I walk the line

Das schöne Aschaffenburg liegt „nur“ etwa 80 km von meinem Kaff beschaulichen Wohnweiler entfernt. Die Nachricht, dass die von mir überaus verehrten Herren von Johnny Crash im bei mir nicht minder beliebten „Colos-Saal“ aufspielen, ließ meinen Klickfinger sofort in Kaufrichtung zucken. Dass der MamS Anhänger von Westcoast und eher weichgespülten softeren Klängen ist, wusste ich zwar, aber die Stücke, die ich ihm präsentierte, gefielen ihm. Ich buchte also und freute mich wie das Schnitzel auf die Pfanne.

Die Nachricht, dass auch kurz vor der Silberhochzeit stehende Paare nicht vor atmosphärischen Spannungen gefeit sind, dürfte nicht neu sein. Wie Herpes, Schnupfen oder nässende Pickel erwischt einen auch derlei meist zur Unzeit und so muss ich verkünden, dass der Haussegen an just diesem Samstag in den hiesigen Hallen aus, wie üblich, nichtigem Anlass, ein wenig Schräglage zeitigte. Ersatz für den MamS war tickettechnisch auf die Schnelle nicht zu kriegen. Meine Drohung Offerte, allein zu fahren, stieß auf missbilligende Ohren; zähneknirschend machten wir uns also zusammen auf den Weg.

Johnny Crashs Support, Judas Biest, legte sich auch gleich mächtig ins Zeug. Ich genoss das Gefühl von vor Lautstärke vibrierenden Nasenflügeln und den mächtig harten Sound von der Bühne. Der im Gegensatz zu der Vorgruppe wohl etwas zart besaitete MamS kippte zwar fast aus den Latschen, hielt aber tapfer durch. Judas Biest sind wie ihre Vorbilder nicht gerade Kandidaten der zahmen Töne und ich muss ehrlich gestehen, dass ich kein einziges Stück kannte, weil ich in meiner Jugend eher auf Suzi Quatro oder Angelo Branduardi „abfuhr“, wie man heute wohl sagt, auch wenn beides auf den ersten Blick zusammen passt wie der Pudel zur Sülze. Gerade heute war ich aber aus Gründen in Stimmung für richtig harte Riffs und Bass, der auf dem Grund der Magengrube Polka tanzt. Judas Biest traf mein „Jetzt erst recht. Macht lauter!“-Zentrum und der MamS hinter mir rollte die Augen über hartnäckig verschränkten Armen, blieb aber couragiert am Platz, während ich in Hörgenuss schwelgte.

Dann endlich Johnny Crash. Das für meinen Geschmack leider zu übersichtlich publikumsbestückte Colos-Saal war auf den Punkt bereit. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, ich habe entgegen sonstiger Gewohnheit weder gefacebookt, getwittert oder fotografiert: Ich habe jede Minute genossen, der Frontmann und seine Kollegen hatten das Publikum (und mich erst!) vom ersten Moment an auf ihrer Seite.

Songs von Johnny Cash und Rose Tattoo wurden auf unnachahmlich rotzigfreche AC/DC-Art zum Besten gegeben, auch Eigenkompositionen wie das wunderbare „Fight the cause“ standen auf dem Programm, der „Ring Of Fire“ des unvergessenen Man in Black markierte schließlich den Abschluss eines fantastischen Abends im Colos-Saal. Wir alle sangen mit und, wenn ich mich nicht sehr täusche, hörte ich auch den MamS hinter mir lautstark brüllen schmettern.
Inzwischen war er ja wieder versöhnt, und ich auch, so ziemlich. In eitlem Sonnenschein gingen wir in tiefdunkler Nacht zum Parkhaus. Musik schlägt eben Brücken. Selbst bei einem kurz vorher noch ziemlich verkrachten Fastsilberhochzeitsdings, sehr frei nach dem Motto „Because you’re mine – I walk the line“. Danke, Johnny Crash!

Eine harmonische Nacht wünscht

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Das Ei der Polynesier

Braune Eier, weiße Eier … aber grüne?

Grüne Eier!

Grüne Eier!

Tatsächlich! Unser neuer Eierdealer hat auch grüne Exemplare im Stallfolio. Die hübschen Araucana-Hühner sind Erzeuger dieser ungewöhnlichen Eier, die für große Augen am Frühstückstisch sorgen.

Unser Grüngelege war wesentlich kleiner als die normalpigmentierten Geschwister. In meiner unnachahmlichen Weisheit nahm ich an, dass kleinere Eier auch weniger Kochzeit benötigen. Dem ist aber nicht so, das sehr weich gekochte Ei war ein wenig sehr weich, für Liebhaber aber durchaus noch genießbar. Geschmacklich unterscheidet sich ein grünes von einem braunen oder weißen Ei übrigens nicht.

„Nature“ beschreibt, dass die DNA der Araucana-Hühner eine große Ähnlichkeit mit Hühnern aus Polynesien aufweisen und diese in Südamerika bereits heimisch waren, lange bevor Christoph Columbus den Kontinent enterte. Muss hier etwa die Redewendungsgeschichte umgeschrieben werden? Wird Columbus nicht zu Unrecht das vielbesprochene Ei auf die Fahnen geschrieben? Müsste es nicht korrekt „Das Ei der Polynesier“ heißen? Ich werde wohl einmal darüber brüten müssen.

