Wonne statt Tonne!

Natürlich kann man es auch übertreiben,

Litschi

aber noch essbare Lebensmittel wegzuwerfen, ist absolut blödsinnig. Zwar gehört es für manche Supermarktketten inzwischen zum werbewirksam guten Ton, die Tafeln zu unterstützen. Trotzdem landet immer noch viel zu viel im Müll. Allein in Deutschland werden jährlich satte 11 Mio. Tonnen noch brauchbarer Lebensmittel entsorgt, in Haushalten durchschnittlich 21 %. Ich kaufe ein und werfe dann weg? Wie verrückt kann man sein?

Für den Privathaushalt geben inzwischen einige Resteverwertungsportale, wie z.B. „Zu gut für die Tonne“ sogar als Handy-App gute Tipps, wie einsame Ãœberbleibsel mit nur etwas Idee und Raffinesse noch zur leckeren Mahlzeit werden können, anstatt sie ohne Einsatz von Hirn und Verstand im Müll zu versenken.

Obwohl alle Fragen diesbezüglich seit geraumer Zeit hinreichend geklärt sind und er sonst meinen Aussagen zum größten Teil vertraut, isst der kleine Hank nichts, was auch nur einen Tag über dem aufgedruckten Mindesthaltbarkeitsdatum liegt. Ich weiß nicht warum, aber egal, mit welchen Argumenten ich aufwarte: Das Kind lehnt dankend ab, auch wenn ihm der Bauch in der Kniekehle hängt.
Zugegeben, auch hier findet sich ab und zu eine nicht mehr genießbare Kühlschrankleiche. Ich persönlich setze aber Nase, Hirn und Zunge ein und versuche so, alle Einkäufe früher oder später in die ohnehin nicht ungierigen Mägen der Mitbewohner zu bringen. Dixie und der MamS sind diesbezüglich relativ schmerzfrei, meine Geheimwaffe zur Überlistung des allzu kritischen Hank lautet allerdings: Mit Käse überbacken geht immer!

Die Google-Anfrage „Resteverwertung“ ergibt allein 2.070.000 Ergebnisse. Für unsere überall und allzeit Online-Gesellschaft sollte da doch wirklich der eine eine oder andere Tipp abfallen!

Essen statt entsorgen!
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Mehr Licht!

Dieser Winter scheint mir noch länger und düsterer zu sein als alle anderen davor. Gefühlt nie wird es hell, es herrscht Novemberstimmung auch im Dezember, im Januar und auch der Februar reiht sich ein. Grau wechselt nur noch seine Nuancen, ehe die Düsternis der Nacht voll Erbarmen Einzug hält.

Gereiztheit wechselt sich mit Dünnhäutigkeit ab, Lustlosigkeit mit Unzufriedenheit und dem Gefühl, dass das Grau im Kopf und am Himmel wohl nie erschöpft sein wird.
Mit meinen Empfindungen bin ich nicht allein. Aufbrausende, missmutige und verdrossene Menschen, wohin man schaut. Vielleicht liegt’s am mangelnden Sonnenlicht, für mich selbst jedenfalls bin ich dessen ziemlich sicher. Anders kann ich mir nicht erklären, dass ich beim Lesen so mancher Nachricht so fest mit dem Kopf schütteln muss, dass mir angst um mein bereits aufgeweichtes Resthirn werden könnte.

Da ist zum Beispiel der Vorfall bei der Fernsehübertragung des organisierten Faschingsfrohsinns aus dem nahen Veitshöchheim, bei der ein Rauchfreiverein eine verkleidete Dame mit Zigarette erspähte. Das war Grund genug, auf der eigenen Website ein Fahndungsfoto nebst Kopfgeldauslobung zu veröffentlichen und Anzeige zu erstatten. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Glimmstängel trotz „sichtbaren Aschekegels“ um einen Scherzartikel. Die Närrin, eine Mitarbeiterin des Bayrischen Rundfunks und sicher bestens im Bilde über die bayrische Nichtraucherschutzgesetzgebung, wurde trotzdem gerüffelt, weil auch eine künstliche Zigarette auf dem Bildschirm nichts verloren habe. Dass sich das illustre und durchaus prominente Polit-Publikum zur selben Zeit tüchtig Frankenwein und Hopfenkaltschale hinter die maskierten Binden kippte und auf der Bühne zotige Witze weit jenseits des Dirndlgate-Horizonts dargeboten wurden, schien aber zum Glück niemanden zu stören. Der Empörungsbürger käme ja auch sonst mit der jeweils erforderlichen Entrüstungsentfaltung in Netzforen, TV-Sendungen und bösartigen Diskussionen, die zwingend zu Tode geritten werden und die Teilnehmer doch nie auf einen Nenner bringen, gar nicht mehr hinterher.

