Auch wenn am Ende niemand verschont bleibt: Mit dem eigenen Tod beschäftigt sich Otto Normalsterblicher ja eher ungern. Der Abschluss einer Lebensversicherung, das Hinterlegen einer Patientenverfügung oder eines Testaments sind das Äußerste, zu dem zumindest ich in puncto Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit bereit bin. Alles danach liegt sowieso nicht in meiner Hand; über die weitere Verwendung meiner fleischlichen Überreste sollen bitte andere Leute entscheiden. Dank eines Organspendeausweises ist zumindest der gefürchtete Umstand, lebendig verbrannt oder verbuddelt zu werden, erfreulicherweise aufs Geringste reduziert.
Weniger Berührungsangst haben da die Herren, die im kommenden November eine Veranstaltung der „Evangelischen Männerarbeit in Bayern“ (EMB) besuchen werden. Bietet das Jahresprogramm ansonsten eher konservative Freizeitbeschäftigungen wie Klettern in der Halle oder einen Fotokurs, besteht beim Kurs „ewigleben“ die Möglichkeit, handwerklich tätig zu werden: Ãœber ein Wochenende wird der eigene Sarg geschreinert.
Zunächst fand ich die Idee ziemlich makaber. Aber dann dachte ich nach. Selbst bei dürftigster Ausgestaltung der finalen Feierlichkeiten durch einen Discounter können mehrere Tausend Euro anfallen. Zur letzten Ruhe kommt man dann in der Regel in einer schmucklosen Kiste, für das ökologisch voll korrekte Ableben sind seit einigen Jahren auch solche aus Pappe, unter der markanten Bezeichnung „Peace Box“ erhältlich. Den gestalterischen Wünschen sind hier kaum Grenzen gesetzt und es sind mitunter sogar richtig schicke Endbehälter dabei.
So etwas stinkt natürlich nicht an gegen den selbst gefertigten Sarg. Nur die wenigsten können ja von sich behaupten, sie hätten ihr Erdmöbel höchstselbst gezimmert, verziert und seien überdies in der Lage, in ihrem Endlager bereits probegelegen zu haben. Ist das der nächste, große Trend? Steht OBI mit dem Selbstbausatz „Truhe sanft“ schon in den Startlöchern? Verkauft IKEA demnächst das Modell „Döden“ mit bunten Sargnägeln und wechselbarem Anschlag?
Problematisch sehe ich die Frage der Aufbewahrung. Unter günstigen Umständen vergehen ja hoffentlich noch einige Jahrzehnte, bis das sperrige Stück zum Einsatz kommt. Kann man einen Lagerplatz beim Bestatter mieten, so wie für Reifen in der Autowerkstatt? Oder muss es sein Dasein solange in Garage oder Keller fristen, und wird man nicht jedesmal, wenn man sich beim Wasserholen den Fuß daran stößt, an die eigene Endlichkeit gemahnt? Ich persönlich fände das ja einen zutiefst bedrückenden Gedanken.
Wer seinem eigenen Ableben aber so erfrischend entspannt gegenüber steht und vorzeitig seinen eigenen Sarg anfertigt, sollte ihn auch ins Leben integrieren, als Sommerlager für die Wintermäntel vielleicht oder als Gästebett. Mit ein paar Polstern darauf wird eine hübsche Sitztruhe daraus, auf der sich trefflich über den Tod philosophieren ließe. Nach nur wenigen Modifizierungen leistet er auch beim Skiurlaub als Dachbox auf dem Auto gute Dienste und man wäre das Gesprächsthema eines jeden Raststättenparkplatzes.
Weil ich, wie oben erwähnt, dem eigenen Tod nicht annähernd so leger gegenüber stehe, erteilte ich diesem Kurs ja eine, ähm, Absarge. Aber für die Teilnehmer gibt es möglicherweise im nächsten Jahr einen Fortsetzungskurs: „Terra incognita: Ich schaufle mein eigenes Grab“.
Einen lebendigen Tag wünscht
moggadodde