Mahlzeit!
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Auf die Rübe!

Heute machte ich große Augen, als mir die Nachbarin dieses Prachtstück aus ihrem Garten überließ!

Rübe roh

Rübe, ro(h)t

Zugeben, dass ich derlei bisher nur aus dem Glas und in bereits filetiertem Zustand kannte, wollte ich natürlich nicht. Aber zu den Segnungen des Wehwehweh gehört ja auch, dass man alles herausfinden kann, auch, wie man eine kindskopfgroße Rote Beete (Rübe/Bete) so bearbeitet, dass ein leckere Mahlzeit daraus wird.

Dass die Schale vor dem Kochen nicht verletzt werden darf, hatte ich auch gelesen, deshalb kochte ich die Rübe im Ganzen nach einer Katzenwäsche im größten, auffindbaren Topf fast 90 Minuten lang. Währenddessen durchzog ein ungewohnter, ursprünglicher Geruch die hiesigen Hallen, ein bisschen roch es wie in Omas Bauernstube. Danach ließ sich die Kugel ganz einfach von einer hauchfeinen Haut befreien und (mit Handschuhen!) in sehr dünne Scheiben schneiden. Die tiefrote Farbe! Der erdige Geruch! Herrlich, und gar nicht vergleichbar mit den konservierten oder in Folie gepressten Geschwistern!

Ein paar Champignons tat ich in Scheiben auf ein Rucolabett, ein Dressing aus Olivenöl, Salz, Pfeffer und Balsamico und ein Topping aus gerösteten Pinienkernen und gehobeltem Parmesan gab’s obenauf.

Rübenhimmel

Rübenhimmel

Das Ergebnis war so fantastisch, dass ich Schnitzel und Kartoffelsalat gerne links liegen ließ und mich an diesem Abend fast ausschließlich an diesem Rote Rüben-Carpaccio labte. So viel Vitamin B, Kalium, Eisen und Folsäure, wie ich dank dieses Gemüsebömbchens nun in mir habe, darf ich dem morgigen Nutellafrühstück aber ganz entspannt entgegen sehen!

Eine schmackhafte Nacht wünscht
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Sockenschuss

Meine Eltern waren nicht besonders kunstinteressiert. Bei uns galt Kaltz’ Bananenflanke als Kunst, Fischers Fallrückzieher oder ein Pils, das mit besonders hübscher Blume serviert wurde.
Ich fand es damals äußerst skurril, als Zeitungen und die drei Fernsehsender (man nannte es noch nicht „Medien“) über etwas berichteten, das als „Fettecke“ in die Kunstgeschichte eingegangen ist. Mama hätte mir ja heftig das Popöchen versohlt, wäre ich auf die abstruse Idee gekommen, ein paar Kilo Fett (Winterbutter, das klärte ein Gutachten kürzlich) in Zimmerecken zu packen. Jahre später putzte ein eifriger Hausmeister den Ekelkram aus den Ecken, was für einen entsetzten Aufschrei bei vielen Kunstgroupies sorgte und stante pede die Diskussion wieder entfachte, was Kunst ist und was Quatsch. Zuletzt echauffierte sich die Beuys’sche Witwe, weil andere Künstler aus den einst aus einem Eimer gekratzten Ãœberresten einen „Kunstgeist“ destillierten, wobei ich mich schon frage, was hiesige Hygienevorschriften wohl zu einem Gesöff aus 30 Jahre alter Butter sagen. Allerdings ist Kunst auch nicht unbedingt das Gebiet, auf dem ich mich durch besondere Kenntnisse auszuzeichnen vermag. Mit dem „Kann ich was mit anfangen“-Prinzip bin ich bisher ganz gut gefahren.

Ähnliches gilt für den Bereich „Mode“. Die Lektüre meiner letzten „Brigitte“ liegt schon Jahre zurück, ich habe keinen Schimmer von den colors of the fall 2014, kann bis heute die Farbe „taupe“ nicht beschreiben und auf Absätzen über 3 cm lege ich mich höchstens slapstickreif auf die Schnauze. Ich trage einfach, was mir gefällt, was im Schrank ist, in was ich nicht zu sehr aussehe, wie ein aus der Form gelaufener Muffin und damit habe ich schließlich genug zu tun. Mode ist, was gefällt aber für mich gilt auch hier das „Kann ich was mit anfangen“-Prinzip.

Der MamS hatte keine Ahnung von der Nachricht, dass die einst als prollizifizierten Gummilatschen geschmähten und böszüngig „Asiletten“ genannten Schlappen momentan als Dernier Cri der Laufstege von Mailand bis Malmö gelten, und tauchte derart gewandet

IMAG1932

heute zum Frühstück auf. Ich schluckte. Adiletten plus Stützstrümpfe liegen auf der Skala von Lagerfeld bis Esprit ja ungefähr bei KiK. Aber auch hier gilt: Wer bin ich, dass ich mich dazu aufschwinge, anderer Menschen Kleidung zu beurteilen? Soll er dieses Ensemble doch ruhig tragen! Fast könnte er so als lebendes Kunstwerk durchgehen und wer weiß, vielleicht sollte ich die Kompressionskondome die nächsten Jahre einfach nicht waschen? In 20 Jahren keltere ich daraus einen Vinum Varikosis und werde stinkend reich. Kunst ist schließlich, was man daraus macht!

Einen duften Abend wünscht
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