Aber nicht nur hierzulande dreht die Menschheit offenbar langsam durch: Der nationale Gesundheitsrat Australiens z.B. empfiehlt Eltern, auf die Montage von Kerzen auf Kindergeburtstagskuchen wegen der kindlichen Keimemission beim Ausblasen derselben zu verzichten. Ich weiß nicht, mit welch tödlichen Keimen australische Kinder im Normalfall behaftet sind, für eine solche Maßnahme müssen sie aber irgendwo zwischen Ebola und schwarzer Pest beheimatet sein.

Das sind nur zwei wirklich winzige Randnotizen aus einer ganzen Reihe von Meldungen, die beliebig lange fortgesetzt werden könnte und bei der sich mir bereits seit Wochen die eine, entscheidende Frage aufdrängt: Wird die ganze, verdammte Welt verrückt oder bin ich das?

Ich wünsche mir so viel weniger Boshaftigkeit, aufgezwungene Fremdfürsorge und Verbissenheit und so viel mehr Gelassenheit, Feingefühl, Empathie, Einsatz von Menschenverstand, mit Glück sogar einen Hauch Intelligenz! Heimatland! Und wenn’s nur hilft, ist meinetwegen auch gegen den Einsatz einer kleinen Tüte nichts einzuwenden, verdammtnocheins! Es ist wahrlich kurz genug, also macht Euer und mein Leben doch bitte erträglich!

Wie man das anstellt mit dem Simplifizieren, machte der kleine Hank heute in beeindruckender Weise vor.

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Statt ihn für die pragmatischen Antworten auf durchaus anspruchsvolle Fragen in der Chemie-Schulaufgabe zu bepunkten, lässt ihn die Lehrkraft zwar leer ausgehen. Wir nehmen das aber gelassen, der kleine Hank und ich. Er, weil er generell und in jeder Lebenslage das tiefenentspannte Wesen eines Jamaikaners in sich zu haben scheint und ich, weil ich mir heute vor lauter Verzweiflung endlich die Höchstdosis zwar böser, aber immerhin Lebensgeister weckender UV-Sonnenbankstrahlen aus der Steckdose zog. Aber nun bin ich sicher: Nicht ich bin verrückt. Die Welt ist es.

Mehr Licht!
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Stille ePost

Was waren das doch für Zeiten! Kaum fielen die ersten Flocken vom bleigrauen Himmel, war der kleine Hank nicht mehr zu halten. Er schnappte sich den Schlitten Rennbob und begab sich auf den Hügel hinterm Haus, wo sich eine halbwegs brauchbare vortreffliche Abfahrtspiste befindet.
Im Rudel mit einigen, etwa gleichaltrigen Rackern aus der Nachbarschaft verbrachte er Stunden auf diesem Hügel. Hinuntersausend. Hinaufkeuchend. Hinuntersausend. Hinaufkeuchend. Zwischendurch zeigte er spektakuläre und oft durchaus gewollte Abflüge, bei denen mir allein vom Zusehen das Mutterherz in die Großzehenspitze rutschte, bis ich mir abgewöhnte, dem Treiben aus dem Küchenfenster zuzusehen.
Hatte er weder Lust noch Puste mehr, baute er Iglus, Schneemänner oder Sprungschanzen. Ab und zu wurden Fehden untereinander auch mittels Schneeballschlachten geklärt und immer hoffte ich, dass alle clever genug waren, die Durchschlagskraft ihrer Geschosse nicht durch das Einarbeiten von augenlichtgefährdenden Steinen zu erhöhen.

