten von Menschen eingepflegt werden. Es kann daher keine Gewähr für die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der Daten übernommen werden. Um sicher zu gehen, dass eine Filmvorstellung stattfindet, setzen Sie sich bitte mit dem Kino telefonisch zu Verbindung.“
Der Film? Na, da erübrigt sich jeder Kommentar. Wunderbar anrührend und bei aller Tragik mit viel schwarzem Humor. Genau mein Stil.
Der heutige Tag stand für den MamS und mich unter dem Motto: Luxus und Lotterleben. Frühstück im Cafehaus. Luxuriös hier auch der Preis: 15,00 Euronen für zwei nicht unmäßig üppige petit-déjeuner und 2,20 Euro pro Extra-Pott Bohnentee. Ein ausgedehnter Joyride durch diverse Einrichtungshäuser folgte, in dessen Rahmen wir uns endlich die heiß ersehnten, XXL-Pastateller gönnten sowie schnuckelige Brüderchen für unsere quantitativ dezimierten Espressolöffel.
Seit nunmehr geschlagenen drei Stunden bastle ich nun hier herum. Nachbarin 1 besuchte uns, um über ihren Steuerbescheid zu klagen. Nachbar 2 erschien, um mich um einen Entwurf für seine Geburtstagseinladung zu bitten. Und: Tscha war da. Was soll ich sagen? Statt Totalschaden trat der berühmt-berüchtigte Vorführeffekt auf. Tscha richtete seine stechenden, stahlblauen Augen auf die Diva, drehte mit beängstigender Rohheit derb an ihren Knöpfen (gegen den Uhrzeigersinn, das nur als Tipp, liebe Herren) und sie schnurrte und blubberte und war ihm zu Willen. Mit roten Ohren und Zuspruch heischenden Beteuerungen, doch selbst alles versucht zu haben, begleitete ich Tscha zur Tür und ballte die Becker-Faust, als Tscha wieder in seinen Mercedes-Bus stieg. Man sagt, er habe magische Kräfte …
Deshalb das Fremdwort des Tages: Nigromantie
und es bedeutet „Zauberei“, „schwarze Kunst“. Selbst wenn Tscha beim nächsten Besuch mit zwei Hörnern auf dem Kopf und einem Besen unter dem Hintern angeritten kommt, das wäre mir einerlei. Lieber blamieren als blechen …
Ich hätte zwar noch einen aktuellen Verbrauchertipp in petto, aber aus aktuellem Anlass muss dieser Beitrag verschoben werden. Der MamS holt die Kinder von meiner SchwieMu ab, die sich heute todesmutig mir 4 Enkeln in den Freizeitpark begab. Schluss mit Luxus.
Behaltet euch wohl
moggadodde