Neben anderen ist meine größte Körperbaustelle momentan das Esszimmer. Um Pfingsten herum verabschiedete sich ein Stück eines Backenzahns. Vor zwei Jahren ohnehin provisorisch zusammengeflickt wusste ich, dass dieser Tag kommen würde und war nicht sonderlich überrascht. Zwei Tage später verlor sein Zwilling auf der anderen Seite gegen ein krosses Brötchen: Auch hier pulte ich einen Brocken aus dem Mund. Jetzt war ich allerdings schockiert, zumal spitze Abbruchkanten dafür sorgten, dass ich mir mit einem unbedachten Wort die Zunge knipsen würde, wie einen entwerteten Fahrschein.
Der Zahnarzt meines Vertrauens unterbreitete mir verschiedene Angebote. Die günstigste Lösung beinhaltet, wie paradox, sehr viel sichtbares Gold und disqualifiziert sich dadurch selbst, für die Lamborghini-Lösung müsste ich ein paar Mäzähne auftreiben. Die Mittelklasse gab ich schließlich in Auftrag und als kümmerlicher Holzklassenpatient benötige ich trotz überwiegender Eigenleistung die Genehmigung des sogenannten „Heil- und Kostenplans“ durch die Krankenkasse, den mir die Praxis zuzusenden gedachte.
Die folgenden Tage wartete ich. Und wartete. Und wartete. Die übergangsweise installierten Dentalbasteleien popelte ich fortan immer wieder fluchend aus dem Essen. Vielleicht hatte die Praxis den HKP direkt an die Kasse geschickt? Ich wartete nochmals. Dann wuchs ein Verdacht und Nachfrage ergab, dass das Dokument vor zwei Wochen direkt an mich übersandt worden war, allerdings nicht mit der „normalen“ Post, sondern mit der heimischen „MainPost-Logistik“. Ich bekam Hals. Sehr dicken Hals. Bereits vor ein paar Monaten erreichte uns eine Einladung für ein Vorstellungsgespräch des kleinen Hank, über eben dieses Unternehmen verschickt, erst nach dem dort genannten Termin. Ich meine, man transportiert hier Dokumente und wichtige Schriftstücke und keine Auswurfsendungen oder überflüssigen Reklamekokolores. Wenn man schon der altehrwürdigen Urmutter Deutsche Post Konkurrenz machen will, gelingt dies sicher nicht mit Unzuverlässigkeit und Schlamperei. Das ist Mist, Leute!
Weil ich inzwischen eines weiteren Zahnfragments verlustig ging, begab ich mich gestern wieder auf den Stuhl. Die nette, hübsche Vertretungs-Dottoressa ummantelte die immer größer werdende Bruchstelle mit einer Art Tortenring, den sie mit einer Komposition aus Mörtel und Zement auffüllte. Inzwischen wähle ich meine Nahrung nach Weichheit und bin dauernd blau stille meinen Kalorienbedarf überwiegend mit Getränken.
Den neuen Heil- und Kostenplan habe ich mir gestern nochmal ausdrucken lassen und endlich an meine Krankenkasse geschickt. Mit der Post. Der richtigen, funktionierenden Post, allerdings; der Ursprungsbrief hat mich immer noch nicht erreicht. Schließlich will ich in diesem Leben noch kraftvoll zubeißen können!
Einen bissigen Abend wünscht
moggadodde