Natürlich war ich genervt, wenn er zum drittenmal aufs Klo musste und dabei an seinem Anzug den halben Hügel in die Wohnung brachte. Die Schneequalität machte für ihn keinen Unterschied: Genügte die Pracht nämlich nicht fürs Rodeln, wurde eben auf dem Hosenboden durch glitschiges Geläuf gerutscht. Seufzend putzte ich im Laufe der Jahre Wasser- und Drecklachen im Volumen des Bodensees weg und tröstete mich damit, dass das Kind Spaß hatte und an der frischen Luft war.

Diese Zeiten sind vorbei. Schnee lässt den kleinen Hank inzwischen ziemlich kalt. Er stört höchstens, weil er für nasse Socken sorgt, denn selbstredend trägt man als Halbwüchsiger die Hosen auf Halbmast, Hosen, zu denen halbwegs angemessenes Winterschuhwerk passt wie arte zu Sat1. Sneakers werden sommers wie winters getragen und auch die frische Luft hat ihren Reiz verloren. Die Faustformel lautet: Solange der Insasse nicht sofort bewusstlos wird, ist in einem Raum noch genügend Sauerstoff vorhanden.

Statt einer Wintermütze bedecken nun voluminöse, bunte Kopfhörer seine Ohren und das zu einem großen Teil des Tages. Zwar bleibt uns so manch unangenehmer Ausfluss der Musik- und Quatschfilmindustrie erspart, die innerfamiliäre Kommunikation unterliegt damit allerdings gewissen, betrüblichen Einschränkungen. Manche Aufforderung findet nämlich auch quer durch 120 qm gebrüllt nicht ihr Ziel. Sei es die freundliche Einladung zum Abtrocknen, die Anweisung zur alsbaldigen Müllentsorgung oder die simple Information, dass das Essen auf dem Tisch steht: Ohne einen persönlichen Besuch in seinem Zimmer dringen gewisse Informationen einfach nicht durch. Und auch wenn die hiesigen Hallen nicht Buckingham Palace-Ausmaße haben, nervt das Gerenne auf Dauer ganz erheblich.

So ist es eine glückliche Fügung, dass Dixie ihm gestern ihr abgelegtes Smartphone überlassen hat, denn jetzt können wir schriftlich kommunizieren.

WhatsApp?

Per WhatsApp kann ich ihm künftig komplikationslos und unmissverständlich mitteilen, dass im Kofferraum ein Kasten Wasser auf Abholung wartet, das Bad nach seiner Duschaktion noch nicht richtig sauber ist oder jetzt endlich mal Bett befohlen ist. Aber dalli!

Wir reden trotz dieser Neuerung sicher nicht weniger miteinander. Nur eben anders. Und viel leiser.

Einen ruhigen Abend wünscht
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Buchhändlergeschichten

Nicht nur der Verkauf von Druckerzeugnissen aller Art ist ihr Metier; seit das Sortiment sogar Plüschmikroben umfasst, geht auch schon mal eine Geschlechtskrankheit oder eine Fettzelle über den Ladentisch. Frau Emily vom Papiergeflüster findet sich schon lange in meiner Blogroll und hat nun ihre Erlebnisse rund um den Buchhändleralltag niedergeschrieben.
Sie berichtet über Menschen, die jedem Supermarkt per Payback-Karte ihre Einkaufsgewohnheiten über Jahre hinweg auf dem Silbertablett präsentieren, bei Bestellung in der vertrauenswürdigen Buchhandlung aber mit der Preisgabe des Nachnamens geizen. Über wundersamen Wechselgeldschwund. Und eine zuverlässige Methode, wie man in zu ruhigen Verkaufsstunden ganz sicher Kunden in den Laden spült.

Die amüsanten Geschichten „Papiergeflüster – Aus dem Leben einer Buchhändlerin“ von Simone Dalbert können für 0,99 € zunächst als pdf hier ganz einfach heruntergeladen werden.

Einen vergnügten Abend wünscht
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Horrorskop

Das Jahresende ist ja stets Anlass für allerlei rührselige Rück- und Ausblicke. Zu dieser Zeit gründeln Horoskopkreateure ganz unten in der Textbausteinkiste, Schwarz- und Weisseher übertreffen sich beim Orakeln über Preissteigerungen, das Geschlecht eines englischen Thronfolgewürmchens und Loddars zukünftiges Liebesleben. Nichts, was wirklich interessant, geschweige denn belegbar wäre und jedes Jahr dasselbe. Zum Gähnen.

Der Nachtsatz hat bei einem der letzten, heiteren Stammtischzusammenkünfte allerdings eine besonders interessante Spielart für Astrologierige entdeckt, für die sich der Blick nicht zurück oder nach vorne, sondern nach unten richten sollte: Das Genitalhoroskop.
Eine gewisse Frau O. hat sich hier etwas Spezielles überlegt. Anhand z.B. der Form, der Ausrichtung, der Einfärbung und der Größenverhältnisse der fortpflanzungsrelevanten Ausstattung von Menschen meint Frau O., deren Charaktereigenschaften feststellen zu können. Eine gewagte These, wie ich finde.

Frau O. wurde nach eigener Angabe im zarten Alter von 12 Jahren von ihrer eigenen Mutter in das Geschäft des Genitallesens eingeführt, ein Umstand, der mich ein wenig befremdet. Mit 12 regte sich bei mir persönlich gerade ein zartes Interesse für andere Geschlechter im allgemeinen und Jungs im Besonderen. Während ich meine Nase jedoch vorwiegend in Bücher steckte, schaute Frau O. offenbar direkt das Zentrum der Nacktheit und wurde in die Geheimnisse von Blut-, Fleisch- und Fettpenissen sowie in die Differenzierung von Schamlippen aller Art eingeweiht. Nichts, was ich ihr heute neiden würde, unter uns gesagt. Wir hatten ja immerhin die BRAVO und wurden von damit bereits hinreichend aufgeklärt. Frau O. hingegen vermochte sogar willige Bekannte und Freunde von ihrer Gabe zu überzeugen und beriet fortan über gespreizte Beine gebeugt hinsichtlich Zukunftsperspektiven und Charakteristika der jeweiligen Besitzer und während ich mich in meiner Ausbildung mit Typenradschreibmaschinen herumschlug, studierte Frau O. die Typen hautnah und konstatiert z.B., dass Männer mit tiefer hängendem, linken Hodensack eher zu psychischen Problemen neigen. Respekt. So genau habe ich das noch gar nicht betrachtet.

Im Gegensatz zu mir hat Frau O. aus ihrer Gabe ein Geschäftsmodell entwickelt. Zwar bietet sie auf ihrer Homepage auch reichlich im Vollsuff hingekritzeltes detailliert illustriertes Anschauungsmaterial zum Selbststudium. Wer zu einsam oder zu bequem oder einfach nur zu ungelenk zur Vermessung und Betrachtung z.B. seiner Hodennaht ist, dem bietet Frau O. nach Übersendung aussagekräftiger Fotoaufnahmen auch eine Internetberatung für schlappe 40 €. Damit kann Frau O. beurteilen, welcher Partner passt, was die Lebensaufgabe ist und woher Probleme mit Verwandten/Chefs/anderen Menschen rühren. Ich behaupte, wer neben Geld auch noch Fotos seiner wie auch immer gearteten Genitalien an wildfremde Leute schickt, hat ein sehr umfassendes Problem, das mit 40 € ganz sicher nicht behoben ist, sondern eher einen Härtefall für die Krankenkasse darstellt. Lebenshilfeberatung anhand von Geschlechtsmerkmalen: Da muss man erst einmal drauf, ähhh, kommen.

Die Zeit des Jahreswechsels ist auch die Zeit der guten Vorsätze. Nehmen wir uns also vor, uns in 2013 mehr den Partnern, Freunden, den eigenen Bedürfnissen und leckerem Essen zu widmen und uns nicht von völlig Verrückten windigen Scharlatanen übers Ohr hauen zu lassen, sondern mit Verstand, offenen Augen, Ohren und einem ausreichend großen Handspiegel durchs Jahr zu gehen. Und wenn der Nachtsatz wieder so unterhaltsame Websites findet: Nur her damit! Wir haben uns köstlichst amüsiert!

Allen einen guten Rutsch wünscht
moggadodde